Arbeitgeberattraktivität:
Die Rolle von Work-Life-Balance
und flexiblen Arbeitszeitmodellen
Eine praxisbezogene Studie mit dem Fokus
auf Juristinnen und Juristen
Carina Stiglbauer
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-8005-1786-2
© 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main
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Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang
Printed in Germany
Mit den juristischen Berufen werden häufig lange Arbeitszeiten und große Arbeitsbelastungen assoziiert. Auch ich habe ähnliche Erfahrungen als Rechtsanwaltsanwärterin in verschiedenen Kanzleien aller Größen und auch – wenngleich in geringerem Ausmaß – als Unternehmensjuristin gemacht. Ich habe beruflich und privat viele Juristen kennengelernt und im Laufe der Zeit drei wesentliche Beobachtungen gemacht: Erstens nehmen viele Rechtsanwaltsanwärter die langen Arbeitszeiten hin und sehen viele Überstunden schichtweg als Teil ihres Jobs. Zweitens habe ich den Eindruck gewonnen, dass insbesondere in den vergangenen Jahren ein Umdenken unter den Juristen, besonders jener in ihren 20er und 30er Jahren, stattfindet und sie nicht mehr bereit sind, „ihr Leben“ gänzlich für den Job „zu opfern“. Drittens habe ich beobachtet, dass viele meiner weiblichen Kolleginnen oft bald nach der Rechtsanwaltsprüfung die Anwaltei (meistens) in Richtung eines Unternehmens verlassen und nicht eine Karriere als Rechtsanwältinnen anstreben.
Daher erschien es für mich als ein reizvolles Forschungsthema, diese Aspekte zu untersuchen, die genauen Ursachen und Hintergründe dafür herauszufinden und die damit verbundene Frage zu beantworten, was Organisationen machen können, um (auch weibliche) juristische Talente für sich zu gewinnen und langfristig an sich zu binden. Zu diesem Zweck musste ich erheben, welche Faktoren Juristen bei der Wahl ihres Arbeitgebers besonders wichtig bzw unwichtig sind. Da – nicht nur nach meinen eigenen Beobachtungen, sondern auch wissenschaftlich belegt – besonders den jüngeren Generationen Work-Life-Balance und flexible Arbeitszeitgestaltung immer wichtiger zu werden scheinen, habe ich in diesem Buch auch einen besonderen Fokus auf diese zwei Arbeitgeberattraktivitätsattribute gelegt.
Dieses Buch soll Organisationen helfen, Einsicht in die Gedanken und Wünsche ihrer juristischen Mitarbeiter zu gewinnen und dementsprechend passende HR-Strategien für ihre juristische Zielgruppe zu entwickeln. Insbesondere durch die Auswertung und Analyse von zahlreichen soziodemographischen Angaben, wie etwa Alter, Geschlecht, Eigenschaft als Elternteil etc soll ermöglicht werden, ebenso hinsichtlich dieser Angaben maßgeschneiderte Maßnahmen zu implementieren. Dieses Buch ist hierfür wesentlich, da es an Literatur und wissenschaftlichen Studien zu dieser Zielgruppe mangelt. Auch für verwandte Berufe wie etwa den Consultingbereich können diese Studienergebnisse herangezogen werden.
Diese Publikation basiert auf meiner Masterarbeit, die im Rahmen meines Masterstudiums an der Fachhochschule Burgenland im Sommersemester 2020 approbiert und mit „Sehr Gut“ bewertet wurde. Im Rahmen dieser Publikation wurde sie bis zum Stand Februar 2021 aktualisiert und noch weitere Auswertungen vorgenommen, die aufgrund der Begrenzung der Seitenzahl keinen Platz mehr in der Masterarbeit gefunden haben.
Besonderer Dank gebührt meinem Betreuer MMag. Dr. Florian Dunkel für seine hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik während der Erstellung meiner Masterarbeit. Ein weiterer Dank gilt ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Elsik, der mir im Rahmen des Seminars zur Masterarbeit durch seine kritischen Fragen sehr wertvolle Denkanstöße gegeben hat. Auch möchte ich mich bei unserer Studiengangleiterin Frau Prof.(FH) Mag. Dr. Silvia Ettl-Huber herzlich bedanken, die es uns durch die Gestaltung des Studienplans ermöglicht hat, umfassendes Wissen im HR-Bereich zu erwerben. Besonderer Dank gebührt auch Dr. Clemens Egermann, Partner einer renommierten Wiener Rechtsanwaltskanzlei, Lektor und Mitglied der Prüfungskommission der Fachhochschule Burgenland, der nach meiner Masterprüfung die Relevanz meiner Masterarbeit insbesondere für den Stand der Rechtsanwälte bestätigt und mich in meinem Publikationsvorhaben bekräftigt hat.
Des Weiteren möchte ich mich beim Verlag für die Aufnahme ins Verlagsprogramm bedanken, wobei besonderer Dank Herrn Patrick Orth LL. M. gebührt, der mich während des gesamten Prozesses besonders unterstützt hat. Schließlich möchte ich mich bei allen 709 Personen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, meinen Fragebogen vollständig auszufüllen und mir hierdurch sehr interessante Einblicke gewährt haben, die es mir erst möglich gemacht haben, dieses Buch zu verfassen. Zu guter Letzt möchte ich mich bei meinem Ehemann Mag. Thomas Stiglbauer LL. M. für die kritische Durchsicht, zahlreichen spannenden Diskussionen, Denkanstöße und die Hilfe bei der Erstellung der Grafiken bedanken; ohne ihn wäre das Buch nicht das geworden, was es ist.
Wien, im Februar 2021 |
Carina Stiglbauer |
Aufgrund des Fachkräftemangels kämpfen immer mehr Unternehmen darum, die besten Talente für sich zu gewinnen und diese zu halten (Berthon et al., 2005, S. 167). Insbesondere für Unternehmen, deren Geschäftsmodell es ist, das Wissen seiner Arbeitnehmer am Markt zu verkaufen (Alvesson, 2004, S. 17), wie etwa Rechtsanwaltskanzleien (https://www.deutscheranwaltspiegel.de/anwaltspiegel/archiv/wissensmanagement-in-anwaltskanzleien/), ist es entscheidend die richtigen Mitarbeiter zu haben (Sivertzen et al., 2013, S. 473). Um die Top-Talente anzuziehen, investieren immer mehr Organisationen in employer branding -Maßnahmen (Ewing et al., 2002, S. 3), mit dem Ziel sich strategisch und langfristig als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu positionieren (Pingle & Sharma, 2013, S. 78ff). Damit die Unternehmen die richtigen Maßnahmen ergreifen können, ist es wiederum von grundlegender Bedeutung, dass sie wissen was ihre Zielgruppe tatsächlich als attraktiv wahrnimmt (Arachchige & Robertson, 2011, S. 25; Sivertzen et al., 2013, S. 475). Vor diesem Hintergrund hat sich die Autorin die Frage gestellt, was Juristinnen und Juristen bei der Wahl ihres Arbeitgebers wichtig ist. Daher wird in dem Werk zunächst das Thema Arbeitgeberattraktivität wissenschaftlich beleuchtet, wobei ein Fokus auf die zwei Elemente Work-Life-Balance und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung gelegt wird, die in jüngerer Vergangenheit immer mehr an Bedeutung gewonnen haben.
Work-Life-Balance wird sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer immer wichtiger, da viele Mitarbeiter das Problem haben, ihre beruflichen und privaten Verpflichtungen in Einklang zu bringen (Wharton & Blair-Loy, 2002, S. 32f). Ein Faktor, der die Work-Life-Balance negativ beeinflussen kann, sind lange Arbeitszeiten (Walsh, 2019, S. 392). Gerade der Beruf des Rechtsanwalts wird mit sehr langen Arbeitszeiten assoziiert, wobei der Grundsatz gilt, dass je prestigeträchtiger die Anwaltskanzlei, desto mehr Stunden werden gearbeitet, um die Bedürfnisse der Klienten zu erfüllen (Epstein, 1999, S. 22).
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