HANDELN VORBEREITEN IM ÜBERBLICK
1. Warten, bis die Lernenden mit der Zielsituation schon Erfahrungen gemacht haben.
2. Die Lernenden schildern ihre Erfahrungen.
3. Sie lösen eine mittelschwere Aufgabe.
4. Gemeinsam die Lösungen der Lernenden kritisch besprechen.
5. Das bewährte Vorgehen an einem realistischen Beispiel modellhaft demonstrieren.
6. Die Lernenden üben mit selbst erfundenen Beispielen.
7. Die Lernenden erarbeiten einen Spickzettel.
8. Gemeinsam wird die Anwendung im Betrieb diskutiert.
A1.3 Anregungen zu den einzelnen Schritten
So weit Handeln vorbereiten einmal im Schnelldurchgang und anhand eines einfachen Beispiels (Weitere Beispiele: B1, B2 und B3) . Damit die einzelnen Schritte die gewünschte Funktion übernehmen und als Ganzes ineinandergreifen, gibt es Verschiedenes zu beachten.
Zu Schritt 1: Warten, bis die Lernenden schon Erfahrungen gemacht haben
Hintergrund: C1 Subjektive Erfahrungsbereiche; C5 Erfahrung und Instruktion
Beobachtungsaufträge :Haben die Lernenden im gewünschten Moment noch wenig Erfahrungen mit der entsprechenden Situation gemacht, kann man manchmal nachhelfen, indem man ihnen Beobachtungsaufträge gibt. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Situation im Betrieb sehr wohl vorkommt, die Lernenden aber noch nicht bewusst damit in Kontakt gekommen sind. In diesen Fällen können die Lernenden im Betrieb zumindest als Beobachter Erfahrungen sammeln – sei es selbstständig, sei es im Gespräch mit ihrem Berufsbildner beziehungsweise ihrer Berufsbildnerin (Beispiel: B8 Wareneingang) .
Alle Lernenden?Da die Lernenden in unterschiedlichen Betrieben arbeiten, wird es immer wieder Situationen geben, denen gewisse Lernende nie begegnen. Diese Lernenden müssen ersatzweise auf den in Schritt 2 geschilderten Erfahrungen der anderen aufbauen. Erfahrungsgemäss funktioniert dies, wenn mindestens ein Drittel der Klasse wirklich von entsprechenden Erfahrungen erzählen kann (Beispiel: B2 Randumfang einstellen) . Sind es weniger, besteht die Gefahr, dass die anderen die Situation als zu exotisch einschätzen und den Aufwand scheuen, sich echt mit ihr auseinanderzusetzen.
Der gute Zeitpunkt :Lehrpläne sehen manchmal vor, gewisse Inhalte zu behandeln, bevor die Lernenden realistischerweise dazu Erfahrungen sammeln können. Es lohnt sich, wo immer möglich den Gestaltungsspielraum, den man als Lehrperson hat, aufs Äusserste auszunutzen und solche Themen zeitlich nach hinten zu schieben. Ist man nicht sicher, zu welchen Situationen die Lernenden in einem bestimmten Moment der Ausbildung schon Erfahrungen gesammelt haben, kann man die Lernenden einfach danach fragen. Am besten stellt man eine Liste der Situationen zusammen, die man auf jeden Fall behandeln wird, und macht dann unter den Lernenden eine kleine Umfrage (Beispiel: B8 Wareneingang) .
Wenn die Situation beziehungsweise die Aufgabe nur in einer Prüfung auftritt :Grundsätzlich geht das Buch hier davon aus, dass es die Aufgabe des Unterrichts an Berufsschulen ist, den Lernenden Inhalte zu vermitteln, die für den beruflichen Alltag von Bedeutung sind. Leider kommt es aber immer wieder vor, dass laut Lehrplan Inhalte behandelt werden müssen, deren einzige «Anwendungssituation» eine Zwischen- oder Abschlussprüfung ist. Das ist zwar bedauerlich, aber grundsätzlich ist Handeln vorbereiten auch auf diesen Fall anwendbar. «Eine bestimmte Art von Aufgaben an einer Prüfung lösen» ist genauso eine Handlungssituation wie «ein Brot backen» oder «einen Computer als Server einrichten». Und man kann den Lernenden auf gleiche Art helfen, den Anforderungen auch dieser Situation gerecht zu werden. Wichtig ist dabei allerdings dreierlei: erstens, dass man tatsächlich die Prüfungssituation ins Zentrum stellt, zweitens, dass man bei Schritt 3 fragt: «Wie würdet ihr diese Prüfungsaufgabe angehen?» und drittens, dass man bei Schritt 5 modelliert, wie man selbst in einer Prüfung (nicht im Betrieb!) eine solche Aufgabe bewältigt. Dabei werden auch Fragen wie «Wie kann ich den Text der Prüfungsaufgabe zielgerichtet lesen?» eine Rolle spielen.
Manchmal kommt es vor, dass dieselbe Situation beziehungsweise Aufgabe sowohl im Betrieb wie auch in einer Prüfung vorkommt, dass sich aber die Art, wie man im Betrieb mit der Situation umgeht, stark von dem unterscheidet, was an der Prüfung verlangt wird. Dann ist es zweckmässig, dies hintereinander als zwei getrennte Situationen zu behandeln – zuerst die Situation im Betrieb, sodass die Lernenden den Sinn und Zweck des Behandelten erleben können, und dann darauf aufbauend die Situation an der Prüfung (Beispiel: B1 Beton bestellen) .
Zu Schritt 2: Erfahrungen schildern lassen
Hintergrund: C1 Subjektive Erfahrungsbereiche
Vielfalt zulassen :Da man als Lehrperson bereits geplant hat, welches Vorgehen man instruieren will (beispielsweise eine Berechnung), besteht die Gefahr, dass man die Erzählungen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen versucht. Damit die Situation aber wirklich im Schulzimmer präsent wird, ist es wichtig, dass möglichst viele Aspekte zur Sprache kommen, auch wenn sie im Moment irrelevant erscheinen mögen. Einiges davon wird zudem später den Lernenden helfen zu verstehen, warum ein bestimmtes Vorgehen sinnvoller ist als andere, alternative Möglichkeiten. Die Lernenden sollten daher möglichst frei von ihren Erfahrungen erzählen können. Unter anderem erhält man so als Lehrperson auch wertvolle Informationen über die reale Praxis in den Betrieben.
Auf die Situation fokussieren :Allerdings ist es wichtig, dass alle von derselben Situation sprechen – auch wenn sie diese aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Dies ist nicht automatisch gegeben. Daher ist es manchmal notwendig, nach den ersten paar Erzählungen zu kommentieren, inwiefern die gewünschte Situation getroffen wurde. So entsteht allmählich bei allen ein klares Bild, wovon die Rede sein soll.
Erzählungen ordnen :Man kann die Erzählungen der Lernenden einfach nebeneinander stehen lassen. Man kann aber auch an der Tafel versuchen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dokumentieren, sodass bereits eine gewisse Struktur der Situation erkennbar wird.
Beobachtungsaufträge:Lässt man die Lernenden ohne grosse Vorbereitungen erzählen, ist man auf das beschränkt, woran sie sich erinnern können und was ihnen aus ihrer Perspektive als Anfänger aufgefallen ist (Beispiel: B8 Wareneingang) . Dies braucht für den Einstieg kein Nachteil zu sein, gibt es doch einen interessanten Einblick in ihren aktuellen Ausbildungsstand. Mehr Material steht aber typischerweise zur Verfügung, wenn ein Beobachtungsauftrag vorangegangen ist.
Mit einem Beobachtungsauftrag zerfällt der Schritt 2 in zwei Teile. Im ersten wird die Situation kurz eingeführt und werden eventuell schon ein paar Erfahrungen eingeholt. Danach erhalten die Lernenden den Beobachtungsauftrag, und ein paar Wochen später wird der Faden wieder aufgenommen.
Materialien aus den Betrieben :Der Beobachtungsauftrag kann die Aufgabe beinhalten, Materialien aus dem Betrieb mitzubringen (z.B. Brotrezepte). Da unterdessen praktisch alle Lernenden über ein Smartphone verfügen, kann das auch heissen, dass sie im Betrieb Fotos von erlebten Situationen machen und diese beispielsweise auf eine gemeinsame Plattform hochladen (Cattaneo & Felder 2018).
Zu Schritt 3: Mittelschwere Aufgabe stellen und die Lernenden in Gruppen erarbeiten lassen, wie sie diese mit ihrem bereits vorhandenen Wissen angehen würden
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