Rolf Kießling
Kleine Geschichte Schwabens
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3., aktualisierte Auflage 2021
© 2009 by Verlag Friedrich Pustet, Regensburg
Gutenbergstraße 8 | 93051 Regensburg
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ISBN 978-3-7917-3176-6
Umschlaggestaltung: www.martinveicht.de
Satz: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau
Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg
Printed in Germany 2021
eISBN 978-3-7917-6185-5 (epub)
Unser gesamtes Programm finden Sie unter
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Was ist Schwaben – in Bayern? Erste Annäherungen
Die Grundlagen: Kelten, Römer und Alemannen
Die römische Provinz Raetia
Cambodunum
Römische Zivilisation
Das Töpferdorf Rapis
Römer und Alemannen
Frühmittelalter: Bistum und Herzogtum
Die alemannische ‚Landnahme‘
Christianisierung und Kirchenorganisation
Das alemannische Herzogtum
Schwaben als Teil des Frankenreichs
Hochmittelalter: Herrschaftsbildung in der Region
Noch einmal: Herzogtum Schwaben und Reichsbistum Augsburg
Bischof Ulrich und die Schlacht auf dem Lechfeld
Adel und Klöster
Welfen und Staufer in Schwaben
„Anderen Lüsten zu frönen …“
Konradin – Land ohne Herzog
Spätmittelalter: Modernisierung durch Urbanisierung
Schwaben als Städtelandschaft
Leinen und Barchent
Die Entstehung der Textilzentren
Die ‚Aufsteiger‘
Verdichtung der Städtelandschaft
Patrizier und Zünfte
Zunftkampf
Arm und Reich
Peter III. von Argon
Städte, Adel und Fürsten im Konflikt
Auf dem Weg zum Schwäbischen Bund
Das 16. Jahrhundert: Schwaben als zentrales Reichsland
Das Reich in der Region
Augsburg als ‚heimliche Hauptstadt‘
Fugger, Welser und andere
Reformation und Bauernkrieg
Städtische Gemeinden öffnen sich
Fragen der Religion
Der Bauernprotest organisiert sich
Die „Zwölf Artikel“
Das Ende der Bauernhaufen
Die Ratsreformation
Die konfessionelle Spaltung Schwabens
Der Kalenderstreit
Kulturelle Vielfalt
Zwei parallele Bildungssysteme
Humanismus und Renaissance
Die Grablege der Fugger
Das 17. und 18. Jahrhundert: Territoriale Vielfalt
Krieg, Seuchen und Hunger
‚Kreuz- und Fahnengefecht‘
Bilder aus dem Krieg
Salz, Silber und Kattune
Begehrtes Kunsthandwerk
Das Handwerk in der Defensive
Aufstand der Weber
Schwäbischer Barock: Der ‚Teufelsbauwurm‘
Ottobeurens Kaisersaal
Jüdische Gemeinden im ‚Medinat Schwaben‘
Die Ulma-Günzburg
Schwäbische Aufklärung
Kemptener Aufklärer
Überlebte Duodezherrschaften oder fruchtbare Kleinkammerung?
Das 19. Jahrhundert: Der Weg ins Königreich
Neue Herren: Mediatisierung und Säkularisation
Enteignung zugunsten des Staates
‚Staatsabsolutismus‘
Ein neues Bürgertum entsteht
Auf dem Weg in die Provinz
Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein
Bayerische ‚Reichspropaganda‘
König Ludwigs I. Reise durch Schwaben
Die Revolution von 1848 als regionales Ereignis
Städtischer Protest
Kaufbeurer Bürgerfest
Gegen die Feudallasten
Das Ende der Grundherrschaft
Rechtliche Gleichstellung auch für Juden?
Die Resignation hält Einzug
Industrialisierung als Innovationsschub
Gründung der SWA
Das neue Gesicht der Städte
Strukturveränderung auf dem Land
Die „Verfertigung von Strohhüten“
Die Milchwirtschaft und die Entdeckung der Berge
Vereinödung
Alpentourismus
Bergforscher Hermann von Barth
Zwischen bayerischem Königtum und deutschem Kaiserreich
Der Liberalismus als „Giftpflanze“?
Bismarckkult und Königsmythos
Das 20. Jahrhundert: Schwaben im Freistaat Bayern
Die Revolution von 1918/19 an der Peripherie
Ernst Niekisch
Für die Regierung Hoffmann
Politische Orientierungen
Schwaben und die Heimatpflege
Otto Merkt: Bürgermeister und Heimatforscher
Nationalsozialismus im Gau Schwaben
Die Etablierung des NS-Systems
Strukturelemente der Diktatur
Gauleiter Karl Wahl
Die Grauen Busse
Die Zerstörung der jüdischen Lebenswelt
Bet Chaluz
Die jüdische Gemeinde in Fischach
Resistenz und Widerstand
Die Region im Krieg
Zwangsarbeit
Nach dem Krieg
Flüchtlinge und Vertriebene
Neugablonz
Wachstumsregion Schwaben
Politischer Neuanfang
Zwischen Globalisierung und Regionalisierung
Schwaben als Industrielandschaft
Der moderate Modernisierer: Anton Jaumann
Eurocopter-Standort Donauwörth
Pflege regionaler Identität – und neue Herausforderungen
Ausblick
Zeittafel
Regierungspräsidenten
Bezirkstagspräsidenten
Literatur
Internetadressen
Register
Bildnachweis
Was ist Schwaben – in Bayern? Erste Annäherungen
Wer von Norden die bayerische Grenze überschreitet und auf den Regierungsbezirk ‚Schwaben‘ stößt, ist einigermaßen befremdet: Schwaben in Bayern? Wie geht das zusammen? Tatsächlich findet sich heute der einzige Gebietsname ‚Schwaben‘ nicht in dem Raum, den man ansonsten mit Schwaben identifizieren würde: mit Württemberg – nur die ‚Schwäbische Alb‘ als mittelgebirgiger Querriegel oder ‚Oberschwaben‘ als Raum zwischen Donau und Bodensee weisen dieses Grundwort auf. Der Name für den bayerischen Verwaltungsbezirk zwischen Iller und Lech, Ries und Allgäu geht auf König Ludwig I. zurück, der 1837 die – nach französischem Vorbild – nach Flüssen benannten Sprengel der Mittelbehörden umbenennen ließ, um für die Bewohner die Identifikation mit den historischen ‚Stämmen‘, die nun das neue Bayern bildeten, zu ermöglichen. Er wollte Identitäten schaffen, damit alle unter der Wittelsbacher Krone ihren Platz finden und sich auf diese Weise mit der Annexion zu Beginn des 19. Jahrhunderts versöhnen konnten.
Dennoch, die Erinnerungskultur ist bis heute hartnäckig geblieben: Sie hatte vielfältige Ansatzpunkte, die über diese Grenzen hinauswiesen, und man bemühte sie immer wieder, um aus dem Korsett der bayerischen Staatlichkeit wenn nicht real, so doch wenigstens im Kopf zu entfliehen. So gesehen, ist das heutige Schwaben ein Konstrukt und keine geografische Größe – aber das war es genau besehen schon immer, sooft es in der Geschichte für eine Raumkonzeption stand, ohne dass die Vorstellungen davon, was ‚Schwaben‘ bedeutet, deshalb übereinstimmen mussten. Mit dem ‚Stamm‘ der Alemannen verband sich der Gedanke eines ‚ursprünglichen‘ Siedlungsgebietes, das von den Vogesen bis an den Lech, von der Nordschweiz bis weit über die Alb reichte und mit dem sich ein frühmittelalterliches alemannischen Herzogtum verbinden ließ. Das hatte tatsächlich einen längeren Atem, denn nach der Eroberung Alemanniens durch die Franken und dem Ende des karolingischen Großreiches konstituierte sich am Anfang des 10. Jahrhunderts ein neues ‚schwäbisches Herzogtum‘. Freilich wurde es am Ende des 11. Jahrhunderts zwischen den Hochadelsgeschlechtern der Staufer, Welfen und Zähringer in Interessengebiete aufgeteilt. Als ‚Herzogtum Schwaben‘ hielt sich der Name nur bei den Staufern – doch sorgte dann die Vermischung Schwabens mit dem Reichsgut des Königsgeschlechts im 12./13. Jahrhundert dafür, dass es nach dem Ende der Staufer mit dem Tod des jungen Konradin in Neapel 1268 in Auflösung verfiel. Eine Wiederbelebung scheiterte – es gab kein ‚Schwaben‘ mehr als politische Größe.
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