Ungeachtet des Fehlens einschlägiger gesetzlicher Regelungen erweist sich die juristische Auseinandersetzung mit dem Thema insbesondere deshalb als schwierig, weil zahlreiche unterschiedliche Rechtsgebiete betroffen sind: Der Rechtsanwender muss sich intensiv mit Fragen des (Individual- und Kollektiv-)Arbeitsrechts, des Straf-, Gesellschafts- und Datenschutzrechts befassen, um eine umfassende, in sich schlüssige rechtliche Würdigung vornehmen zu können. Obgleich die Anzahl der einschlägigen Publikationen in der Fachliteratur in den vergangenen Jahren geradezu explodiert ist, gibt es nach wie vor nur sehr wenige Veröffentlichungen, die das Thema (aus rechtlicher Perspektive) in all seinen Facetten beleuchten. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit haben wir den Versuch unternommen, dies zu tun. Insbesondere mit den in der Praxis überaus bedeutsamen, nicht selten stiefmütterlich behandelten datenschutzrechtlichen Aspekten haben wir uns vertieft auseinandergesetzt.
In den Führungsetagen vieler Unternehmen wird Whistleblowing nach wie vor in erster Linie als Bedrohung für den Unternehmenserfolg betrachtet. Werden Informationen über (angebliche) Missstände oder (vermeintlich) illegale Machenschaften im Unternehmen an die Medien oder die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben, kann dies in der Tat einen immensen Imageverlust sowie erhebliche wirtschaftliche Schäden zur Folge haben. Die Implementierung eines funktionstüchtigen Hinweisgebersystems stellt ein geeignetes Mittel dar, derartige Konsequenzen zu verhindern. Dies ist einer der Gründe, weshalb ein solches „Frühwarnsystem“ anerkanntermaßen einen wesentlichen Bestandteil effektiver Compliance-Strukturen bildet. Nicht nur die großen, börsennotierten Unternehmen, welche nicht selten nach US-amerikanischem Recht (Sec. 301 (4) SOX) ohnehin dazu verpflichtet sind, ein Hinweisgebersystem zu implementieren, beschäftigten sich daher mit der Frage, welche Ausgestaltung den Interessen des Unternehmens bestmöglich gerecht wird, ohne in Konflikt mit dem geltenden Recht zu geraten. Auch immer mehr mittelständische Unternehmen erwägen, ein Hinweisgebersystem einzurichten. Im Rahmen des vorliegenden Werks werden die Vorteile aufgezeigt, die ein derartiger Schritt aus Unternehmenssicht mit sich bringt. Ferner wird ausführlich dargelegt, was in rechtlicher, aber auch tatsächlicher Hinsicht bei der Implementierung eines Hinweisgebersystems zu beachten ist, welche unterschiedlichen Möglichkeiten im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung bestehen und was die Vor- und Nachteile der einzelnen Gestaltungsvarianten sind. Dabei stützen wir uns insbesondere auf das Wissen und die Erfahrungen, welche wir in den letzten Jahren im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit bei der Beratung von Unternehmen sowie in der Funktion als unternehmensexterne Ombudsstelle gesammelt haben.
Dementsprechend ist dieses Buch in erster Linie an die Verantwortlichen in Unternehmen gerichtet, die sich über die Vorteile eines Hinweisgebersystems informieren möchten, die Implementierung eines derartigen Systems planen oder ein bereits vorhandenes System verbessern wollen. Ferner kann es Rechtsanwälten, welche in diesem Bereich beratend tätig sind (oder dies zukünftig beabsichtigen), wertvolle Anregungen liefern.
Die zentralen Erkenntnisse und Praxishinweise sind in grauen Kästen zusammengefasst, um den Lesern die Möglichkeit zu eröffnen, das Wichtigste rasch aufzufinden und zu erfassen. Das Buch schließt mit einem Praxisleitfaden.
Für die Erstellung des Sachverzeichnisses danken wir Frau Nicola Wollring .
München/Wien/Passau, im April 2012
Alexander Schemmel Felix Ruhmannseder Tobias Witzigmann
Dr. Nicolai Behr Rechtsanwalt, Baker McKenzie, München |
1. Kapitel Rn. 1–18(zusammen mit Ruhmannseder und Krakow) 2. Kapitel(zusammen mit Ruhmannseder) |
Dr. Anastasia Berger Rechtsanwältin, Traton SE, München |
4. Kapitel |
Dr. Lukas Feiler Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Wien |
8. Kapitel(zusammen mit Rieken, Ruhmannseder und Krakow) |
Dominik Guttenberger Rechtsanwalt, Munich Re, München |
3. Kapitel |
Mag. Georg Krakow, MBA Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Wien |
1. Kapitel Rn. 1–18(zusammen mit Ruhmannseder und Behr) 8. Kapitel(zusammen mit Rieken, Feiler und Ruhmannseder |
Christoph Kurth, LL.M. Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Zürich |
9. Kapitel(zusammen mit Winkler und Projer) |
Dr. Michael Nuster, MSc. inecos – Integrity Ethics Compliance Solutions, Wien |
7. Kapitel |
Dr. Kaspar Projer Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Zürich |
9. Kapitel(zusammen mit Kurth und Winkler) |
Simone Rieken, LL.M. Rechtsanwältin, Baker McKenzie, Frankfurt |
5. Kapitel 8. Kapitel(zusammen mit Feiler, Ruhmannseder und Krakow) |
Dr. Felix Ruhmannseder Rechtsanwalt (RAK Berlin & RAK Wien), wkk law Rechtsanwälte, Berlin/Wien |
1. Kapitel Rn. 1–18(zusammen mit Behr und Krakow) 2. Kapitel(zusammen mit Behr) 6. Kapitel 8. Kapitel(zusammen mit Rieken, Feiler und Krakow) |
Cristin Schacht M.A. (Master of Arts), Hannover |
1. Kapitel Rn. 19–40(zusammen mit Walter) |
Dr. Martin Walter Unternehmensberater, Bad Honnef |
1. Kapitel Rn. 19–40(zusammen mit Schacht) |
Dr. Markus Winkler Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Zürich |
9. Kapitel(zusammen mit Kurth und Projer) |
Zitiervorschlag:
Rieken in Ruhmannseder/Behr/Krakow, Hinweisgebersysteme, Rn. 432.
Vorwort
Aus dem Vorwort zur 1. Auflage
Bearbeiterverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Kapitel Einführung
I. Der Begriff „Whistleblowing“ als Ausgangspunkt
II. Implikationen für den Hinweisgeber und die betroffene Organisation
III. EU-Hinweisgeberrichtlinie und Hinweisgeberschutzgesetz
IV. Missbrauch von Hinweisgebersystemen – Eine empirische Untersuchung
1. Einleitung
2. Die Kernthesen
a) KT1: Fast 90 % aller Hinweise werden in guter Absicht abgegeben
b) KT2: Der Prozentsatz missbräuchlicher Meldungen ist unabhängig davon, ob der Hinweis anonym abgegeben worden ist oder nicht
c) KT3: Die Öffnung des Hinweisgebersystems für Externe führt nicht zu einer Erhöhung missbräuchlicher Meldungen
3. Untersuchungsergebnisse im Detail
2. Kapitel Grundprinzipien eines Compliance Management Systems
I. Grundlagen
1. Ziele
2. Rechtsgrundlagen im deutschen Recht
3. Internationale Vorgaben und Ansätze zum Aufbau eines Compliance Management Systems
a) Internationale Standards zur Korruptionsbekämpfung
aa) US Foreign Corrupt Practices, DOJ- und SEC-Vorgaben, sowie Sentencing Guidelines
bb) UK Bribery Act und adequate procedures
cc) Sapin II
dd) ISO 37001
ee) Spezielle Vorgaben für Pharma und Medizintechnik
b) Internationale Standards im Bereich Kartellrecht
aa) USA
bb) ICC-Toolkit
c) Internationale Standards im Bereich Außenwirtschaftsrecht
d) Internationale Standards im Bereich Datenschutz
II. Der Weg zu einem effektiven Compliance Management System
1. Führungskultur und Compliance-Organisation
2. Risikoanalyse
a) Top-Down-Analyse
b) Risikoszenarioanalyse
c) Risikofaktorenanalyse
d) Fazit
3. Richtlinien und Kontrollen
a) Grundsätze der Ausarbeitung von Richtlinien
b) Anzahl und inhaltliche Ausgestaltung der Richtlinien
c) Implementierung der Richtlinien
4. Schulungen und Kommunikation
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