Sein Blick wird dunkel, als er mich voller Begierde betrachtet, und ich schaudere wohlig unter seiner Musterung. Gestern noch war es mir unangenehm, mich nackt vor ihm zu zeigen, aber heute erscheint es mir das Natürlichste der Welt.
Ich schlinge die Arme um seinen Nacken und er gibt nach, als ich ihn nach unten auf die Kissen ziehe. Unsere Lippen verschmelzen zu einem hungrigen Kuss, ehe er beginnt, meinen Körper zu liebkosen.
Ich schließe seufzend die Augen, gebe mich seiner Zärtlichkeit hin. Von ihm begehrt zu werden, ist so schön. So wunderschön. Und ich würde alles dafür tun, dass es niemals aufhört.
Als wir verschwitzt nebeneinander im Pavillon liegen, streichelt er mein Gesicht, zeichnet mit dem Finger die Konturen nach.
»Damaris, egal was geschieht, ich möchte, dass du weißt, wie viel du mir bedeutest«, murmelt er, während er mich liebevoll betrachtet.
»Ich glaube, das hast du mir gerade gezeigt.« Ich grinse ihn an.
Er schüttelt den Kopf, sodass seine Locken wippen, und senkt den Blick. »Damaris, ich muss dir etwas sagen, es hat …«
»Cilian!« Der Ruf einer männlichen Stimme, die vom Haus zu uns herüberdringt, lässt uns beide zusammenfahren und gehetzt einander anstarren.
»Verdammt, wer …« Cilian setzt sich auf und verengt die Augen, um besser sehen zu können, wer sich uns nähert. »Bleib unten«, sagt er leise und ich gehorche ihm ohne Widerspruch, während er aufsteht und rasch sein Untergewand überstreift.
Auch wenn ich es am liebsten in die ganze Welt hinausschreien möchte, dass Cilian und ich zusammen sind, so respektiere ich, dass er es anscheinend langsamer angehen will.
Ich beobachte, wie er den Pavillon verlässt und dem Neuankömmling entgegengeht. Bald schon kann ich ihn nicht mehr sehen, also erhebe ich mich nun doch ein wenig, da ich neugierig bin, wer uns in dieser Abgeschiedenheit aufsucht. Ich muss die Augen verengen, um gegen das Sonnenlicht anzublinzeln, dennoch erkenne ich den jungen rothaarigen Greifenreiter, mit dem ich gestern Abend nach meiner Aufnahme in den Greifenorden von Chakas getanzt habe. Serge hieß er, wie mir jetzt wieder einfällt.
Was tut er hier?
Cilian hat ihn inzwischen erreicht und Serge erzählt ihm etwas. Dabei gestikuliert er wild, was Cilian dazu bringt, sich mit einer Hand an den Hinterkopf zu greifen. Er wirft einen Blick zum Pavillon, sieht daraufhin den Greifenreiter wieder an und nickt. Dieser nickt ebenfalls, ehe er seinen Greif herruft und sich auf dessen Rücken in die Luft erhebt.
Der besorgte Ausdruck auf Cilians Gesicht, als er zum Pavillon zurückkommt, gefällt mir gar nicht.
»Was ist los?«, frage ich, nachdem er wieder bei mir angekommen ist.
»Zieh dich an, wir müssen zurück«, sagt er kurz angebunden und sucht mein Kleid unter den Kissen hervor, das er mir zuwirft. Der Stoff ist zerknittert, aber das ist mir im Moment gleichgültig.
»Rede mit mir«, fordere ich, während ich versuche, die Stoffbahnen um meinen Leib zu schlingen.
Cilian tritt zu mir und hilft dabei – er scheint Übung darin zu haben, denn er hat das Kleid im Handumdrehen um meinen Körper drapiert. Eine Tatsache, die mir einen kleinen Stich verpasst und mich daran erinnert, dass er zwar der erste Mann in meinem Leben, ich aber definitiv nicht die erste Frau in seinem bin.
Wieso wird mein Herz gerade schwer?
Da Cilian immer noch nichts sagt, als ich angezogen bin, halte ich seine Hand fest und zwinge ihn, mich anzusehen. »Was ist los?«, wiederhole ich meine Worte von vorhin. Dieses Mal eindringlicher.
»Ich … erkläre es dir, sobald wir im Zirkel sind«, weicht er aus. Er kann mich dabei nicht ansehen, was mich noch misstrauischer werden lässt. »Hier ist nicht der richtige Ort dafür und wir müssen zurück.«
Bevor ich etwas entgegnen kann, stößt er einen schrillen Pfiff aus und im nächsten Moment landet Mondsichel neben uns. Cilian greift nach seinem Burnus, wirft ihn über und deutet dann auf seinen Greif.
»Bitte steig auf, Damaris«, sagt er in ruhigem Tonfall, der nicht zu seinem aufgewühlten Blick passen will.
Ich zögere, nicke dann aber. Wenn er mir nicht sagen will, was los ist, bringt es nichts, es aus ihm herauskitzeln zu wollen. Mit einem flauen Gefühl im Magen schwinge ich mich auf den schwarzen Greif und warte, bis Cilian sich hinter mich gesetzt hat.
Den ganzen Flug zurück überlege ich, was es sein könnte, das ihn derart beunruhigt hat. Was hat ihm Serge gesagt? Wieso brechen wir Hals über Kopf auf, um in den Zirkel zurückzukehren?
Doch meine Fragen werden immer noch nicht beantwortet, als wir auf dem Balkon meiner Gemächer landen. Nur am Rande fällt mir auf, dass meine Dienerin Auralie anscheinend die Blumen, welche Cilian mir gestern Abend als Geburtstagsgeschenk ins Zimmer stellte, wieder weggeräumt hat. Viel mehr ist mein Blick auf den Ordensleiter gerichtet, der sich gerade fahrig mit der Hand durch die Locken streicht und mir nicht in die Augen sehen kann.
»Damaris … Lass mich noch kurz etwas klären, dann komme ich zu dir und erzähl dir alles, in Ordnung?« Er sieht mich flehend an.
Ich nicke langsam, auch wenn ich diese Geheimniskrämerei kaum aushalte. Er drückt mir einen raschen Kuss auf den Mund, ehe er sich wieder auf Mondsichel schwingt und davonfliegt.
Das leise Knurren, das hinter mir erklingt, lässt mich zusammenschrecken, doch dann merke ich, dass es Schneeflocke ist, der auf dem Bett liegt, und entspanne mich. Nur um im nächsten Moment erneut zusammenzufahren, denn die Tür meines Zimmers wird kurzerhand aufgerissen, und als ich den Mann sehe, der dort im Türrahmen steht, wird das flaue Gefühl in meinem Magen zu einem regelrechten Krampfanfall.
Es liegt nicht an der Art, wie er mich ansieht. Ich kenne dieses düstere Funkeln inzwischen. Auch nicht daran, dass sein einst langes schwarzes Haar nun kurz geschnitten ist, was seine kantigen Züge noch stärker betont. Nein, es ist die Tatsache, dass er überhaupt da ist. Im Zirkel. Obwohl Cilian ihm verboten hat, diesen zu betreten. Nicht nur das, der Ordensleiter hat ihn in die Stadt verbannt und von seinem Greif Silbersturm getrennt.
»Adrién«, hauche ich.
Sein Blick gleitet hinter mich, aber es ist unmöglich, dass er Cilian noch gesehen hat. Dann schaut er mich wieder an und stößt das Schnauben aus, das ich bereits von ihm gewohnt bin.
»Was hast du hier zu …«
»Suchen?«, unterbricht er mich und tritt nun endgültig in mein Zimmer, schließt die Tür hinter sich.
Schneeflockes Knurren wird lauter, da der Greif meine Anspannung spürt, und ich gebe ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er das lassen soll.
»Ich dachte, du lebst in der Stadt und …«
»Habe ich auch«, fällt er mir erneut ins Wort. »Doch jetzt bin ich wieder hier. Und ich wollte sehen, ob es wirklich stimmt, was meine Schwester Auralie mir erzählt hat.«
»Was stimmt?«, frage ich verwirrt.
»Du hast immer noch keinen Plan, oder?« Seine Mundwinkel heben sich zu einem arroganten Grinsen. »Bist Greifenreiterin, schläfst mit dem Ordensleiter und trotzdem bist du die Letzte, die es erfährt.«
»Was erfährt?!«, fahre ich ihn an. So langsam habe ich die Schnauze wirklich voll davon, dass sogar Adrién über etwas Bescheid zu wissen scheint, was Cilian mir nicht sagen wollte.
»Dein werter Ordensleiter hat dich ans Messer geliefert.« Der Tonfall, in dem Adrién das sagt, lässt alles in mir gefrieren, noch ehe ich die Worte richtig begriffen habe. »Hast du wirklich geglaubt, du bedeutest ihm mehr als der Orden? Dass es reicht, die Beine für ihn breit zu machen, um …«
Weiter kommt er nicht, denn ich bin zu ihm getreten und verpasse ihm eine Ohrfeige, die so laut klatscht, dass selbst ich zusammenzucke.
Adrién greift mit der Hand an seine Wange, und sein Blick wird noch düsterer als ohnehin schon. »Das ist eine Angewohnheit, die du dir dringend wieder abgewöhnen solltest«, knurrt er. »Gewalt ist nie eine Lösung.«
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