Mit der intensiven Beschäftigung und dem Versuch, »Gewaltfreie Kommunikation« selbst zu praktizieren, stelle ich immer häufiger fest, wie oft wir uns gegenseitig verletzen, weil wir unüberlegt oder wenig empathisch mit dem Gegenüber reden und uns über dessen Reaktion wundern (oder empören oder ärgern). Mit dem Wissen über die »Sprache des Herzens« höre ich in der Praxis der Palliativpflege die Gespräche innerhalb der Beziehungen und Familien, höre die in verletzende Worte gepackte Sprachlosigkeit und spüre die Ängste der todkranken Person und der An-/Zugehörigen. In den Beratungsgesprächen mit Klient*innen und deren Familien gelingt es nicht selten, mit »Gewaltfreier Kommunikation« Unsagbares sagbar zu machen. Und diese Möglichkeit möchte ich den Leserinnen und Lesern eröffnen, ihnen aufzeigen, dass Sprachlosigkeit mit der »Sprache des Herzens« überwunden werden kann und befreiend wirkt:
• für die todkranke, im Sterbeprozess befindliche Person,
• für die An- und Zugehörigen, aber auch
• für die Ehrenamtlichen, Pflegenden, Mediziner*innen und Theolog*innen.
»Palliative Pflegepraxis wird als ›Face-to-Face-Dimension‹ [umschrieben, als ein] Involviert-Sein, Betroffen-Sein, Berührt-Sein. Damit tangiert die Erfahrung des sterbenden Menschen auch stets das Erleben und somit die Persona, das Person-Sein, vom professionell Begleitenden […]. […] [Aber es kommt anscheinend] zu einer Divergenz von Profession und Persona: Während der professionellen Pflegefachperson eine ›Verobjektivierung‹ von Situations(deutung) und Verhalten zugeschrieben wird, wird angenommen, dass auf der anderen Seite ihre Persona eine subjektive Deutung vornimmt und so erspürte Bedürfnisse sterbender Menschen subjektiv beantwortet. Im Rückschluss ist die Face-to-face-Beziehung […] von Fremd- und Betroffen-Sein gekennzeichnet und damit ebenso als notwendige Selbstpflege von professionell Pflegenden zu erbringen.« (Schulze 2014, S. 36f.)
Mit anderen Worten: Die Kommunikation zwischen den Beteiligten muss oder sollte für beide »gut sein«:
»[…] dass ich sagen kann, […], das war für mich auch gut. Auch so eine Begleitung für mich, kostet mich ja Kraft, aber sie muss auch für mich gut sein, wenn ich sehe, ich konnte da einen Schritt weit was bewirken, dass alle aus der Situation gut herausgehen.« (Schulze 2014, S. 37)
Gewaltfreie Kommunikation leistet aus meiner Sicht einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum »Sorge tragen«, denn sich um den Anderen (und sich selbst) (Selbstpflege nach Orem, Cavanagh 1997, Neumann-Ponesch 2011, Moers & Schaeffer 2011) zu sorgen, bedeutet »das Wachstum des Anderen (und sich selbst) zu ermöglichen« (Maio 2019, S. 222). Sorge bedeutet aber auch, »die Unmittelbarkeit ernst zu nehmen, […] sie ist und bleibt in jeder unmittelbaren Begegnung ein Werkstück, das immer wieder neu entworfen und abgestimmt werden muss« (ebd., S. 222) und sie ist »(über-)lebensnotwendig, denn nur die Sorge kann dem hilfsbedürftigen Menschen das Gefühl der Achtung vermitteln und zum Ausdruck bringen, dass man ihm beisteht.« (ebd., S. 224)
Wenn dieses Buch bei Ihnen, liebe Leser*innen, die Idee aufkeimen lässt, dass mit der »Gewaltfreien Kommunikation« vielleicht ein Bruchteil dessen verwirklicht werden kann, was gemeinhin als »umfassende Pflege«, als »empathische Unterstützung« oder einfach als »Menschsein« verstanden werden kann, dann erfüllt es seinen Zweck.
Wir leben in einer medialen Welt und so habe ich vereinzelt Hinweise auf im Internet verfügbare Videos eingefügt, die entweder einen Sachverhalt noch einmal »anders« erklären oder aber wichtige Persönlichkeiten vorstellen, auf die ich in diesem Buch besonders eingehe (z. B. Kübler-Ross u. a.).
Für Beratung bei einzelnen Themen danke ich Pastor Nils Christiansen (Christentum) und Rabbi Dr. Walter Rotschild (Judentum), Herrn Dr. Tobias Altmann, der sich wissenschaftlich mit der »Gewaltfreien Kommunikation« auseinandergesetzt hat, für die kritische Durchsicht des Manuskriptes und sein wohlwollendes Geleitwort und Frau Pastorin Kirsten Fehrs, Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche Norddeutschlands, für die Bereitschaft, das Manuskript zu lesen und ein Geleitwort zu verfassen. Ein besonders herzlicher Dank gilt Jai Wanigesinghe für die wunderbaren Abbildungen, sein Engagement für das Thema und für seinen überbordenden Ideenreichtum, auch komplexe Themen umzusetzen. Diese Abbildungen sind in den Seminaren immer besonders beliebt und helfen, Zusammenhänge noch besser zu verstehen.
Auch in dieser Arbeit ist mir wieder bewusst geworden, wie sehr ein gutes Lektorat hilft, verworrene Sätze zu entknoten und so zu formulieren, dass das geschriebene Wort für alle verständlich ist – mein Dank gilt daher auch und in besonderer Weise meiner Lektorin Frau Anne-Marie Bergter vom Kohlhammer Verlag.
Ein Letztes: Ich schreibe als Gesundheits- und Krankenpfleger und deshalb beziehe ich in diesem Text häufig diese Berufsgruppe ein, was aber nicht bedeuten soll, dass die anderen Personen, die sich um die Palliativbetreuung verdient machen, nicht gemeint wären.
Klaus-Dieter Neander |
Hamburg, im März 2021 |
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