Götzl Sie hatten Brandt als laut und selbstgerecht charakterisiert.
Jana J. Er hat sich ziemlich wichtig genommen. Er hat laut gelacht, er war sehr speziell. Sein ganzer Habitus war einfach eigenartig. Er hat so ein lautes, krächzendes Lachen gehabt und war ständig am Telefonieren, hat Hinz und Kunz gekannt und hat das auch zur Schau getragen.
Götzl Sie hatten eine Situation beschrieben, bei der zwei Mädchen angegriffen worden seien.
Jana J. Das waren zwei linksalternative Mädchen. Der André und sein Bruder haben das Treffen vermittelt. Wir haben die in einem Imbiss getroffen und uns dort darüber unterhalten, was zwischen Rechten und Linken vorgefallen war. Die beiden fanden auch nicht gut, was los war. Das Gespräch war freundlich, die Mädchen waren sehr nett. Ein wenig später wurden die Mädels auf dem Nachhauseweg angegriffen. Es sah für mich aus, als sei es eine Falle gewesen. Der Zweck war: Die wollten Namen erpressen. Ich war geschockt, und ich habe mit André deshalb gestritten. Er hat behauptet, er hat damit nichts zu tun, aber er ist wohl auch dafür verurteilt worden.
Götzl In Ihrer polizeilichen Vernehmung haben Sie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe als »verschworene Gemeinschaft« bezeichnet.
Jana J. Vor dem Untertauchen waren sie eigentlich jedem als sehr enge Freunde bekannt. Aber persönlich habe ich sie nie zusammen gesehen. Mein Eindruck war aber, dass die beiden enge Vertraute von Frau Zschäpe waren.
Götzl Wie war die politische Einstellung der Uwes?
Jana J. Wenn man die beiden Uwes in Uniformen gesehen hat, hat man ja schon gesehen, welche Attitüde sie an den Tag legen. Das war schon außergewöhnlich. Sie sind eher zu dieser Scheitelträger-Fraktion gezählt worden. Die Uwes kamen mit braunen Uniformen zum Winzerklub, es war ein schräges Bild. Es hatte was Bedrohliches, aber es hatte auch was Lächerliches. Die sahen aus wie in einem Kriegsfilm. Da waren ja viele Skinheads vor dem Klub, die haben da teilweise schon die Augen gerollt. Diese Art der Provokation war so nicht üblich.
(Filmausschnitte werden gezeigt aus einer BBC-Dokumentation aus dem Jahre 1998. Zu sehen sind unter anderem Jana J., André Kapke, Mario Brehme, Tino Brandt, Mirko Eberlein. Der Journalist thematisierte damals die rechte Szene in Thüringen. Tino Brandt äußert sich in dem Film über Hitler: »Adolf Hitler war ein großer Deutscher, genauso wie Friedrich der Große.«)
Jana J. Das Material spricht ja eine eindeutige Sprache. Wenn ich es jetzt so sehe, erschreckt es mich auch.
Anwalt Stolle War der Verfassungsschutz ein Thema in der Szene?
Jana J. Ja. Es gab zwei Vorwürfe, die man machen konnte, um jemanden zu diskreditieren. Der eine war, V-Mann zu sein. Der andere: schwul zu sein. Das war der Killer.
Verteidiger Stahl Sie sagten, Sie hätten bei Beate Zschäpe in der Wohnung eine Pistole gesehen.
Jana J. Ich bin mir sehr sicher, dass sie die dann an dem Abend sogar mithatte. Wir sind dann von einem Mann mitgenommen worden, da hat sie ihm die gezeigt, da bin ich mir sehr sicher. Es muss die Rückfahrt von einem Discobesuch gewesen sein.
Saß Können Sie etwas allgemein zum Verhalten von Frau Zschäpe sagen?
Jana J. Sie ist mir in Erinnerung als sehr selbstbewusste, aufgeschlossene, offene Person. Sie war sehr freundlich, auch witzig. Sie hat mir mit ihrem Selbstvertrauen schon imponiert. (Die Zeugin verlässt den Gerichtssaal.)
Verteidiger Stahl (gibt Erklärung ab) : Hinsichtlich der Beschreibung der Person von Beate Zschäpe als sehr selbstbewusst – das scheint mir alles nicht sehr tragfähig zu sein, wenn man sieht, wie selten die Zeugin Kontakt zu Frau Zschäpe gehabt hat, und wenn man den Altersunterschied der beiden berücksichtigt. Zur Waffe: Es gibt keinen Hinweis, dass es eine scharfe Waffe war. Man kann wohl davon ausgehen, dass es eine Gaspistole war. Damals war das ein legaler Gegenstand. Sie konnte zum Selbstschutz mitgeführt werden.
28. April 2014
Manfred Götzl, Richter. Enrico Theile, 38, Lokomotivführer, war in Jena ein Bekannter von Uwe Böhnhardt. Er trat auch an den Tagen 94 und 122 auf.
(Die Bundesanwaltschaft hat den Zeugen im Verdacht, in die Beschaffung der NSU-Tatwaffe, der Česká 83, verwickelt zu sein.)
Götzl Es geht uns von der Thematik um Kenntnis von Ihnen bezüglich der Lieferung einer Waffe Česká 83 aus der Schweiz nach Deutschland. Was können Sie dazu sagen?
Theile Ich hab das alles gelesen, was ich gemacht haben soll. Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe mit der Waffe nichts zu tun, habe keine Waffe gekauft, nicht damit gehandelt. Es ist einfach so.
Götzl Vielleicht könnten Sie uns schildern, wie lange Sie Herrn Länger kennen und wie es mit Herrn Schultz ist. Und wie lange Sie die Angeklagten kennen. (Länger und Schultz, Mitarbeiter des Madley, sollen ebenfalls in die Beschaffung der Tatwaffe verwickelt gewesen sein.)
Theile Also, der Herr Länger, den kenne ich schon ewig. Ich wohne ja in Jena seit ewig in so einem Wohngebiet. Alle in meinem Alter kenne ich. Und aus der Schule kenne ich auch den Herrn Böhnhardt. Ich kann mich nicht festlegen. Ich vermute, da war er fünfzehn, sechzehn Jahre alt und ich zwei Jahre älter. Aber das halbe Wohngebiet kennt den Herrn Länger und den Herrn Böhnhardt. Eine Erinnerung, die ich an ihn habe: Wir haben uns gestritten, ich weiß nicht mehr warum. Ich hatte ein neues Moped, bin damit auch mal in die Schule gefahren. Eines Tages war es umgeschmissen, andere sagten, Böhnhardt habe es umgeschmissen. Das sind so die letzten Erinnerungen.
Götzl Haben Sie Beziehungen zur Schweiz, zu Personen dort?
Theile Ich kenne einen Schweizer, den Herrn Müller, da fahre ich hin, wenn ich Urlaub habe, den besuchen, zu ihm oder mit ihm in Urlaub. Ich kenne den seit Jahren.
Götzl Wenn Sie uns Herrn Müller etwas beschreiben: Was macht er so, welche Eigenschaften hat er?
Theile Er ist einige Jahre älter, er könnte mein Vater sein. Ruhig, sehr gastfreundlich.
Götzl Was können Sie zu Herrn Müller in Bezug auf Waffen sagen? Besitzt er welche, haben Sie welche gesehen?
Theile Also Waffen? Habe ich jetzt keine gesehen, kann ich mich nicht erinnern. Es gab vor Jahren mal den Fall, dass es in seinem Bekanntenkreis eine Hausdurchsuchung gab. In Hessen war ich ja oft auf Bahnhöfen unterwegs und da hing ein Fahndungsplakat mit den sogenannten Dönermorden. In einem Gespräch sind wir mal auf die Hausdurchsuchung gekommen, ich weiß auch nicht mehr, wie wir die Verbindung gekriegt haben. Es gab da auf dem Fahndungsplakat eine hohe Belohnungssumme. Dann kam raus, dass es bei der Durchsuchung um diese Waffe gegangen sein soll, die auf dem Plakat war.
Götzl Wann haben Sie in Hessen gewohnt?
Theile Von 2005 bis zu meiner Hausdurchsuchung, 2012 glaube ich.
Götzl Wie ist bei den Ermittlungen zur Waffe die Verbindung zu Ihnen hergestellt worden?
Theile Vermutlich, weil ich den Herrn Böhnhardt mal kannte, und die Beziehung von mir zu Herrn Müller ist auch bekannt.
Götzl Wie soll ich das verstehen? Von wem ist die Verbindung hergestellt worden?
Theile Von Reportern. Die schreiben, was sie wollen. Es heißt, die Tatwaffe kam aus der Schweiz. Ich bin aus Jena, und ich kenne einen Schweizer. Deshalb sitze ich jetzt hier.
Götzl Von welcher Waffe war denn die Rede? Was haben Sie aus den Fahndungsplakaten entnommen?
Theile Es ging um die sogenannten Dönermorde. Da waren auch Waffen abgebildet.
Götzl Mir geht es darum, was Sie damals an Informationen wahrgenommen haben?
Theile Ich glaube, es waren drei Waffen abgebildet. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, welche.
Götzl Jetzt sagen Sie ja, bei Ihnen war diese Durchsuchung. Haben Sie denn jetzt mit Herrn Müller mal drüber gesprochen?
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