Verteidiger Heer Wenn ich dazu noch etwas sagen dürfte …
Götzl Zu Herrn Wohlleben?
Verteidiger Heer Ja, auch wenn da alle lachen. Auch ich fände es hilfreich, wenn meine Mandantin mittags ein wenig frische Luft bekäme.
Bundesanwalt Diemer Darüber wird man dann noch reden.
Götzl Vielleicht kann man auch mal sehen, ob immer alle Anwälte da sein müssen, oder ob man sich da aufteilt. Aber Frau Zschäpe fühlt sich ja nicht wohl. Dann lasse ich jetzt den Arzt holen.
(Nach der ärztlichen Untersuchung wird die Verhandlung um 18.30 Uhr beendet.)
2. Juli 2013
Manfred Götzl, Richter. André P., Kriminalhauptmeister in Zwickau. Er sagte auch an den Tagen 142 und 365 aus. Frank L., 37, Kriminalbeamter des BKA. Er begleitete Beate Zschäpe bei einem Hubschrauberflug zur Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Später traf er Zschäpe auch in der JVA Köln. Er sagte auch an den Tagen 43, 160 und 241 aus. Herbert Diemer, Anette Greger, Jochen Weingarten, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Heer, Verteidiger von Beate Zschäpe. Thomas Bliwier, Edith Lunnebach, Yavuz Narin, Gül Pinar, Andreas Thiel, Anwälte der Nebenklage. Henning Saß, psychiatrischer Gutachter.
André P. Die Frau Zschäpe hat sich am 8.11.2011 der Polizei in Jena gestellt. Ihre Bekleidung wurde sichergestellt, sie wurde erkennungsdienstlich behandelt und nach Zwickau überführt. Ich war dafür vorgesehen, die Beschuldigtenvernehmung durchzuführen. Und zusätzlich eine Kollegin von der Kripo Baden-Württemberg, die in Zwickau ihren Dienst verrichtet hat. Gegen 18.15 Uhr ging es los. Frau Zschäpe erklärte, dass sie keine Angaben zum Sachverhalt machen möchte. Ich habe dann nur die Personalien festgestellt. Frau Zschäpe war bekleidet mit einem Polizeitrainingsanzug, das war ihr unangenehm. (Ihre eigene Kleidung war für die Spurensicherung konfisziert worden.) Sie hat das ausgedrückt und sich auch so verhalten. Sie war aufmerksam, konnte dem Gespräch gut folgen. Es war ein lockeres Gespräch. Sie hat mit wenigen Sätzen erzählt, wie sie aufgewachsen ist. Wie das Leben in Zwickau sich dargestellt hat. Sie konnte rauchen, etwas zu essen war auch da. Sie hat erzählt, dass sie ein Omakind war. Dann sind die zwei Uwes in ihr Leben getreten, mit ihnen hat sie ihr Leben verbracht, das war dann ihre Familie.
Ich erinnere mich noch an eine Sache, die ich nicht schriftlich niedergelegt habe. Wir hatten die Frage gestellt, ob noch eine Straftat in Planung oder Ausführung ist, ob noch was zu verhindern ist – da hat sie mit Nein geantwortet.
Götzl In welcher Verfassung war Frau Zschäpe?
André P. Man hat ihr angemerkt, dass sie ein paar Tage unterwegs war und vielleicht froh war, dass die Sache vorbei war. Sie hat kurz erzählt, dass sie nicht mehr viele Freunde hat. Sie hatte versucht, diese Freunde aufzusuchen. Der Stress stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.
Götzl Woran machen Sie das fest?
André P. Am Gesichtsausdruck.
Götzl Ja, das würde mich eben interessieren.
André P. Es ist mir nicht mehr möglich zu sagen, ob sie Augenringe hatte oder so. Sie sagte, sie habe keinen Unterschlupf bei Freunden bekommen. Sie sah nicht ausgeschlafen aus, übernächtigt.
Götzl Wie lange war sie unterwegs?
André P. Sie sagte, sie sei sechs Tage unterwegs gewesen, aber seit dem Brand am Freitag bis zum Dienstag bei der Polizei in Jena waren es ja nur fünf Tage.
(Zschäpe floh 4. November 2011 aus Zwickau und stellte sich am 8. November 2011 der Polizei in Jena.)
Götzl Wie war das Verhältnis zur Mutter und Großmutter? Wollen Sie noch mal überlegen, was sie gesagt hat?
André P. Schwierig, weil ich am nächsten Tag Mutter und Großmutter befragt habe. Es fällt mir schwer auseinanderzuhalten, wer mir was gesagt hat.
Götzl In einem Vermerk von Ihnen heißt es, sie habe ein schlechtes Verhältnis zur Mutter und war deswegen ein Omakind.
André P. Sie hatte ein schlechtes Verhältnis zur Mutter. Zu ihrer Oma bestehen offenbar noch starke emotionale Bindungen. Sie hat es bedauert, dass sie vor dem Stellen bei der Polizei nicht noch ihre Oma aufgesucht hat. Und sie sagte, beide Uwes hatten ein behütetes Elternhaus, sie könne sich nicht erklären, warum sie sich so entwickelt haben.
Götzl Stichwort Katzen.
André P. Sie hat ihre Katzen sehr gern gehabt, hat sich erkundigt, was aus ihnen geworden ist. Ich habe ihr gesagt, sie sind im Tierheim untergebracht. Wir haben respektiert, dass Frau Zschäpe sich zum Tatvorwurf nicht äußern will. Ich habe gefragt, ob sie die Absicht hatte, sich das Leben zu nehmen. Sie brachte zum Ausdruck, dass sie im Zusammenhang mit dem Brand darüber nachgedacht habe, sich selbst dabei wegzuräumen, so hat sie das formuliert. Aber sie fand nicht die Kraft dazu.
(Wenige Stunden bevor Zschäpe Feuer in der Zwickauer Wohnung legte, hatten sich Mundlos und Böhnhardt in einem Wohnmobil umgebracht. Das Fahrzeug brannte aus.)
Götzl Hat sie etwas zu ihrem Verhältnis zu den beiden Uwes gesagt?
André P. Sie waren ihre Familie. Und sie erklärte, sie sei zu nichts gezwungen worden.
Götzl Im Hinblick worauf?
André P. Konkreter hat sie das nicht gesagt. Wir haben auch nicht weiter nachgefragt.
Götzl Wie ist der Vermerk zustande gekommen?
André P. Mit der Kollegin zusammen habe ich ihn am nächsten Tag nach der Vorführung von Frau Zschäpe beim Ermittlungsrichter gefertigt.
Götzl Wie lange hat das Gespräch gedauert?
André P. Ungefähr eine halbe Stunde, eher ein paar Minuten länger.
Götzl Frau Zschäpe hat eine Unterschriftenprobe geleistet. Wann fand das statt?
André P. Vor dem Gespräch, da hat sie gesagt, das sei zum ersten Mal seit langer Zeit, dass sie mal wieder ihren richtigen Namen geschrieben habe. Während des Gesprächs hat Frau Zschäpe auch eine Speichelprobe abgegeben.
Götzl Wie ging es dann weiter?
André P. Sie wurde in den Gewahrsamsraum der Polizei Zwickau gebracht, hat dort die Nacht verbracht, dann ihr Frühstück bekommen und wurde danach zum Ermittlungsrichter gefahren.
Anwältin Pinar Haben Sie noch Aufzeichnungen von dem Gespräch mit Frau Zschäpe?
André P. Ja, ich habe Notizen in meinem persönlichen Schrank im Büro.
Anwältin Pinar Können Sie dort anrufen?
André P. Nein, das wäre mir jetzt nicht recht.
Anwältin Pinar Ich kann auch einen Beschlagnahmeantrag stellen.
Götzl Jetzt stellen Sie erst mal Ihre Fragen, Anträge können Sie später stellen.
Anwalt Thiel Kannten Sie eine der Personen Böhnhardt, Mundlos oder Zschäpe aus dem Stadtbild von Zwickau?
André P. Überhaupt nicht.
Anwalt Thiel Wir haben jetzt wiederholt über die Katzen gesprochen. Haben Sie Frau Zschäpe auch erklärt, dass noch Menschen im Haus waren?
André P. Nein.
Anwalt Thiel Warum nicht?
André P. Weil sie sich nicht äußern wollte, wir haben das respektiert.
(Die Sitzung wird unterbrochen. Nach der Mittagspause wird André P. weiter befragt.)
Anwalt Narin Wann sind Sie erstmals über den Wohnwagenbrand informiert worden?
André P. Der Brand war ja am Freitag, wir wurden am Montagmorgen informiert. Auch die Identität der Uwes wurde uns vermutlich am Montag mitgeteilt.
Anwältin Lunnebach Haben Sie noch eine Erinnerung daran, ob Frau Zschäpe »nie« oder »nicht« gesagt hat? Also dass sie »nie« gezwungen wurde zu etwas? Oder »nicht« gezwungen wurde?
André P. Was in meinem Vermerk steht, stimmt. (Dort steht »nie«.)
Anwältin Lunnebach Hat sich der Verfassungsschutz bei Ihnen gemeldet?
André P. Nein.
Anwältin Lunnebach Wer hat das Gespräch mit Frau Zschäpe geleitet? Sie oder die Kollegin?
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