Am Abend vertäuten die Männer die Boote am Ufer und bauten ein einfaches Lager auf. Essen wurde verteilt und Kaffee gekocht. Pierre brachte auch seiner Frau etwas zu essen und baute dann an Deck einen Lagerplatz für die Nacht. Er gab Mato-wea einen Becher mit Wasser, in das er etwas von dem Fusel mischte, den sie zum Tauschen mit den Indianern verwendeten. Er wollte, dass die Frau sich entspannte, denn schließlich war das hier seine Hochzeitsnacht. Er hatte mit einem Gewehr für sie bezahlt und wollte nun wissen, was er da gekauft hatte. Mato-wea schüttelte sich, als sie den seltsamen Geschmack im Mund hatte, doch Pierre zwang sie immer wieder, einen Schluck zunehmen. „Nun mach schon, meine Hübsche. Dann tut es nicht so weh!“
Mato-wea verstand nicht, was da mit ihr geschah. Das Getränk schmeckte seltsam, und sie wollte es daher nicht trinken. Sie tat es nur, um ihm zu gefallen, doch schnell wurde ihr schwindelig davon. Es fiel ihr schwer, die Augen offen zu halten, und so sackte sie bald auf das Fell, das er als Lager ausgebreitet hatte. Die Stimmen der anderen Männer am Ufer verschwammen, und eine tiefe Müdigkeit überfiel sie. Vielleicht war es gut so, denn so bekam sie nur im Halbschlaf mit, was er tat. Sie fühlte, wie der Mann sie entkleidete und unschicklich an die Brüste fasste. Sie wollte sich wehren, aber ihre Glieder waren so schwer. Sie hatte die Augen geschlossen, als er sich auf sie legte und nach ihrer Weiblichkeit tastete. Ihre Tante hatte ihr befohlen, still zu liegen und den Mann tun zu lassen, was er wollte. „Bald wird es dir gefallen, mein Kind!“, hatte sie gesagt. Willenlos ergab sie sich dem Geschehen, auch weil eine angenehme Müdigkeit von ihrem Körper Besitz ergriff. Irgendetwas tat kurz weh, doch dann spürte sie sein Geschlecht in sich. Davor hatte sie sich also gefürchtet!
Der Mann keuchte vor Lust und stieß sie mit rhythmischen Bewegungen. Ihr drehte sich der Kopf, und sie kämpfte mit der Übelkeit, die in ihr aufstieg. Während er sich nach kurzer Zeit zufrieden auf die Seite rollte, kroch sie an die Bordwand zur vom Land abgewandten Seite und übergab sich. Dann kniete sie dort, tauchte ihre Hand in das Wasser und versuchte, ihren heißen Kopf zu kühlen. Nie wieder würde sie dieses Wasser trinken!
Pierre dagegen war glücklich. Er hatte das letzte Mal vor zwei Jahren mit einer Frau geschlafen, und die aufgestaute Lust war geradezu im Leib seiner Squaw explodiert. Puh, nie wieder würde er so lange warten! Es gab bestimmt genug Weiber, zu denen er sich legen konnte. Er wischte sich über die Stirn und grinste. So ein hübsches Ding zu haben, war eine gute Entscheidung gewesen. Er hatte keine Lust auf irgendwelche fette Matronen, die ihn mal schnell drüberließen. Nein, er hatte eine Jungfrau gestochen, und das war ein unglaubliches Gefühl gewesen. Er stand auf, um nach ihr zu sehen und fand sie an der Bordwand. Wahrscheinlich hatte sie den Alkohol nicht vertragen. Auch nicht schlecht, dann konnte er den Fusel für sich selbst aufsparen. Er hob sie einfach hoch und trug sie zu der Decke zurück. „Das wird schon wieder!“, murmelte er freundlich.
Mato-wea erwachte am nächsten Morgen mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Sie trank ein wenig Wasser, das Pär ihr reichte, und verweigerte das Essen. Sie konnte unmöglich irgendetwas zu sich nehmen. Immer noch fühlte sie die Übelkeit in sich. Teilnahmslos beobachtete sie, wie die Männer die Boote klarmachten und wieder mit langen Seilen durch das Wasser zogen. Die Sonne stach vom Himmel, trotzdem sangen die Männer ein seltsames Lied. Die schwere Arbeit schien ihnen nichts auszumachen. Ihr Ehemann gab zwischendurch Befehle, und es beruhigte sie, dass sie offensichtlich einen Häuptling der Fremden geheiratet hatte. Manchmal streifte er sie mit einem wohlwollenden Blick, und das beruhigte sie. Nur das seltsame Wasser wollte sie nie wieder trinken. Sie zog aus ihrem Bündel eine Näharbeit und vertiefte sich während des langen Tages in diese Tätigkeit. Alles schien ihr fremd zu sein und unter gesenkten Wimpern versuchte sie all die neuen Dinge zu begreifen. Sie fragte nie, sondern beobachtete das seltsame Treiben. Es wunderte sie, dass diese Männer all die Dinge erledigten, die sonst Frauen taten. Sie holten Wasser, kochten, gerbten, jagten, flickten und sammelten Holz. Warum hatten sie keine Frauen dabei? Es erschien ihr, als wären all diese Männer auf einem Kriegszug. Nur das würde erklären, warum sie diese Dinge taten. Würden am Ende der Reise ihre Frauen auf sie warten? Und warum legten die Männer überhaupt so große Entfernungen zurück, wenn es doch überall Biber und andere Tiere gab? Sie wäre lieber in der Nähe ihrer Familie geblieben. Hier und da schnappte sie einzelne Wörter auf, aber noch war sie zu schüchtern, sie zu benutzen. Wenn Pär das Wort an sie richtete, lächelte sie scheu und senkte stets den Blick. Noch war sie unsicher, was sie als seine Frau zu tun hatte. Nicht einmal das Kochen konnte sie erledigen, denn das taten die Männer mit großen Kesseln, aus denen auch sie sich die Suppe schöpfte. Pär meinte, dass dies nur während der Reise der Fall sei. „Warte ab!“, zeigte er in Zeichensprache. „Wenn wir unser Ziel erreicht haben, dann gibt es viel Arbeit für dich.“ Also wartete Mato-wea ab. Sie saß auf dem Boot und sah zu, wie die Landschaft an ihr vorüberglitt. Anscheinend reichte es ihrem Mann, wenn er sie nachts unter der Decke liebkosen konnte.
Nach einigen Tagen erreichten die Boote endlich Fort Lisa. Natürlich gab es einen Auflauf, als die Trapper auch die anderen Schiffe bemerkten, die Pierre DuMont gefolgt waren. Neuigkeiten wurden ausgetauscht und der Proviant abgeladen. Jean Chouteau und Andrew Henry begrüßten ihre Partner und ließen einen Teil der Tauschgüter da, ehe sie weiter stromaufwärts aufbrachen. Pierres junge Braut wurde von allen bestaunt, obwohl auch andere Trapper indianische Ehefrauen hatten. Charbonneau, der ebenfalls bei der Expedition von Lewis und Clark dabeigewesen war, traf mit zwei Frauen und Sohn ein. Er hatte für kurze Zeit in St. Louis gewohnt, wo er eine kleine Farm betreiben wollte. Doch er hatte sich entschieden, der Zivilisation den Rücken zu kehren und wieder bei den Hidatsa zu leben. Er sprach kein Englisch, obwohl er immer wieder Kontakt zu Engländern hatte, und sein Hidatsa war auch nicht überwältigend. Pierre wunderte sich, wie er sich mit seinen beiden indianischen Ehefrauen unterhielt. Sein kleiner Sohn dagegen schien sich in allen Sprachen unterhalten zu können. Er war vier Jahre alt und wurde von allen „Pomp“ genannt. Manuel Lisa hatte einen Narren an ihm gefressen und sorgte dafür, dass Charbonneau und seine Frauen eine kleine Hütte bekamen. Eine der Frauen war den Männern bestens bekannt, denn sie hatte bereits an der Expedition von Lewis und Clark teilgenommen. Sie hieß Sacaja-wea. Die andere Frau wurde Otterfrau gerufen. Charbonneau wollte wieder los, um seine Fallen aufzustellen. Als er hörte, dass Colter bis an die Stelle ziehen würde, die Three-Forks genannt wurde, war er jedoch nur verhalten begeistert. „Da gibt es viele Biber! Leider auch viele Grizzlys. Ich habe den Ort gesehen … gutes Gebiet zum Fallenstellen, aber für meinen Geschmack gibt es dort zu viele Blackfeet.“
Pierre DuMont unterhielt sich mit ihm und fragte nach, woher der seltsame Name „Three Forks“ kam. Charbonneau grinste leicht. „Das ist die Stelle, wo der Jefferson, Madison und Gallatin zusammenfließen und den Missouri bilden. Lewis und Clark haben die Namen gewählt: Jefferson nach unserem Präsidenten, Madison nach dessen Außenminister und inzwischen viertem Präsidenten. Der Kerl ist gerade erst gewählt worden. Und Gallatin zu Ehren des Finanzministers – ein bisschen viel der Ehre!“
„Na ja, jedenfalls kann man sich diese Namen leichter merken als Charbonneau.“ Die beiden sprachen in Französisch und lachten gut gelaunt.
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