Im Verlauf der empirischen Studie ergab sich aus ersten Ergebnissen der Bedarf, bestimmte Themen umfassender zu erheben. Aus diesem Grund initiierte die Bildungsdirektion des Kantons Zürich eine quantitative Befragung der Kindergartenlehrpersonen (vgl. Abbildung 3.1). Diese wurde von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich inhaltlich verantwortet und vom Forschungs- und Beratungsunternehmen INFRAS technisch umgesetzt. Die quantitative Befragung fand rund ein Jahr nach den qualitativen Interviews statt (vgl. dazu Imlig, Bayard & Mangold 2019).
Abbildung 3.1: Untersuchungsdesign (in Anlehnung an Edelmann, Wannack & Schneider 2018a, S. 34)
Nachfolgend werden die Stichproben und die einzelnen Erhebungen ausführlicher dargestellt.
3.2Stichprobe
Die Bestimmung der Stichprobe, die 20 Kindergärten im Kanton Zürich umfassen sollte, folgte dem Vorgehen der gezielten Stichprobenziehung gemäss Patton (1990). Damit verbunden war die Absicht, innerhalb der angestrebten Gruppe eine maximale Varianz zu erreichen. Daher sollten sich in der Stichprobe möglichst heterogene und in Bezug auf spezifische Merkmale kontrastierende Fälle befinden, sodass die Vielfalt der Kindergärten im Kanton Zürich entsprechend erfasst werden kann. Gemeinsam mit den Projektverantwortlichen der Bildungsdirektion wurden die folgenden drei Merkmale bestimmt:
Gemeindetyp: Das Bundesamt für Statistik ( www.bfs.admin.ch) stellt eine Gemeindetypologie zur Verfügung, die wie folgt adaptiert wurde: (1) Zentrumsgemeinden (zentrale regionale Funktion in kultureller und ökonomischer Hinsicht), (2) Arbeitsplatzgemeinden (hoher Anteil Erwerbstätige von auswärts), (3) suburbane Wohngemeinden (dichte Besiedelung, hoher Wohnanteil), (4) periurbane Wohngemeinden (lockere Besiedelung, Wohnfunktion), (5) reiche Gemeinden (wohlhabende Steuerpflichtige, grosses Gemeindebudget), (6) ländliche Gemeinden (mindestens 13 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft) und (7) gemischte Gemeinden (unterschiedlich strukturiert, keine eindeutige Zuordnung möglich). Wie der Tabelle 3.1zu entnehmen ist, wurden die Gemeindetypen 3 und 4 sowie 6 und 7 zusammengefasst.
Mischindex: Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich berechnet den Mischindex aus dem Anteil der Schülerinnen und Schüler ausländischer Nationalität (Deutschland, Österreich und Liechtenstein sind davon ausgenommen) sowie dem Anteil der Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Erstsprache. Der Mischindex reicht von 0.0 bis 0.9. Für die Studie wurde der Mischindex in vier Kategorien eingeteilt und zwar von 0 bis < 0.2, 0.2 bis < 0.4, 0.4 bis < 0.6 und > 0.6.
Dienstalter der Kindergartenlehrpersonen: Die Studie wurde bewusst mit berufserfahrenen Kindergartenlehrpersonen durchgeführt. Gemäss berufsbiografischen Ansätzen (z.B. Keller-Schneider 2010) gelten Lehrpersonen ab 5 Jahren als berufserfahren, was zur Definition von drei Kategorien führte. Kategorie 1 (K1) umfasst Kindergartenlehrpersonen mit 6 bis 9 Jahren, Kategorie 2 (K2) Kindergartenlehrpersonen mit 10 bis 19 Jahren und Kategorie 3 (K3) Kindergartenlehrpersonen mit mehr als 20 Dienstjahren.
Tabelle 3.1: Angestrebter Stichprobenplan Klassen nach Mischindex, Gemeindetyp und Dienstalterskategorie (Edelmann, Wannack & Schneider 2018a, S. 37)
Von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich wurden dem Forschungsteam die entsprechenden Daten für das Schuljahr 2016/17 zur Verfügung gestellt. Auf dieser Datengrundlage wurde die Stichprobe rekrutiert. Kompromisse mussten hinsichtlich der Mischindizes in Gemeindetyp 5 eingegangen werden, da für diesen Typ lediglich Klassen mit Mischindizes > 0.4 vorhanden waren sowie der Berufserfahrung der Kindergartenlehrpersonen, die im Vergleich zur gesamten Gruppe überdurchschnittlich hoch war. Insgesamt wurde die angestrebte Breite an kontrastierenden Fällen und somit eine Repräsentanz in Bezug auf maximale Varianz erreicht. Nachfolgend findet sich die Beschreibung der Stichprobe anhand der Kindergärten und Kindergartenklassen, der Kindergartenlehrpersonen, der Kindergartenkinder sowie der Eltern der Kindergartenkinder. Da die Beschreibung der Stichproben knapp ausfällt, finden Interessierte die ausführliche Dokumentation in Edelmann, Wannack und Schneider (2018b).
Kindergärten: Die Stichprobe umfasste sieben Einzel-und dreizehn Doppelkindergärten. Von den sieben Einzelkindergärten befanden sich drei auf einem Schulgelände. Zwei der übrigen vier Einzelkindergärten waren in Wohnungen untergebracht. Die anderen zwei Einzelkindergärten standen als Einzelbauten im Dorf oder Quartier. Sechs der Doppelkindergärten waren auf einem Schulgelände, und sieben Doppelkindergärten befanden sich als Einzelbauten im Dorf oder Quartier, wobei einer dieser Doppelkindergärten ebenfalls in einem Wohnhaus angesiedelt war.
Kindergartenklassen: Beschrieben werden die Kindergartenklassen anhand ihrer Klassengrösse, der Zusammensetzung hinsichtlich des ersten und zweiten Kindergartenjahres sowie der Anzahl Kinder, die Anspruch auf Unterricht in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) haben. Aus Tabelle 3.2ebenfalls ersichtlich ist die Zugehörigkeit zum Gemeindetyp sowie der Mischindex. Die durchschnittliche Klassengrösse betrug 21 Kinder, wobei eine Klasse lediglich 14 Kinder (Minimum) und vier Klassen 24 Kinder (Maximum) umfassten. In zehn Klassen war der Anteil der Kinder im zweiten Kindergartenjahr grösser als der Anteil der Kinder im ersten Kindergartenjahr. Erwartungsgemäss fanden sich in Klassen mit einem Mischindex A (< 0.4) weniger Kinder mit Anspruch auf DaZ als in Klassen mit einem Mischindex B (> 0.4).
Kindergartenlehrpersonen: Das Alter der Kindergartenlehrpersonen bewegte sich zum Zeitpunkt der Datenerhebung zwischen 29 und 61 Jahren bei einem durchschnittlichen Wert von 48 Jahren. Es handelte sich dabei ausschliesslich um Frauen. 3 Kindergartenlehrpersonen verfügten über einen Bachelor-Abschluss einer Pädagogischen Hochschule, 17 Kindergartenlehrpersonen wiesen eine seminaristische Ausbildung auf; 11 der 20 Kindergartenlehrpersonen verfügten über eine Weiterbildung auf Niveau Certificate of Advanced Studies oder Master of Advanced Studies; 13 Kindergartenlehrpersonen arbeiteten Vollzeit und 7 Teilzeit (≥ 50 %) im Kindergarten.
Tabelle 3.2: Stichprobe der Kindergärten im Frühling 2017 (Edelmann, Wannack & Schneider 2018a, S. 40)
Kindergartenkinder: Im Frühling 2017 befanden sich 217 Kinder im zweiten Kindergartenjahr, im Herbst 2017 waren 180 Kinder im ersten Kindergartenjahr. In diesen zwei Gruppen wurden zu den angegebenen Zeitpunkten die sprachlichen Kompetenzen 1sowie die Exekutiven Funktionen erfasst. Diese Ausgangsstichprobe von insgesamt 397 Kindern verringerte sich für die in diesem Band dargestellten Resultate, weil einerseits bei 41 Kindern die Eltern ihre Zustimmung zur Erfassung des Sprachstands respektive der Exekutiven Funktionen nicht gegeben hatten, und andererseits, weil an den Erhebungstagen einzelne Kinder nicht anwesend waren. Von der Erhebung der Exekutiven Funktionen wurden 19 Kinder des ersten Kindergartenjahres aufgrund ihrer geringen Deutschkenntnisse ausgeschlossen. Grundlage dafür war das Abschneiden im Sprachtest. Insgesamt konnten Daten von 133 Kindern aus dem ersten Kindergartenjahr und von 193 Kindern aus dem zweiten Kindergartenjahr für die Analyse verwendet werden. Die Gruppe der Kinder im ersten Kindergartenjahr setzte sich aus 67 Jungen und 66 Mädchen zusammen. Ihr Durchschnittsalter betrug 4.74 Jahre. Im zweiten Kindergartenjahr befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung 103 Jungen und 90 Mädchen mit einem Durchschnittsalter von 6.59 Jahren.
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