Als häufigster Grund, ein Brückenangebot zu besuchen, geben 60 Prozent der Jugendlichen an, dass sie keine Lehrstelle gefunden haben. (1b)
In der Grundbildung befinden sich wesentlich mehr junge Männer als Frauen, während junge Frauen bei den Maturitätsschulen häufiger vertreten sind. (1c)
79 Prozent der befragten Jugendlichen sind mit der Wahl ihres Ausbildungsweg sehr zufrieden. Nur 13 Prozent mussten auf etwas anderes als das, was sie am liebsten gemacht hätten, ausweichen. (1d)
Die meisten Jugendlichen beginnen über ein Jahr vor Lehrantritt mit der Lehrstellensuche und Bewerbungen. Von den durchschnittlich 8,2 Bewerbungen führten im Schnitt 2 zum Erfolg. Es scheint, dass die Lehrstellensuche für die Jugendlichen in den vergangenen Jahren einfacher geworden ist. Aus Sicht der Betriebe blieben im August 2018 gut 14 Prozent der Lehrstellen unbesetzt, da keine geeigneten Bewerber/-innen gefunden werden konnten. (1e)
Gut 20 Prozent der Lernenden im 1. Lehrjahr beabsichtigen, eine Berufsmaturität zu absolvieren.
Wenn die Jugendlichen weiter zur Schule gehen, besuchen sie grossmehrheitlich ein Gymnasium oder eine Kantonsschule, etwa ein Drittel besucht eine Fachmittelschule. Die Mehrheit dieser Gymnasiast/-innen besucht eine öffentliche Schule. Zwischen 1988 und 2013 nahm in der gesamten Schweiz die absolute Anzahl der Berufslernenden ab; es entstand ein Lehrstellenüberschuss. Die Zahl der Schüler und Schülerinnen in Gymnasien blieb gleich. (32c)
Abgesehen von Schule und Beruf finden nur wenige Jugendliche eine «sinnvolle» Stellung in der Gesellschaft. Über das Engagement in einer Jugendorganisation oder einem Verein, über Musik, Kultur oder Sport gelingt das einigen wenigen. Überhaupt nicht mehr gebraucht wird im Allgemeinen die Mithilfe im elterlichen Betrieb oder Haushalt, viele Jugendliche fühlen sich eher im Weg als nützlich. Dass Jugendliche kleine Arbeiten übernehmen (Ferienjobs, Zeitungenaustragen usw.), ist immer weniger möglich. Die Durchmischung in Vereinen ist stark zurückgegangen, die Jugendlichen bewegen sich in ihren eigenen Peergruppen und besuchen eher ein Fitness-Center als einen Sportverein. Dadurch entfallen viele Interaktionen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen in der Freizeit, und die Jugendlichen decken ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit ab, indem sie sich zufälligen Gruppen Gleichaltriger anschliessen. Hier erproben sie ihre Stärke und finden Möglichkeiten zur Einflussnahme in gefährlichen und/oder herausfordernden Aktionen, um der Langeweile und der Sinn- bzw. Nutzlosigkeit zu entgehen. Dabei sind Jugendliche durchaus an der Teilhabe an der Erwachsenenwelt interessiert – mehr denn je, wie die neueste SINUS-Studie (3) aus Deutschland belegt.
Jugendkultur ist heute nicht mehr von grosser Bedeutung, Jugendliche grenzen sich kaum mehr aus Prinzip von der Erwachsenenwelt ab. Vielmehr wollen sie sein wie alle, nämlich Mainstream. «Im Vergleich zur Studie 2012 ist dabei wirklich neu, dass der Begriff ‹Mainstream› heute kein Schimpfwort mehr ist. Im Gegenteil – er ist ein Schlüsselbegriff im Selbstverständnis und bei der Selbstbeschreibung.» (3a)
Besonders akzentuiert stellen sich die geschilderten Probleme für ausländische Jugendliche. Ihnen wird jegliche Hoffnung auf Mitbestimmung und Verantwortungsübernahme schon früh genommen, indem ihnen klar gemacht wird, dass sie nicht zu unserer Gemeinschaft gehören und auch nie an Abstimmungen teilnehmen können, auch wenn sie kein anderes Zuhause kennen als ihre Wohngemeinde. Wenn Jugendliche einen Ort suchen, wo sie gehört werden, dazugehören und etwas bewirken können, werden sie häufig fündig in rassistischen, fundamentalistischen oder religiösen Gruppierungen. Denn solche Gemeinschaften ziehen heimatlose oder nicht integrierte Jugendliche an. Jede Gemeinde sollte deshalb für Jugendliche ein niederschwelliges, breites und gut begleitetes soziokulturelles Angebot bereitstellen.
Zahlen und Fakten zur Situation der Jugendlichen in der Schweiz
•50 Prozent der 17-Jährigen interessieren sich für Politik. (4a)
•Für 74 Prozent gehören Diskussionen zu aktuellen politischen Themen in den Schulunterricht. (4b)
•Jugendliche erkennen die Risiken der Konsum- und Mediengesellschaft, in der sie aufwachsen. Sie beurteilen Kompetenzen im Umgang mit Konsum und Medien als relevant. (4c)
•Jugendliche möchten ernst genommen werden und ihre Meinung in die Politik einbringen können. (4d)
•«(Erstens ist) die Wahrscheinlichkeit, in ein Gymnasium einzutreten, für sehr talentierte Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien nur etwa halb so gross wie die entsprechende Wahrscheinlichkeit von vergleichbaren Jugendlichen aus sozioökonomisch privilegierten Familien.» (32f)
•41 Prozent der Jugendlichen haben Ohrfeigen, hartes Anpacken oder Stossen erlebt, 22 Prozent schwere Gewalt. (5a)
•Gemäss Erhebungen aus den Jahren 2014/15 sind in der Schweiz 19 Prozent der jungen Frauen und etwa 4 Prozent der jungen Männer zwischen 15 und 24 Jahren untergewichtig. (7)
In der Sekundarschule sind 26 Prozent der Schüler/-innen übergewichtig. (7)
•4 Prozent der 15-jährigen Frauen konsumierten 2018 mindestens wöchentlich Alkohol, bei den gleichaltrigen Männern waren es 11 Prozent. (8a)
•Um die 30 Prozent aller 15-Jährigen hat schon mal geraucht, um die 5 Prozent rauchen täglich. (8b)
•Das Einstiegsalter für Cannabis liegt durchschnittlich bei circa 16 Jahren. 2018 hatten unter den 15-Jährigen 17 Prozent (Frauen) bzw. 27 Prozent (Männer) bereits Cannabis probiert. Rund 3 Prozent konsumieren regelmässig, 0,8 Prozent fast täglich. (8c)
•Rund ein Drittel der Jugendlichen verfügt über ein Video- und Musik-Streaming-Abo. (4e)
•Fast alle Jugendlichen nutzen einen Messenger wie Instagram, WhatsApp, TikTok oder Snapchat, die meisten mehrmals pro Tag. (4f)
•Die Nutzung von Facebook ist gegenüber 2014 deutlich zurückgegangen, aktuell ist noch ein Fünftel der Jugendlichen mehrmals pro Woche auf Facebook. (4g)
•Schweizer Jugendliche sind im Schnitt täglich rund zweieinhalb Stunden, am Wochenende zwischen drei und vier Stunden täglich online. (4h)
•Die nonmedialen Freizeitbeschäftigungen haben einen zentralen Stellenwert; sowohl sich mit Freunden oder Freundinnen zu treffen wie auch Sport zu treiben, ist nach wie vor beliebt. (4i)
Verurteilungen von 14- bis 18-Jährigen in der Schweiz für eine Übertretung, ein Vergehen oder ein Verbrechen sind zwischen 2010 und 2017 um 3 Prozent gestiegen. 2017 wurden gesamtschweizerisch 8920 männliche und 2176 weibliche Jugendliche verurteilt, davon rund 2800 Personen ohne Schweizerpass. (9)
Täglich rufen zwei bis drei Jugendliche bei der Notrufnummer 147 der Pro Juventute an. Etwa die Hälfte der Jugendlichen, die sich selbst töten, leidet an einer depressiven Erkrankung. Bis zu 90 Prozent der Jugendlichen, die einen Suizidversuch machen, leiden an einer psychischen Störung. (10)
«Bei Jugendlichen (ab 16) und jungen Erwachsenen sind bei beiden Geschlechtern Unfälle und Suizid die häufigsten Todesursachen.» (11)
Aktuelle aussagekräftige gesamtschweizerische Erhebung zur finanziellen Situation Jugendlicher konnten nicht gefunden werden. Die vielen sehr gut gemachten Internet-Seiten und die vielen Unterrichtsmaterialien zum Thema Jugendliche und Geld zeigen aber, dass dies ein vieldiskutiertes Thema ist. Eine der ansprechendsten Webseiten mit Budgetplanung für Jugendliche ist www.heschnocash.ch; sie enthält auch Unterrichtsmaterialien für Lehrpersonen. (12)
Fazit
Die Situation der Jugendlichen ist komplex. Die hohen Leistungsansprüche seitens der Berufswelt und Schule, verbunden mit der dauerhaft präsenten Beeinflussung durch die Medien, zusammen mit sich stark verändernden Familienstrukturen, führen häufig zu persönlichen Krisen, die sich in auffälligem Verhalten in Schule und Öffentlichkeit äussern. Statt Jugendliche an der Erwachsenenwelt teilhaben zu lassen, werden sie oft ausgegrenzt und ausgenutzt. Lehrpersonen von Jugendlichen sind besonders herausgefordert, weil sie den Jugendlichen in einer Altersphase begegnen, da diese sich in ihrer Abgrenzung von den Erwachsenen oft provokativ benehmen und trotzdem viel Unterstützung und Gesprächsbereitschaft brauchen.
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