Bei einem Rücktritt vom Verlöbnis sind neben den Ansprüchen aus §§ 1298 ff. auch Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff. möglich. Für die Geltendmachung solcher Schadensansprüche ist ein schuldhaftes Verhalten erforderlich, das über den Bruch der Verlöbnistreue hinausgeht. Die Verjährungsfrist der Schadensersatzansprüche nach §§ 1298 ff. beginnt nach § 1302 mit der Auflösung des Verlöbnisses und unterliegt seit dem 1.1.2010 den allgemeinen Verjährungsvorschriften der § 195 ff.
2. Rückgabe von Geschenken
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Nach § 1301 S. 1 können bei der Beendigung des Verlöbnisses die beiderseits gewährten Geschenke und Verlöbniszeichen (Ringe) nach Bereicherungsrecht zurückgefordert werden. Nach h.M.[7] handelt es sich bei der Verweisung auf das Bereicherungsrecht um eine Rechtsfolgenverweisung, da die Vorschrift eine Erweiterung der Zweckverfehlungstheorie nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 sei. Die Herausgabepflicht ist ausgeschlossen, wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach, § 814 Alt. 2 Gleiches gilt, wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat. Dieses Tatbestandmerkmal erfordert erschwerende Umstände, die ein besonders treuwidriges Verhalten darstellen.
Beispiel
Verschweigen eines Doppelverlöbnisses.
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Bei § 1301 handelt es sich um eine Vorschrift, die § 530 als lex specialisverdrängt.
[1]
RG Urt. v. 21.9.1905 (Az. IV 140/05) = RGZ 61, 267.
[2]
Palandt- Brudermüller § 1298 Rn. 1.
[3]
Böhmer JZ 1961, 267.
[4]
Canaris AcP 1965, 1.
[5]
Palandt- Brudermüller § 1298 Rn. 8.
[6]
OLG Oldenburg Beschl. v. 28.7. 2016 (Az. 13 UF 35/16) = NJW 2016, 3185.
[7]
BGH Urt. v. 18.5.1966 (Az. IV ZR 105/65) = BGHZ 45, 258.
1. Teil Familienrecht› C. Die Ehe
1. Teil Familienrecht› C. Die Ehe› I. Begriff und Eingehung der Ehe
I. Begriff und Eingehung der Ehe
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Der Begriff der Ehe ist gesetzlich nicht geregelt. Die Ehe konnte vor Inkrafttreten des Gesetzes[1] zur Einführung des Rechts für Personen gleichen Geschlechts[2] nur von einem Mann und einer Frau geschlossen werden. Mit der Änderung des § 1353 Abs. 1 ist die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern beseitigt worden. Die Vorschrift des § 1309 Abs. 3 reduziert für Ausländer gleichen Geschlechts die Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses, wenn deren Heimatstaat die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe nicht vorsieht.
Bei der Ehe handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis personenrechtlicher Natur, das durch einen Vertrag zustande kommt, der grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen wird.
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Das Eheschließungsrecht ist in den §§ 1303–1320 geregelt.
Nach § 1310 Abs. 1 muss die Ehe vor dem Standesbeamtengeschlossen werden. Die Förmlichkeiten für das Standesamt sind in §§ 11 ff. PStGgeregelt. Nach § 1311 muss die Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, unbedingt und unbefristet sowie höchstpersönlichbei gleichzeitiger Anwesenheit von Mann und Frau abgegeben werden. Eine Ausnahme davon enthält die Vorschrift des § 1310 Abs. 3. Danach kann eine im Ausland geschlossene Ehe wirksam werden, wenn die in Nr. 1–Nr. 3 genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Standesbeamte soll nach § 1312 S. 1 bei der Eheschließung die Eheschließenden einzeln befragen, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen, und, nachdem die Eheschließenden diese Frage bejaht haben, aussprechen, dass sie nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute sind. Die Eheschließung kann nach § 1312 S. 2 in Gegenwart von einem oder zwei Zeugen erfolgen, sofern die Eheschließenden dies wünschen.
Hinweis
Seit dem 1.1.2009 ist durch die Aufhebung des § 67 PStG die Pflicht entfallen, dass für die Eingehung einer kirchlichen Ehe eine standesamtliche Heirat erforderlich ist.
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Die Ehefähigkeit setzt Ehemündigkeitvoraus. Die Ehemündigkeit tritt nach § 1303 Abs. 1 mit der Volljährigkeit ein. Auf Antrag konnte das Familien gericht vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen[3] nach § 1303 Abs. 2 von dem Erfordernis der Volljährigkeit befreien, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahrvollendet hat und sein künftiger Ehepartner volljährig ist. Widersprach der gesetzliche Vertreter, so darf das Familiengericht die Befreiung nur dann erteilen, wenn der Widerspruch nicht auf triftigen Gründen beruht, § 1303 Abs. 3. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen hat der Gesetzgeber das Ehemündigkeitsalter auf 18 Jahre festgelegt, § 1303 S. 1.
Neben der Ehemündigkeit muss auch die allgemeine Geschäftsfähigkeitgegeben sein, § 1304. Nicht ehefähig ist daher derjenige, der geschäftsunfähig i.S.d. § 104 Nr. 2 ist. Hat das Familiengericht die Befreiung von dem Erfordernis der Volljährigkeit erteilt, bedarf der beschränkt Geschäftsfähige für die Eingehung der Ehe nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1303 Abs. 4.
Hinweis
Eine Ehe kann nach § 1314 Abs. 1 aufgehoben werden, wenn sie entgegen der Vorschriften der §§ 1303 bzw. 1304 geschlossen worden. Ist die Ehe mit einer unter 16-jährigen Person geschlossen worden, ist die Ehe unwirksam, § 1303 S. 2.
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Werden die für eine Eheschließung erforderlichen Voraussetzungen nicht eingehalten, kann dies zu einer Nichteheoder zu einer aufhebbarenEhe führen. Eine Nichtehe liegt vor, wenn in einer besonders schwerwiegenden Weise gegen die Wirksamkeitsanforderungen der Eheschließung verstoßen wurde. Eine Nichtehe entfaltet keine Rechtswirkungen.[4]
Beispiel
Die Eheschließung findet vor einem Sektenführer statt bzw. wenn die Ehewillenserklärung eines Partners fehlt (§ 1310).
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Die Eheverbote sind in den §§ 1306 ff. geregelt. Die Vorschrift des § 1306 regelt das Verbot der Doppelehe, wobei ein Verstoß nach § 172 StGB zur Strafbarkeit führt. In § 1307 S. 1 ist das Verbot der Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie geregelt. § 1308 Abs. 1 stellt die durch Adoption begründete Verwandtschaft der durch Abstammung begründeten Verwandtschaft gleich. Ausländer benötigen nach § 1309 Abs. 1 für eine Eheschließung in Deutschland ein Ehefähigkeitszeugnis.
Eine Ehe ist nach § 1314 Abs. 1 aufhebbar, wenn sie entgegen der Vorschriften der §§ 1303, 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist. Die Ehe kann auch aufgehoben werden, wenn Willensmängel i.S.v. § 1314 Abs. 2 vorliegen. Die Vorschrift des § 1314 Abs. 2 enthält eine abschließende Regelung für Willensmängelbei der Eheschließung. Die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten nicht.
Sofern die in § 1315 genannten Voraussetzungen vorliegen, ist die Aufhebung der Ehe ausgeschlossen (Bestätigung). In § 1316 ist geregelt, wer für die Aufhebung der Ehe antragsberechtigt ist. Der Antrag kann in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 und 3 nur binnen eines Jahres, im Falle des § 1314 Abs. 2 Nr. 4 nur binnen drei Jahren nach der Kenntnis von dem Irrtum oder der Täuschung bzw. nach dem Aufhören der Zwangslage gestellt werden. Nach § 1313 S. 1 wird die Ehe durch ein gerichtliches Gestaltungsurteilaufgehoben. Mit Eintritt der Rechtskraft gilt die Ehe mit Wirkung für die Zukunftals aufgelöst. Die Folgen der Aufhebung der Ehe bestimmen sich in den in § 1318 genannten Fällen nach den Vorschriften über die Scheidung. Das prozessuale Verfahren ist in den §§ 121 ff. FamFG geregelt.
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