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Bei der Aufrechnung werden gleichartige Forderungen( Anspruch), die zwei Personen gegeneinander haben, verrechnet.
A› Aufrechnung § 387 BGB› Erläuterungen
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Die Aufrechnung ist in den §§ 387-396 BGB geregelt. Sie ist ein einseitiges Rechtsgeschäft( Rechtsgeschäft) mit empfangsbedürftiger Willenserklärung ( Willenserklärung) und ein Gestaltungsrecht( Gestaltungsrecht). Zudem ist die Aufrechnung ein Verfügungsgeschäft, da sie bewirkt, dass zwei bestehende Forderungen teilweise oder vollständig erlöschen. Sie setzt eine Aufrechnungslageund eine Aufrechnungserklärung(§ 388 BGB) voraus. Vier Voraussetzungen müssen für das Vorliegen einer Aufrechnungslage erfüllt sein:
a) |
die Gegenseitigkeit der Forderungen; d. h. der Gläubiger (Gläubiger und Schuldner) der Hauptforderung ist Schuldner der Gegenforderung und der Schuldner der Hauptforderung ist wiederum Gläubiger der Gegenforderung ( Beispiel: Anna schuldet Michael 500 € und Michael schuldet Anna 1.000 €) ; |
b) |
die Gleichartigkeit der Forderungen; d. h. es kommen für die Aufrechnung nur Gattungsschulden ( Gattungsschuld) in Betracht ( auf die jeweilige Höhe von Forderung und Gegenforderung kommt es nicht an; allerdings darf man nicht Äpfel mit Birnen verrechnen) ; |
c) |
Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Forderung des Aufrechnenden(Aktivforderung); d. h. die fällige Leistung muss auch einklagbar sein. Einreden und Einwendungen dürfen ihr nicht entgegenstehen und |
d) |
die Forderung des Aufrechnungsgegners(Passivforderung) muss erfüllbar sein; d. h. der Schuldner muss sie schon erbringen dürfen ( regelmäßig kann der Schuldner immer früher leisten, es sei denn, der Gläubiger hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Schuldner nicht frühzeitig leistet, weil beispielsweise der vereinbarte Zinssatz für das Darlehen höher ist als der nunmehr übliche Zinssatz) . |
Die Aufrechnungdarf zudem nicht durch Gesetz oder durch Vertrag ausgeschlossensein.
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Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, in dem Umfang, in dem sie sich decken, erlöschen(§ 389 BGB). Wenn Anna gegenüber Michael eine Forderung in Höhe von 1.000 € hat und sie ihm wiederum 500 € schuldet, dann bewirkt ihre Aufrechnungserklärung, dass sie Michael nichts mehr schuldet und dieser ihr noch 500 € zahlen muss.
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Übungsfall Aufrechnung
Caroline von Halm steht in ständiger Geschäftsbeziehung zu Walter Schmitt. Aus dem letzten Jahr haben sich sowohl Forderungen von Caroline von Halm gegenüber Herrn Schmitt als auch umgekehrt angesammelt. Summa Summarum belaufen sich die Forderungen von Caroline gegenüber Walter auf 23.450 € und die von Walter gegenüber Caroline auf 17.790 €. Frau von Halm möchte nun endlich „reinen Tisch machen“ und erklärt gegenüber Herrn Schmitt die Aufrechnung. Zu Recht?
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Lösung
Zu prüfen ist, ob Frau von Halm zu Recht die Aufrechnung gegenüber Herrn Schmitt gem. § 388 BGB erklärt hat. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Aufrechnungslage gem. § 387 BGB gegeben ist.
Zunächst muss das Kriterium der Gegenseitigkeit erfüllt sein. In unserem Fall schuldet Herr Schmitt Frau Halm 23.450 € und Frau Halm Herrn Schmitt 17.790 €. Folglich ist das Kriterium der Gegenseitigkeit erfüllt. Die Forderungen sind auch gleichartig; dass die Höhe der Forderungen unterschiedlich ist, ist unerheblich. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Forderung von Frau von Halm gegenüber Herrn Schmitt auch fällig (§ 271 Abs. 1 BGB) und durchsetzbar ist. Laut Sachverhalt sind die Forderungen allesamt Forderungen aus dem letzten Jahr und somit einklagbar; Anhaltspunkte für Einreden und Einwendungen gibt es nicht. Zudem muss die Forderung von Herrn Schmitt erfüllbar sein. Auch dies ist der Fall. Somit erklärt (§ 388 BGB) Frau von Halm zu Recht gegenüber Herrn Schmitt die Aufrechnung mit der Wirkung (§ 389 BGB), dass Herr Schmitt ihr nunmehr noch 5.660 € schuldet.
Weiterführende Literatur
Stephan Lorenz/Veronika Eichhorn , Grundwissen – Zivilrecht: Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB), JuS 2008, S. 951-953. Sebastian Martens , Grundfälle zur Bedingung und Befristung, JuS 2010, S. 481-486; S. 578-582.
A› Aufschiebende Bedingung § 158 Abs. 1 BGB
Aufschiebende Bedingung § 158 Abs. 1 BGB
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Unter einer aufschiebenden Bedingung versteht man ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt zum Zeitpunkt des Rechtsgeschäftes ( Rechtsgeschäft) noch ungewiss ist, von dessen Eintrittaber das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts abhängig gemacht wird.
A› Aufschiebende Bedingung § 158 Abs. 1 BGB› Erläuterungen
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Rechtsgeschäftliche Bedingungen sind in den § 158 ff. BGB geregelt. Unterschieden wird hierbei die auflösende von der aufschiebenden Bedingung. Da die auflösende Bedingung in der Praxis eine äußerst untergeordnete Rolle spielt, wird im Folgenden nur auf die aufschiebende Bedingung eingegangen. Die aufschiebende Bedingung kann sich sowohl auf die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts ( Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte) – beispielsweise Kaufvertrag – als auch auf die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts (Eigentumsübertragung) beziehen.
Beispiel:
Kauft Lea Müller eine schicke Eigentumswohnung unter der Bedingung, dass ein Kreditinstitut ihr diese finanzieren wird, so bezieht sich die Bedingung auf den Kaufvertrag, also auf das Verpflichtungsgeschäft. Macht Simon Neumüller die Übertragung des Eigentums an seinem Auto auf Alina Klein davon abhängig, dass diese den vollständigen Kaufpreis zahlt, so bezieht sich die Bedingung auf das Verfügungsgeschäft.
Eine solche Bedingung nennt man Eigentumsvorbehalt ( Eigentumsvorbehalt).
Weiterführende Literatur
Stephan Lorenz/Veronika Eichhorn , Grundwissen – Zivilrecht: Bedingungen und Befristung, JuS 2017, S. 393-397. Sebastian Martens , Grundfälle zu Bedingung und Befristung – Teil 1, JuS 2010, S. 481-486; – Teil 2, S. 578-582.
A› Auslegung §§ 133, 157 BGB
Auslegung §§ 133, 157 BGB
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Durch Auslegung einer Willenserklärung ( Willenserklärung) wird deren rechtlich erheblicher Sinnermittelt.
A› Auslegung §§ 133, 157 BGB› Erläuterungen
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Nicht nur Gesetze bedürfen häufig der Auslegung, sondern auch Willenserklärungen. Denn manchmal ist es nicht eindeutig, was ein Erklärender überhaupt erklärt hat. In solchen Fällen muss die Willenserklärung des Erklärenden ausgelegt werden. Das BGB enthält zwei Paragrafen, die sich auf die Auslegung von Willenserklärungenbeziehen; nämlich § 133 und § 157 BGB. § 133 BGB sagt, dass „der wirkliche Wille“ des Erklärenden „zu erforschen ist“ und nicht stur der Wortlaut der Erklärung als Maß aller Dinge gelten soll. § 157 BGB besagt, dass „Verträge nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ auszulegen sind. Allerdings gilt § 157 BGB entgegen seinem Wortlaut auch für einseitige Rechtsgeschäfte ( Rechtsgeschäfte). Das Verhältnis zwischen den beiden Paragrafen ist streitig. Allerdings ist dies im Ergebnis von wenig Bedeutung, da es einen allgemein anerkannten Kanon an Auslegungsregeln gibt; wie die vorrangig zu beachtende Auslegungsregel des übereinstimmenden Willens der Vertragsparteien.Weitere Punkte, die bei der Auslegung zu berücksichtigen sind, sind die Begleitumstände, der Kontext, die Vorgeschichte, gesetzliche Vermutungen, die Interessenslage der Parteienund natürlich, da fast alle Willenserklärungen empfangsbedürftig sind, der Empfängerhorizont, d. h. wie ein durchschnittlich intelligenter Empfänger die Worte des Erklärenden hat verstehen müssen.
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