Rolf Kießling - Kleine Geschichte Schwabens

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Schwaben, das Land zwischen Iller und Lech, vom Ries bis zum Allgäu, ging über Jahrhunderte ganz andere Wege als Bayern: Als Teil des Herzogtums Schwaben war es geprägt von seiner politischen und kulturellen Vielfalt. Adel, Klöster, Städte, Bauern und Juden standen unter dem Schutz von Kaiser und Reich und erhielten eine Existenzgarantie. Gerade deshalb aber entwickelte es sich seit dem hohen Mittelalter zu einer der modernsten Wirtschaftsregionen Europas. Auch war es stets eine Landschaft des gesellschaftlichen Aufbruchs: der Reformation und des Bauernkrieges, der Revolutionen von 1848 und 1919, aber auch der Gelehrsamkeit und der Künste. Von all dem erzählt dieses Buch unterhaltsam und anschaulich.

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Rolf Kießling

Kleine Geschichte Schwabens

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

3., aktualisierte Auflage 2021

© 2009 by Verlag Friedrich Pustet, Regensburg

Gutenbergstraße 8 | 93051 Regensburg

Tel. (0941) 920220 | verlag@pustet.de

ISBN 978-3-7917-3176-6

Umschlaggestaltung: www.martinveicht.de

Satz: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau

Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg

Printed in Germany 2021

eISBN 978-3-7917-6185-5 (epub)

Unser gesamtes Programm finden Sie unter

www.verlag-pustet.de

Inhalt

Was ist Schwaben – in Bayern? Erste Annäherungen

Die Grundlagen: Kelten, Römer und Alemannen

Die römische Provinz Raetia

Cambodunum

Römische Zivilisation

Das Töpferdorf Rapis

Römer und Alemannen

Frühmittelalter: Bistum und Herzogtum

Die alemannische ‚Landnahme‘

Christianisierung und Kirchenorganisation

Das alemannische Herzogtum

Schwaben als Teil des Frankenreichs

Hochmittelalter: Herrschaftsbildung in der Region

Noch einmal: Herzogtum Schwaben und Reichsbistum Augsburg

Bischof Ulrich und die Schlacht auf dem Lechfeld

Adel und Klöster

Welfen und Staufer in Schwaben

„Anderen Lüsten zu frönen …“

Konradin – Land ohne Herzog

Spätmittelalter: Modernisierung durch Urbanisierung

Schwaben als Städtelandschaft

Leinen und Barchent

Die Entstehung der Textilzentren

Die ‚Aufsteiger‘

Verdichtung der Städtelandschaft

Patrizier und Zünfte

Zunftkampf

Arm und Reich

Peter III. von Argon

Städte, Adel und Fürsten im Konflikt

Auf dem Weg zum Schwäbischen Bund

Das 16. Jahrhundert: Schwaben als zentrales Reichsland

Das Reich in der Region

Augsburg als ‚heimliche Hauptstadt‘

Fugger, Welser und andere

Reformation und Bauernkrieg

Städtische Gemeinden öffnen sich

Fragen der Religion

Der Bauernprotest organisiert sich

Die „Zwölf Artikel“

Das Ende der Bauernhaufen

Die Ratsreformation

Die konfessionelle Spaltung Schwabens

Der Kalenderstreit

Kulturelle Vielfalt

Zwei parallele Bildungssysteme

Humanismus und Renaissance

Die Grablege der Fugger

Das 17. und 18. Jahrhundert: Territoriale Vielfalt

Krieg, Seuchen und Hunger

‚Kreuz- und Fahnengefecht‘

Bilder aus dem Krieg

Salz, Silber und Kattune

Begehrtes Kunsthandwerk

Das Handwerk in der Defensive

Aufstand der Weber

Schwäbischer Barock: Der ‚Teufelsbauwurm‘

Ottobeurens Kaisersaal

Jüdische Gemeinden im ‚Medinat Schwaben‘

Die Ulma-Günzburg

Schwäbische Aufklärung

Kemptener Aufklärer

Überlebte Duodezherrschaften oder fruchtbare Kleinkammerung?

Das 19. Jahrhundert: Der Weg ins Königreich

Neue Herren: Mediatisierung und Säkularisation

Enteignung zugunsten des Staates

‚Staatsabsolutismus‘

Ein neues Bürgertum entsteht

Auf dem Weg in die Provinz

Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein

Bayerische ‚Reichspropaganda‘

König Ludwigs I. Reise durch Schwaben

Die Revolution von 1848 als regionales Ereignis

Städtischer Protest

Kaufbeurer Bürgerfest

Gegen die Feudallasten

Das Ende der Grundherrschaft

Rechtliche Gleichstellung auch für Juden?

Die Resignation hält Einzug

Industrialisierung als Innovationsschub

Gründung der SWA

Das neue Gesicht der Städte

Strukturveränderung auf dem Land

Die „Verfertigung von Strohhüten“

Die Milchwirtschaft und die Entdeckung der Berge

Vereinödung

Alpentourismus

Bergforscher Hermann von Barth

Zwischen bayerischem Königtum und deutschem Kaiserreich

Der Liberalismus als „Giftpflanze“?

Bismarckkult und Königsmythos

Das 20. Jahrhundert: Schwaben im Freistaat Bayern

Die Revolution von 1918/19 an der Peripherie

Ernst Niekisch

Für die Regierung Hoffmann

Politische Orientierungen

Schwaben und die Heimatpflege

Otto Merkt: Bürgermeister und Heimatforscher

Nationalsozialismus im Gau Schwaben

Die Etablierung des NS-Systems

Strukturelemente der Diktatur

Gauleiter Karl Wahl

Die Grauen Busse

Die Zerstörung der jüdischen Lebenswelt

Bet Chaluz

Die jüdische Gemeinde in Fischach

Resistenz und Widerstand

Die Region im Krieg

Zwangsarbeit

Nach dem Krieg

Flüchtlinge und Vertriebene

Neugablonz

Wachstumsregion Schwaben

Politischer Neuanfang

Zwischen Globalisierung und Regionalisierung

Schwaben als Industrielandschaft

Der moderate Modernisierer: Anton Jaumann

Eurocopter-Standort Donauwörth

Pflege regionaler Identität – und neue Herausforderungen

Ausblick

Zeittafel

Regierungspräsidenten

Bezirkstagspräsidenten

Literatur

Internetadressen

Register

Bildnachweis

Was ist Schwaben – in Bayern? Erste Annäherungen

Wer von Norden die bayerische Grenze überschreitet und auf den Regierungsbezirk ‚Schwaben‘ stößt, ist einigermaßen befremdet: Schwaben in Bayern? Wie geht das zusammen? Tatsächlich findet sich heute der einzige Gebietsname ‚Schwaben‘ nicht in dem Raum, den man ansonsten mit Schwaben identifizieren würde: mit Württemberg – nur die ‚Schwäbische Alb‘ als mittelgebirgiger Querriegel oder ‚Oberschwaben‘ als Raum zwischen Donau und Bodensee weisen dieses Grundwort auf. Der Name für den bayerischen Verwaltungsbezirk zwischen Iller und Lech, Ries und Allgäu geht auf König Ludwig I. zurück, der 1837 die – nach französischem Vorbild – nach Flüssen benannten Sprengel der Mittelbehörden umbenennen ließ, um für die Bewohner die Identifikation mit den historischen ‚Stämmen‘, die nun das neue Bayern bildeten, zu ermöglichen. Er wollte Identitäten schaffen, damit alle unter der Wittelsbacher Krone ihren Platz finden und sich auf diese Weise mit der Annexion zu Beginn des 19. Jahrhunderts versöhnen konnten.

Dennoch, die Erinnerungskultur ist bis heute hartnäckig geblieben: Sie hatte vielfältige Ansatzpunkte, die über diese Grenzen hinauswiesen, und man bemühte sie immer wieder, um aus dem Korsett der bayerischen Staatlichkeit wenn nicht real, so doch wenigstens im Kopf zu entfliehen. So gesehen, ist das heutige Schwaben ein Konstrukt und keine geografische Größe – aber das war es genau besehen schon immer, sooft es in der Geschichte für eine Raumkonzeption stand, ohne dass die Vorstellungen davon, was ‚Schwaben‘ bedeutet, deshalb übereinstimmen mussten. Mit dem ‚Stamm‘ der Alemannen verband sich der Gedanke eines ‚ursprünglichen‘ Siedlungsgebietes, das von den Vogesen bis an den Lech, von der Nordschweiz bis weit über die Alb reichte und mit dem sich ein frühmittelalterliches alemannischen Herzogtum verbinden ließ. Das hatte tatsächlich einen längeren Atem, denn nach der Eroberung Alemanniens durch die Franken und dem Ende des karolingischen Großreiches konstituierte sich am Anfang des 10. Jahrhunderts ein neues ‚schwäbisches Herzogtum‘. Freilich wurde es am Ende des 11. Jahrhunderts zwischen den Hochadelsgeschlechtern der Staufer, Welfen und Zähringer in Interessengebiete aufgeteilt. Als ‚Herzogtum Schwaben‘ hielt sich der Name nur bei den Staufern – doch sorgte dann die Vermischung Schwabens mit dem Reichsgut des Königsgeschlechts im 12./13. Jahrhundert dafür, dass es nach dem Ende der Staufer mit dem Tod des jungen Konradin in Neapel 1268 in Auflösung verfiel. Eine Wiederbelebung scheiterte – es gab kein ‚Schwaben‘ mehr als politische Größe.

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