Astrid Seeberger - Nächstes Jahr in Berlin

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Nächstes Jahr in Berlin: краткое содержание, описание и аннотация

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Eine Mutter stirbt – eine Tochter, die bis dahin auf Distanz zu ihr gegangen ist, wird so mit der Vergangenheit konfrontiert. Hinzu kommt die überraschende Enthüllung eines Bekannten, die alle eigenen Erinnerungen und die Erzählungen der Mutter in ein neues Licht rückt. Das Schicksal der Mutter während des Zweiten Weltkriegs – auf der Flucht aus Ostpreußen und im Deutschland der Nachkriegszeit – wird mit ungeheurer Intensität, Bildkraft und Dichte geschildert.
Eng mit «Goodbye, Bukarest» – dem bereits erschienenen Teil der Familiengeschichte – verwoben, bietet «Nächstes Jahr in Berlin» eine für sich abgerundete, bewegende Lektüre.

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Vielleicht, weil ich begriffen hatte, dass auch Mutter zur Leere werden wollte. So eine Leere fühlt nichts. Ich spürte, wie Weinen in mir aufstieg. Als könnte man die Leere, die die eigene Mutter hinterlässt, mit Rotz und Wasser füllen.

Vater hatte immer gesagt, man solle das tun, was ansteht. Ein Hinterbliebener habe sich um die Hinterlassenschaft des Toten zu kümmern, selbst wenn es sich nur um einen Haufen Feldsteine handelte. Am besten fängt man mit dem Schwierigsten an, dachte ich, dem Schlafzimmer, wo Mutter in ihrem großen Ehebett gelegen hat, schlaflos angesichts all der Leere, mit Vaters unbenutzter Betthälfte neben sich. Es galt, sich zusammenzureißen und die Tür zu öffnen.

Ein schwacher Lavendelduft hing im Raum. Mutter hatte Lavendelblüten getrocknet und sie jeden Herbst in kleine Stoffbeutel gefüllt. Die sie zwischen Wäsche und Kleidungsstücke stopfte. Dieser Duft hatte Vater und sie umgeben. Auch mich, als ich ein Kind war.

Das Ehebett der Eltern stand noch immer an derselben Stelle, sorgfältig bezogen, obgleich Vater seit fünf Jahren tot war. Jeden Freitag hatte Mutter die Bettwäsche gewechselt, auch Vaters, nachdem sie beider Kopfkissen und Daunendecken gelüftet hatte. Als könnte man die Leere, die Vater hinterlassen hatte, mit Daunen füllen. Nachdem alles andere saubergewischt war, hatte sie das Kruzifix abgestaubt, das über ihren Betten hing.

Es war ein großes, massives Kreuz aus dunklem Holz mit einem imposanten Bronze-Jesus, der ohnmächtig zu sein schien, was verständlich war, wenn einem jemand drei große Nägel durch den Körper gejagt hatte, zwei durch die Hände und einen durch die über Kreuz gelegten Füße. Ich habe nie begriffen, wie sein Vater das tun konnte. Wie kann man sein Kind sterben lassen, verzweifelt und einsam? Wie kann man vor dem Rufen des eigenen Kindes die Ohren verschließen? Als Allmächtiger kann man die Rettung der Menschheit doch wohl auf besserem Wege regeln. Es stimmt nicht, dass die Zeit alle Wunden heilt, ja, nicht einmal die Auferstehung.

Mir fiel ein, dass das Kruzifix jetzt mir gehörte. Wäre es wenigstens ein handliches Kreuz gewesen, wie das goldene, das Alois bei den Prozessionen trug. Alois liebte Prozessionen: das Umherziehen, das Singen und – das Beste von allem – das Segnen. Er segnete alles mit dem gleichen Enthusiasmus – die neu errichteten Häuser, die junge Saat auf den Feldern, die Blüte der Bäume. Und die Gemeinde zog singend mit, auch ich. Ich lief mit den anderen Kindern ganz vorn, die Körbe voller Blumen, die wir auf die Wege streuten. Sodass der goldene Jesus über einen Blütenteppich getragen wurde.

Ich begab mich zu der Kommode neben dem Bett. Auf einem Spitzendeckchen stand eine Vase mit Stoffblumen, daneben Porzellanfigürchen von Hummel. Mutter sammelte sie, fröhliche rotwangige Kinder, die unverdrossen Geige oder Ziehharmonika spielten oder sangen.

Ich zog die oberste Schublade auf. Der Anblick der sorgfältig gestapelten Unterwäsche, der blendend weißen BHs mit den kleinen Körbchen und der ebenso weißen Baumwollschlüpfer, gab mir das Gefühl, ich würde mich an Mutter vergehen. Auch der alles durchdringende Lavendelduft. Ich suchte nach den Beuteln und fand sie, obendrein anderes: Andachtsbildchen mit Gott und seinen Heiligen, Bildchen, die in der Kirche verteilt worden waren.

Auf einigen stand ein Datum. Sie waren aus den Fünfzigern, als ich noch ein Kind war. Eins zeigte die Madonna mit winzig kleinen Menschen, die sich wie erschrockene Küken unter ihrem Rocksaum drängten, und darunter stand eine verblüffende Textzeile: »Muttergottes, rette Deutschland und Russland.« Auf einem anderen Bild sah man einen weißbärtigen Gott mit ausgestreckten Armen auf einer Wolke stehen, fast wie ein Seiltänzer. Unter der Wolke stand: »Aus der Tiefe rufe ich zu Dir.« Ich legte das Bildchen zur Seite. Sah Mutter rufen, als sie auf der Autobahnbrücke stand und sich über das Geländer beugte, das ihr bis zur Taille reichte. Aus ihrem Mund aber kam kein Ruf, sie sagte nur leise: »Wenn ich doch nicht so feige wäre.« Es gibt Worte, die ein Kind nie vernehmen sollte, nicht einmal, wenn es bereits erwachsen geworden ist.

Ich sammelte die Bildchen ein und legte sie neben die Hummel-Figuren: Gott und seinen Sohn und den Heiligen Geist. Und Maria und die Engel. Und die furchtsamen Kükenmenschen. Alles roch nach Lavendel. Auch meine Hände.

Ich ging ins Badezimmer und wusch sie gründlich, wie vor einer Operation. Dann zog ich die Tür hinter mir zu, ließ die Wohnung zurück, wie sie gewesen war. Es gibt Augenblicke, da muss man durch die Straßen rennen.

Wer war es, der gesagt hat: Der Tod verstärkt die Kraft der Fragen, so als drehte man die Lautstärke am Radio auf, wenn die Antworten längst verklungen sind. Vielleicht aber waren die Antworten auch da, so wie die Kükenmenschen, die sich unter Marias Rock versteckten. Irgendwo, während man durch die Straßen rennt. Und die Rauchfahnen der Autowerke sich ausbreiten. Und der Ruß fällt. Wenn wenigstens Vater noch am Leben wäre und Waldhorn spielte. Ich muss mir ein Waldhorn kaufen. Und es an die Wand hängen, statt des verlassenen Sohnes, der am Kreuz ohnmächtig wird, nicht vor Schmerz, sondern vor Verzweiflung.

Auf der Insel, den 29. Dezember 2012

Es herrscht Tauwetter, nicht wie im Vorfrühling, mit Knospen an den Zweigen und Erdgeruch, sondern ein Wintertauwetter mit den nagenden Zähnen des Morastes. Und der Schnee wehrt sich, ballt sich fest zusammen und leistet Widerstand.

Lech und ich sind vor neun Monaten hergezogen. In ein altes Haus, umarmt von großen, alten Bäumen, auf einer Insel, umarmt vom weiten, schimmernden See. Darüber ein Himmel gleich einer gewölbten Hand. Und voller Schweigen. Und voll von großem Gesang. Im Frühjahr singen die Nachtigallen wie besessen. Wie in Augustenruh. Ich bin heimgekehrt.

Ich muss an einen Geistlichen denken, dem ich begegnet bin, als ich mein erstes Buch vorgestellt und etwas über einen Patienten vorgelesen habe, der sterben wollte. Der Geistliche erzählte mir von einem Gespräch, das er mit einem alten Seemann geführt hatte, der unheilbar krank im Krankenhaus lag. Der Seemann hatte gesagt, er habe jeden Halt verloren, alle Fixpunkte seien aus seinem Leben verschwunden. Vor ein paar Jahren hatte seine Frau ihren Todeskampf ausgefochten und sich an Gott festgeklammert. Und Gott hatte sich nicht aus ihrem Griff befreien können und war ebenfalls im Grab gelandet. Der Pfarrer sagte, ihm sei es nicht gelungen, die Frau oder Gott dort herauszuholen. Trotzdem hatte der Seemann nach dem Gespräch gesagt: »Jetzt sind die Falten meiner Seele geglättet.«

Wie hier auf der Insel, dachte ich. Hier ist die Seele wie ein großes schimmerndes Stück Seide ohne die geringste Falte. Ganz besonders, wenn ich mit Lech zusammen bin.

Stuttgart, den 26. November 2007

Als verwaistes Kind muss man sich wappnen, besonders, wenn man vor einem deutschen Klinkerhaus steht, an dem ein großes Schild neben dem Eingang verkündet: »Häberles Bestattungsinstitut – Leben endet, Liebe nie«. Mutter hatte sich an die Firma gewandt, als Vater gestorben war, und mit ihr vereinbart, dass sie auch ihr Begräbnis ausrichten sollte. Sie hatte mir die Übereinkunft gezeigt, bevor sie gestorben war. Sie wollte eingeäschert werden. Sie scherte sich nicht um das, was ich sagte: Denn Erde bist du, und zu Erde sollst du wieder werden. Sie wollte wie Pappelschaum lodern.

Als ich auf den Klingelknopf drückte, wurde die Tür von einem Mann geöffnet, der aussah, als hätte er sich gerade den Bierschaum von den dicken, glänzenden Lippen gewischt. Er ergriff meine Hand und sprach mir devot und routiniert sein Beileid aus. Er erinnere sich an meine Eltern, sagte er, sie seien wirklich nette Menschen gewesen, was auch immer er darüber wissen konnte. Dann führte er mich in einen Raum, der wie ein normales Büro aussah. Wenn die Glasschränke an den Wänden nicht mit Urnen vollgestanden hätten.

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