«Mit Abstand am häufigsten (28 % der Nennungen) wird über organisatorische Probleme berichtet (z. B. hinsichtlich der Stundenplangestaltung, des Kurssystems, der Klausurtermine oder mangelnder Unterstützung durch die Schulleitung). Weitere oft genannte Schwierigkeiten – hier in absteigender Nennungshäufigkeit aufgeführt – sind:
•der hohe zeitliche Vorbereitungsaufwand (auch in Verbindung mit der generellen Erhöhung der Arbeitszeit) (14 %),
•die mangelnde Teamfähigkeit und Innovationsbereitschaft der Kollegen (11 %),
•der Zeitmangel, insbesondere fehlende Unterrichtszeit (verursacht etwa durch Stoff- und Prüfungsdruck, häufige Klausurtermine oder Kürzungen in der Stundentafel) (10 %).» (Ebd., 386)
Trotz dieser Herausforderungen wird der fächerübergreifende Unterricht aber von den befragten Lehrerinnen und Lehrern auch und besonders im Vergleich mit dem Fachunterricht geschätzt: «Die Behauptung eines Zuwachses an überfachlichen Kompetenzen für Lernende im Vergleich zum Fachunterricht erfährt durchschnittlich moderate bis starke Zustimmung (M = 3,4). Ein gängiges Vorurteil gegenüber fächerübergreifendem Unterricht wird jedoch nicht bestätigt, dass nämlich im Vergleich zum Fachunterricht überfachlicher Kenntniszuwachs mit geringeren Fachkompetenzen erkauft würde (M = 2)» (ebd., 391).
Dass die Herausforderungen für fächerübergreifenden Unterricht in der Hauptschule sehr ähnlich gesehen werden, zeigt die Studie von Maier (2006), in der 21 Lehrerinnen und 18 Lehrer an Hauptschulen in der Region Schwäbisch Gmünd befragt wurden:
«Im Vordergrund einer kritischen Reflexion über fächerübergreifenden Unterricht stehen unterrichtsorganisatorische Schwierigkeiten und Probleme bei der kooperativen Planung. Dass die chronische Zeitknappheit auch in diesem Zusammenhang häufig erwähnt wird, mag ebenfalls nicht verwundern. Interessant und bedenklich ist, dass lernmethodische und didaktische Problemstellungen von den Hauptschullehrkräften kaum angesprochen werden. Gerade die entscheidende Frage nach der Vernetzung von Lerninhalten aus unterschiedlichen Fachperspektiven stellen sich nur die wenigsten Hauptschullehrkräfte.» (Maier, 2006, Abs. 53)
Die von Maier formulierte Kritik, dass die Frage nach der didaktischen Gestaltung fächerübergreifenden Unterrichts und insbesondere nach den Möglichkeiten der Vernetzung verschiedener fachlicher Perspektiven von den Lehrenden tendenziell ausgeblendet werde, verweist aber auch auf ein Forschungsdesiderat: Während für die gymnasiale Oberstufe insbesondere im Kontext des Bielefelder Oberstufen-Kollegs didaktische Modelle erarbeitet und diskutiert wurden und dabei vor allem die Zielsetzungen im Bereich der Wissenschaftspropädeutik eine Konkretisierung erfahren haben (vgl. z. B. Huber & Effe-Stumpf, 1994; Golecki, 1999), fehlen entsprechende didaktische Modelle für die Sekundarstufe I (vgl. Herzmann et al., 2011, 40).
Aufgrund der differenten Gegebenheiten in der Sekundarstufe I, in der die Schülerinnen und Schüler zunächst die jeweils fachspezifischen Zugänge kennenlernen, und angesichts der anderen lebensweltlichen und kognitiven Entwicklungsphase können die für die gymnasiale Oberstufe entwickelten Modelle nicht einfach übertragen werden. Eine offene Frage in diesem Zusammenhang ist beispielsweise die, «ob es zur Reflexion der zusammengeführten Perspektiven eines eigenen Forums bedarf, wie es insbesondere für den fächerübergreifenden Unterricht in der Sekundarstufe II in wissenschaftspropädeutischer Absicht gefordert wird […]» (ebd., 24). Aber auch die Funktion der Produktorientierung im fächerübergreifenden Unterricht der Sekundarstufe I ist zu diskutieren (vgl. ebd., 40).
Gerade angesichts der skizzierten Entwicklungen der gegenwärtigen Wissensgesellschaft erscheint die Überschreitung und Vermittlung fachlicher Horizonte als unabdingbar. Zugleich gilt es aber zu bedenken, welche Rahmungen Lernen in den Sekundarstufen jeweils braucht, bevor diese durchbrochen werden können:
«Im Alltag wird deshalb Behutsamkeit eher als Emphase die Richtschnur für die Arbeit an der Transzendierung des Fachlichen abgeben; die Sequenz von Initiation und Reflexion lässt sich nicht einfach oder leicht umkehren. Zumindest zur systematischen Struktur wissenschaftspropädeutischen Lernens gehört aber beides, die Disziplinierung des Denkens durch das Fach und die reflexive Vergewisserung über die Grenzen, die solches Denken kognitiv wie sozial und individuell mit sich führt.» (Tenorth, 1999, 205)
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