Ich unterbrach sie, indem ich sie an mich zog und auf den Mund küsste. »Was hättest du?«, raunte ich an ihren Lippen. »Mich nicht geheiratet?«
Sie stieß mich gespielt beleidigt von sich weg, aber ihr Lächeln wurde wärmer. »Als ob du das zugelassen hättest.«
»Hätte ich nicht.« Ich strich ihr mit dem Handrücken über die Wange, die stets etwas bleich wirkte und dadurch verriet, dass sie nicht aus Chakas stammte. Denn die Sonne bräunte sie nicht, sondern verbrannte sie. Ihr feuerrotes Haar bildete einen starken Kontrast zu ihrer hellen Hautfarbe, und ich hoffte sehr, dass unser gemeinsames Kind es von ihr erbte, denn ich mochte die Art, wie es im Sonnenschein funkelte. »Ich liebe dich, Shaia.«
»Ich dich auch«, antwortete sie, doch es kam zu schnell über ihre Lippen.
Mir war von Anfang an aufgefallen, dass ich sie mehr liebte als sie mich, aber das war mir gleichgültig. Solange sie an meiner Seite war, wusste ich, dass ich alles richtig machte, und nur das zählte.
»Komm rein, ich habe dein Lieblingsgericht gekocht«, sagte sie und wandte sich ab, um zurück ins Haus zu gehen.
»Hühnereintopf mit Reis und eingelegten Früchten?«, fragte ich, während ich ihr folgte.
Sie warf mir einen Blick über die Schulter zu und ich erkannte, wie sie ihre Stupsnase kräuselte. »Das andere.«
Ich roch den Schmorbraten und mir lief das Wasser im Mund zusammen, während mein Bauch ein leises Knurren von sich gab.
Natürlich hatte sie den Laut gehört und schenkte mir ein Schmunzeln. »Ich dachte, wenn ich dich von deinen Büchern losreißen will, dann muss ich gute Argumente vorbringen.«
»Höre ich da einen leisen Vorwurf?« Ich hob die Augenbrauen und betrachtete ihren Rücken, während sie zum Herd ging, um den Topf zu holen. Ich war im Eingang der kleinen Küche stehen geblieben, lehnte mich in den Türrahmen.
»Kein Vorwurf«, erwiderte sie und kam mit dem Schmorbraten zurück, ging an mir vorbei ins Esszimmer, wo sie den Tisch bereits gedeckt hatte. »Nur eine Tatsache.« Sie stellte den Topf hin und sah mich mit ihren braunen Knopfaugen an. »Manchmal wünschte ich, dass du mehr Zeit mit mir statt mit deinen Büchern verbringen würdest. Das ist alles.«
Ich trat zu ihr, zog sie mit dem Rücken an meine Brust und strich ihr über den Bauch, in dem unser Kind heranwuchs. »Ich tue das doch vor allem für euch beide«, murmelte ich an ihrem Ohr.
Sie seufzte leise. »Ich weiß. Deine Verpflichtungen im Zirkel und deinem Vater gegenüber.« Ihre Hand legte sich über meine. »Ich dachte, dass wir so weit von ihnen weg wohnen, hätte etwas geändert. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich dich mit jedem Tag, den wir ein Paar sind, mehr verliere.«
»Sag so etwas nicht.« Mein Herz zog sich zusammen und ich hielt sie fester. »Ich liebe dich und werde alles dafür tun, dass wir glücklich werden.«
Sie hob den Kopf ein wenig und sah mich an. »Versprochen?«
»Hoch und heilig.« Ich küsste sie auf die Wange, drehte sie zu mir herum und legte beide Hände an ihr Gesicht. »Sobald unser Kind da ist, gibt es nur noch euch beide in meinem Leben.«
Das Lächeln, das sich auf ihrem hübschen Mund ausbreitete, wärmte mein Innerstes. Oh ja, ich liebte sie. Liebte sie wie wahnsinnig. Und ich schwor mir, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit dieses Lächeln niemals erlöschen würde.
Was für ein Narr ich war …
Gegenwart
Es kommt mir wie ein Traum vor, als ich gähnend erwache und die Sonnenstrahlen betrachte, die sich langsam in den Pavillon schleichen. Noch immer liege ich auf den Kissen und Decken, welche Cilian hier ausgebreitet hat, ehe er mich verführte.
Der gestrige Abend war wunderschön. Zuerst wurde ich offiziell in den Greifenorden von Chakas aufgenommen und dann … Bei der Erinnerung, wie Cilian meinen Körper erkundete, stoße ich ein wohliges Stöhnen aus. Er hat mir gezeigt, was Liebe wirklich bedeutet, und ich kann es kaum erwarten, das zu wiederholen, was wir in der vergangenen Nacht getan haben.
Ich strecke mich wie eine Katze und drehe mich zur Seite, um Cilian anzusehen. Allerdings liegt er nicht neben mir, und auch als ich mich umsehe, kann ich ihn nirgendwo entdecken. Stirnrunzelnd setze ich mich auf, streiche mein zerzaustes Haar zurück und reibe mir die Augen.
Wie immer ist es hier in Chakas bereits morgens schon so warm, dass ich keine Kleider bräuchte, aber ich wickle das Laken, mit dem wir uns in der Nacht zugedeckt haben, um meinen Körper, da ich nicht weiß, ob wir auf den Klippen wirklich allein sind.
Als Cilian mich gestern Abend, nachdem die Aufnahmezeremonie im Greifenorden vorbei war, hergebracht hat, konnte ich zwar keine weiteren Häuser erkennen, aber es könnte durchaus sein, dass er irgendwelche Diener anwies, im Haus nach dem Rechten zu sehen oder für uns ein Frühstück vorzubereiten.
Mein Blick wandert über die Klippe zum Meer und da entdecke ich ihn. Eine einsame Gestalt, die seinem schwarzen Greif zusieht, welcher am Himmel seine Kreise zieht. Anscheinend ist Mondsichel auf der Jagd, denn immer mal wieder stößt er zu den Wellen hinunter, um Fische zu fangen.
Cilian trägt nur das weiße Untergewand seines Burnus und es weht schlackernd um seinen schlanken Körper. Wie er so am Rande der Felsen steht, die braunblonden Locken vom Wind verwuschelt, hat der Anblick beinahe etwas Poetisches.
Einen Moment lang betrachte ich ihn, versuche zu begreifen, dass dieser Mann nun zu mir gehört. Zu meinem Leben. Schmetterlinge breiten ihre Flügel in meinem Bauch aus, tanzen ihren Reigen. Er ist mir so nah wie noch kein Mann zuvor und ich hoffe, dass es für immer so bleibt.
Ja, ich habe mich in den Ordensleiter von Chakas verliebt. Und ich bete zu den Göttern, dass es ihm mit mir genauso geht.
Leise setze ich mich in Bewegung, gehe den schmalen Pfad entlang, der zu Cilian führt. Dicht hinter ihm bleibe ich stehen und strecke den Arm aus, berühre ihn sanft an der Schulter.
Er zuckt zusammen und dreht sich zu mir um. Für den Bruchteil einer Sekunde erkenne ich die Wehmut in seinen azurblauen Augen, die wohl bis eben noch seine Gedanken beherrscht hat, dann wischt ein warmes Lächeln diese Regung weg und er zieht mich an sich.
»Damaris«, murmelt er in mein Haar.
Es ist nur ein Wort, nur mein Name. Aber darin liegen so viel Liebe und Zuneigung, dass mein Herz sich weitet. Ich schlinge die Arme um ihn, drücke mich fest an ihn und spüre, wie er mich auf den Scheitel küsst.
Eine Weile bleiben wir so stehen, bevor er sich wieder von mir löst und mich gedankenversunken mustert. »Hast du gut geschlafen?«, fragt er leise. »Ich wollte dich nicht wecken, du sahst so friedlich aus.«
Ich nicke lächelnd. »Ich habe hervorragend geschlafen.« Dann lege ich den Kopf schief und sehe dunkle Schatten unter seinen Augen. »Du nicht?«
Er schließt kurz die Lider, atmet tief ein und aus. »Doch … aber die Nacht war etwas kurz.« Ein entschuldigendes Lächeln legt sich auf seine Lippen. »In solchen Momenten wird mir bewusst, dass ich nicht mehr der Jüngste bin.«
»Ach komm.« Ich stupse ihn mit dem Zeigefinger gegen die muskulöse Brust. »Du bist nicht alt, nur etwas eingerostet.«
Sein Lächeln wird breiter und seine Augen beginnen zu funkeln. »Eingerostet, ja?«
Ehe ich michs versehe, hat er mich gepackt und über seine Schulter geworfen. Ich stoße ein Quieken aus, das in Lachen endet, als ich merke, dass er mich zurück zum Pavillon trägt. Mit den Händen trommle ich auf seinen Rücken in einem halbherzigen Versuch, mich zu befreien, und wackle mit den Beinen in der Luft. Aber er setzt mich erst ab, als wir zurück bei den Kissen sind, und zieht gleichzeitig das Laken von meinem Körper, sodass ich wieder nackt vor ihm stehe.
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