Sachanalyse
Es folgt die fachwissenschaftliche Sachanalyse, in der die Kerngedanken und Grundstrukturen des Bildungsinhaltes herausgearbeitet werden. Zudem werden die erarbeiteten inhaltlichen Teilaspekte gewichtet: Gibt es Aspekte, deren Verständnis erst den Zugang zu weiteren Teilaspekten ermöglicht? Auch hier ist die Erarbeitung des Bildungsinhalts nicht ohne Blick auf die Lerngruppe sinnvoll unterrichtsbezogen zu leisten. Die fachwissenschaftliche Sachanalyse dient der Information der Lehrperson, um den Schülerinnen und Schülern den Inhalt fundiert anbieten zu können. Der Inhalt wird in seiner Breite und Tiefe angeschaut, um zu erkennen, welche Teilaspekte für die Schülerinnen und Schüler relevant sind und welche Präsentationsmöglichkeiten (→ Kap. 4.5) diese anbieten. Hierzu wird im Kontext der Elementarisierung der Inhalt auf seine Struktur hin geprüft, die Teilelemente und ihre notwendige Reihenfolge werden erkannt, und dadurch eine Auswahl im Hinblick auf die Schülervoraussetzungen getroffen.
Lernvoraussetzungen
individuelle Erfahrungen
Gleichbedeutend zur Auseinandersetzung mit dem Bildungsinhalt stellt sich die Frage, welche Lernvoraussetzungen (→ Kap. 4) sich nach eingehender Beobachtung der Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Kognition, Emotion, Kommunikation, Sozialität und Motorik zeigen:
● Welche Bedeutung hat der Bildungsinhalt in der aktuellen und zukünftigen Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler (Gegenwarts- und Zukunftsbezug)?
● Über welche Erfahrungen und Vorkenntnisse im Hinblick auf den Bildungsinhalt verfügen sie (Vergangenheitsbezug)?
● Welche Arbeitsmethoden und Sozialformen sind ihnen bekannt und für den Einsatz in der gesamten Lerngruppe sinnvoll?
● Welcher Unterstützungsbedarf liegt aufgrund der individuellen Handlungskompetenz bei ihnen vor (medial und personell)?
● Inwiefern ergeben sich aus den individuellen Entwicklungsvoraussetzungen Förderaspekte, die für einzelne zum Bildungsinhalt werden sollten?
● Welche Aneignungsmöglichkeiten nutzen sie vorwiegend?
Lernchancen
individuelle Aneignung
Unter dem Begriff Lernchancen (→ Kap. 5.1.4) versammelt sich die Auswahl einzelner Grundaussagen oder Teilaspekte des Bildungsinhaltes für einzelne Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund ihrer je individuellen Lernerfahrungen und Aneignungsmöglichkeiten. Der Entscheidungsprozess wer lernt was? stellt eine Schlüsselposition in der Unterrichtsplanung dar. Die Lehrperson steht damit vor der Herausforderung, folgende Fragen zu berücksichtigen:
● Welche Lernchancen sollen im Rahmen der Unterrichtsreihe der gesamten Lerngruppe eröffnet werden?
● Welche differenzierten Lernchancen sollen im Rahmen der Unterrichtsstunde den einzelnen Schülerinnen und Schülern eröffnet werden?
Dabei gilt es, bezogen auf einzelne Entwicklungsbereiche, Schwerpunkte zu setzen.
Methodische Entscheidungen
Auswahlkriterien
Die methodischen Entscheidungen (→ Kap. 6und 7) orientieren sich zum einen an den Vorstellungen der planenden Lehrperson von Lernen und den daraus abgeleiteten Unterrichtsprinzipien wie z. B. Differenzierung, Handlungsorientierung etc. und zum anderen an den zuvor in der Unterrichtsplanung formulierten Lernchancen. Die Lehrperson wählt eine methodische Grundform mit Blick auf den Bildungsinhalt, die methodischen Lernvoraussetzungen und die zeitlichen und personellen Ressourcen aus. Zudem wird der zeitliche Ablauf der einzelnen Unterrichtsphasen organisiert. Sozialformen, der individualisierte Einsatz von Medien und Hilfsmitteln sowie die vorhandenen personellen Ressourcen werden bestimmt. Ebenso sind in diesem Planungsschritt folgende Fragen sinnvoll:
● Inwiefern können mit Blick auf die Kommunikationsmöglichkeiten der jeweiligen Lerngruppe die bedeutsamen Aspekte der Lehrersprache sowie der Lehrer-Schüler-Interaktion im Vorfeld geplant werden? Welche Hilfsmittel müssen hierzu zur Verfügung stehen und wie und wann werden diese eingesetzt?
● Welche potenziellen oder geplanten erzieherischen Maßnahmen sind im Umgang mit der Lerngruppe zu beachten (z. B. Umgang mit Regeln und Konflikten, Einsatz von Bestärkung etc.)?
● Inwiefern können im Vorfeld des Unterrichts Handlungsalternativen für die Lehrperson geplant werden, um einen flexiblen Umgang mit der Planung im Unterricht zu unterstützen? (An welchen Stellen kann ggf. sinnvoll gekürzt werden? An welchen Stellen könnten alternative oder zusätzliche Aufgaben benötigt werden? Etc.)
● Welche personellen Ressourcen stehen zur Verfügung und wie werden diese genutzt?
Unterricht analysieren und bewerten
Planungskontrolle
Im Sinne einer Planungskontrolle erscheint es sinnvoll, im Anschluss an den Unterricht die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler auf die Lernangebote und den Verlauf der Unterrichtsinteraktion kritisch zu betrachten (→ Kap. 8):
● Welche Impulse der Lehrperson wurden von den Kindern und Jugendlichen aufgenommen?
● Inwiefern kann das Lernarrangement besser auf die Lernbedürfnisse und -möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler abgestimmt werden?
Durch die Reflexionen und Rückmeldungen können neue Erkenntnisse für die weitere Unterrichtsplanung gewonnen werden.
Um die beschriebenen Planungsschritte zu verdeutlichen, werden wir diese in den folgenden Kapiteln am Unterrichtsbeispiel Energie anwenden. Die weitere Struktur des Buches orientiert sich quasi an dem Planungsmuster. Auch die oben skizzierten zentralen didaktischen Fragen nach Klafki finden in den einzelnen Kapiteln Berücksichtigung.
Neben dieser vorgestellten Planungsstruktur sind in Anlehnung an Esslinger-Hinz et al. (2013, Kap. 4) Varianten denkbar:
● Eine Möglichkeit besteht darin, an den Kompetenzangaben aus den Bildungsplänen (besonders denen der Allgemeinen Schulen) anzusetzen und daraufhin den Bildungsinhalt begründet einzugrenzen und auf die Lernvoraussetzungen abzustimmen.
● Eine weitere Alternative dazu ist, die Planung mit der Analyse der Lernvoraussetzungen (z. B. Pflegebedarf) zu beginnen, darauf aufbauend den Bildungsinhalt auszuwählen (z. B. Hygiene) und die Kompetenzen bzw. Lernchancen zu beschreiben.
Eine Auswahl zwischen den unterschiedlichen Varianten wird vor dem Hintergrund der Dynamik der Lerngruppe getroffen.
1.2.4 Zeitliche Planungsebenen
Im Hinblick auf den Prozess der Unterrichtsplanung lassen sich verschiedene zeitbezogene Ebenen unterscheiden (Schmoll 2010, 68 f):
● Perspektivplanung: langfristig und weitreichend angelegte Lernchancen wie z. B. Erwerb von Medienkompetenz,
● Umrissplanung: Grobplanung einer Unterrichtsreihe, ohne Planungsentscheidungen für einzelne Stunden zu treffen,
● Prozessplanung: Unterrichtsskizzen, die der Lehrperson als Kontrollplan bezüglich des geplanten Verlaufes der Unterrichtsstunde dienen,
● Planungskorrektur: Abweichungen und Ergänzungen während des Unterrichtsverlaufes.
Unterrichtsverlaufspläne
In der Schulpraxis wird am ehesten die Prozessplanung in Form von Stundenverlaufsplänen schriftlich verfasst. Es herrscht kaum Einigkeit über die konkrete Ausgestaltung des Rasters. Schmoll hat eine Übersicht verschiedener Versionen zusammengetragen, die in Abbildung 3dargestellt ist. Jede Zeile gibt dabei einen Vorschlag wieder. Die verschiedenen Varianten können dadurch im Vergleich betrachtet werden (2010, 69).

Abb. 3: Rasterarten von Unterrichtsverlaufsplänen (Schmoll 2010, 69)
Innerhalb des Planungsrasters erscheinen in jedem Fall die zeitliche Zuordnung der einzelnen Handlungsschritte im Unterricht sowie der Hinweis auf die benötigten Medien von Vorteil. Um die Maßnahmen zur Individualisierung und Differenzierung im Rahmen der Unterrichtsplanung im Blick zu behalten, haben wir eine eigene Spalte in das Planungsraster eingefügt. Tabelle 3zeigt einen Vorschlag für die Gestaltung einer Skizze zum Stundenverlauf.
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