1.2 durch eine weitere rechtlich selbstständige Tat ein Gebäude und eine Räumlichkeit, die dem zeitweisen Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen, in Brand gesetzt und durch Brandlegung zeitweise zerstört und dabei in der Absicht gehandelt zu haben, eine andere Straftat zu verdecken, und in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen versucht zu haben, durch die Brandstiftung einen Menschen heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln zur Verdeckung einer Straftat zu töten,
2. den Angeklagten André Eminger in der Zeit vom 16. November 2000 bis 8. Mai 2009 in Chemnitz und Zwickau durch fünf selbstständige Handlungen
2.1 in zwei Fällen vorsätzlich anderen Hilfe geleistet zu haben, mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegzunehmen, die Sache sich rechtswidrig anzueignen,
2.2 vorsätzlich anderen Hilfe geleistet zu haben, aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln versucht zu haben, einen Menschen zu töten, und tateinheitlich durch Sprengstoff eine Explosion herbeizuführen und durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen verursacht zu haben und zugleich eine Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs, eines hinterlistigen Überfalls und einer das Leben gefährdenden Behandlung zu begehen, im Fall 3 durch dieselbe Handlung und in zwei weiteren Fällen
2.3 eine Vereinigung unterstützt zu haben, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (Paragraf 211 StGB) und gemeingefährliche Straftaten in dem Fall des Paragrafen 308 Abs. 1 und 2 zu begehen, die bestimmt sind, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, und durch ihre Auswirkungen einen Staat erheblich schädigen zu können,
3. den Angeklagten Holger Gerlach in der Zeit von Februar 2004 bis Mai 2011 in Hannover und andernorts durch drei rechtlich selbstständige Handlungen eine Vereinigung unterstützt zu haben, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (Paragraf 211 StGB) und gemeingefährliche Straftaten in dem Fall des Paragrafen 308 Absatz 1 und 2 StGB zu begehen, die bestimmt sind, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, und durch ihre Auswirkungen einen Staat erheblich schädigen können,
4.–5. die Angeschuldigten Ralf Wohlleben und Carsten Schultze, den Angeklagten Carsten Schultze als Heranwachsender handelnd, Ende des Jahres oder Anfang des Jahres 2000 in Jena und anderenorts vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Taten, nämlich zu neun selbständigen Fallen des Mordes, Hilfe geleistet zu haben. (Es folgt eine detaillierte Auflistung der Straftaten der terroristischen Vereinigung NSU und eine Erläuterung, welche Rolle dabei die fünf Angeklagten spielten.)
Götzl Wir kommen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten. Kommen Sie bitte ein bisschen vor, damit ich mit Ihnen reden kann, Frau Zschäpe. (Zschäpe beugt sich nach vorn und sieht den Richter an.)
Götzl Ihr Name ist Zschäpe, Ihr Vorname Beate? (Zschäpe nickt.) Geboren am 2. Januar 1975 in Jena?
Verteidiger Heer Unsere Mandantin wird keine Angaben zur Person machen.
Götzl Dann kommen wir zu Herrn Eminger. Familienname Eminger, Vorname André?
(André Eminger nickt.)
Eminger 1979 geboren. Zwickau. Zu mehr werde ich mich nicht äußern.
Götzl Dann Herr Gerlach: Familienname Gerlach, Vorname Holger?
Gerlach Ja.
Götzl Geboren am 14. Mai 1974, also heute Geburtstag?
Gerlach Ja.
Götzl Sie sind im Zeugenschutzprogramm, zu laden über das Bundeskriminalamt Meckenheim?
Gerlach Ja.
Götzl Herr Wohlleben, Vorname Ralf, geboren am 27. Februar 1975? (Wohlleben nickt.) In Jena? (Wohlleben nickt.)
Verteidigerin Schneiders Unser Mandant wird sich nicht äußern.
Götzl Carsten Schultze, geboren am 6. Februar 1980 in Neu-Delhi.
Schultze Ja.
Götzl Sie sind im Zeugenschutzprogamm. Zu laden über das Bundeskriminalamt Meckenheim. Sie sind bereit, hier Aussagen zu machen?
Schultze Ja.
Götzl Den Angeklagten steht es frei, sich zu äußern und zur Sache auszusagen. Haben Sie das verstanden? (Nicken.)
(Anschließend weist das Gericht die Befangenheitsanträge vom Tag 1 zurück, die Zschäpes und Wohllebens Verteidiger gegen drei Richter des Senats gestellt hatten.)
15. Mai 2013
Manfred Götzl, Richter. Herbert Diemer, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl, Anja Sturm, Verteidiger von Beate Zschäpe. Olaf Klemke, Nicole Schneiders, Verteidiger von Ralf Wohlleben. Johannes Pausch, Verteidiger von Carsten Schultze. Thomas Bliwier, Edith Lunnebach, Sebastian Scharmer, Reinhard Schön, Angela Wierig, Anwälte der Nebenklage.
Götzl Ladies first. Frau Rechtsanwältin Schneiders hat das Wort.
(Die Verteidigerin Nicole Schneiders beantragt in zwei langen Anträgen die Aussetzung der Verhandlung wegen Unvollständigkeit der Akten und die Einstellung des Verfahrens gegen ihren Mandanten Ralf Wohlleben wegen medialer Vorverurteilung. Dies sei ein nicht behebbares Verfahrenshindernis. Zudem seien die Geheimdienste in die angeklagten Mordstraftaten verwickelt und würden die Aufklärung nicht unterstützen. Deshalb sei ein faires und rechtsstaatliches Verfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen bemängelt sie, dass die Situation nicht genauer dokumentiert wurde, als sich Beate Zschäpe in Jena der Polizei gestellt hat. Zudem fordert sie die Beiziehung von Akten des Verfassungsschutzes Hessen. Was ihren Mandanten angeht, hätten die Medien versucht, Einfluss auf das bisher unparteiische und unvoreingenommene Gericht zu nehmen. Zschäpe sei als Nazibraut stigmatisiert worden, Wohlleben als Terrorhelfer. Seit 2011 werde ununterbrochen Stimmung durch die Medien gemacht. Journalisten hätten nur Auflagen oder Quotensteigerung im Sinn und die Vernichtung sozialer Existenzen.)
Verteidigerin Schneiders Die Opferbeauftragte der Bundesregierung spricht von rassistischen Taten, ohne den Schuldspruch abzuwarten. Es wurden bereits 900 000 Euro gezahlt an die Opfer. Der Bundespräsident empfing die Opferfamilien, es gibt Straßenumbenennungen in Erinnerung an die Opfer. Die Täterschaft von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wird als Faktum angesehen, das Wort »mutmaßlich« – Fehlanzeige. Ein faires Verfahren ist nicht möglich, denn auch die Geheimdienste sperren sich gegen eine lückenlose Aufklärung. Ein Fair Trial ist allein schon deswegen nicht gegeben, weil die Verteidiger einer Phalanx von Nebenklägern gegenübersitzen. Das Gericht ist nicht der Ort geschichtlicher Aufarbeitung. Das Verfahren hat sich nicht an den Befindlichkeiten der Angehörigen zu orientieren oder am politischen Mainstream.
Anwalt Bliwier Sie nutzen diesen Prozess zur Stimmungsmache. Geben Sie hier keine Presseerklärungen ab. Das ist heiße Luft, nicht mehr. Und es ist schon verwunderlich, dass Sie das Gericht in Ihrem Antrag als bisher eher unparteiisch und unvoreingenommen bezeichnet haben. Das hat die Verteidigung aber nicht gehindert, einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht zu stellen.
Götzl Frau Lunnebach, ich erteile Ihnen das Wort.
Verteidiger Heer Herr Vorsitzender, ich hatte mich schon früher gemeldet.
Anwältin Lunnebach Der Vorsitzende hat mir das Wort erteilt.
Verteidiger Heer Nein, ich habe jetzt das Recht zu sprechen.
(Gelächter im Gerichtssaal.)
Verteidiger Heer Es geht nicht an, dass ich etwas sage und es wird gelacht. Herr Vorsitzender, halten Sie bitte alle zur Sachlichkeit an.
(Erneutes Gelächter. Verteidiger Stahl springt auf.)
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