Olaf (schweigt) .
Gert. Erzitterst du?
Olaf. Du gehst zu weit, Gert!
Gert. Der Tag wird kommen, da man mich Papist nennen wird! Ziele nach dem Himmel und du triffst den Waldessaum!
Olaf. Kehre um, Gert! Du bringst Unglück über dich selbst und das Reich! Siehst du nicht, wie das Land noch im Wundfieber seit den letzten Kriegen erbebt, und doch willst du Bruderkrieg säen – das ist gottlos!
Gert. Nein, das Messer steckt nun einmal im Fleische – schneide zu, dann kann der Körper gerettet werden.
Olaf. Ich gebe dich als Landesverräter an!
Gert. Es frommt dir nicht, solches zu tun, du, der heute für ewig mit der Kirche gebrochen hat! Und übrigens –
Olaf. Sprich aus, Gert! Du siehst in diesem Augenblicke wie der Satan aus.
Gert. Du sollst mein Geheimnis erfahren; gebrauche es, wie du willst! Siehst du, der König reist heute nach Malmö; übermorgen ist Stockholm in Aufruhr.
Olaf. Was sagst du?
Gert. Kennst du Rink und Knipperdollink?
Olaf (entsetzt) . Die Wiedertäufer?
Gert. Ja! Warum so erschrocken? Das ist ja nichts weiter, als lumpiges Bürgerpack. Ein Kürschner und ein Krämer, die den Nutzen der Taufe an einem vernunftlosen Kinde leugnen und einfältig genug sind, sich einem vorsätzlichen Meineid zu widersetzen, der einem unvernünftigen Wesen abgezwungen wird.
Olaf. O, es handelt sich um noch mehr!
Gert. Was sollte das sein?
Olaf. Sie sind besessen.
Gert. Vom Geiste, ja! Es ist der Sturm, der durch sie ruft! Hüte dich, dazwischen zu treten!
Olaf. Das muß verhindert werden! Ich gehe zum König.
Gert. Olaf! Wir sollten Freunde sein! Deine Mutter wohnt doch in Stockholm?
Olaf. Das weißt du ja.
Gert. Weißt du, daß meine Tochter Christina bei deiner Mutter wohnt?
Olaf. Christina?
Gert. Ja, bis auf weiteres. Siegen wir, wird deine Mutter um meiner Tochter willen sicher sein, siegen die Katholischen, ja, dann ist meine Tochter um deiner Mutter willen sicher. Und du fürchtest ja für Christina?
Olaf. Gert! Gert! Wo bist du so klug geworden?
Gert. Im Irrenhause!
Olaf. Verlaß mich! Du stürzest mich ins Unglück!
Gert. Ja, wenn es ein Unglück ist, alles irdischen Glückes beraubt, ins Gefängnis geworfen zu werden, Armut zu erleiden, gehöhnt und verspottet zu werden – um der Wahrheit willen . Dann verdienst du ein so großes Unglück nicht. Ich glaubte, du würdest mich verstehen, ich baute auf deine Hilfe, denn du hast noch Feuer in dir, aber ich sehe, daß die Welt dich lockt; geh mit dem Strome und werde glücklich!
Olaf. Ein Mann kann nicht seine Zeit umschaffen!
Gert. Luther tat es doch!
Olaf. Man kann sich nicht dem Strom entgegenstellen!
Gert. Tor! Leite den Strom, denn der Strom – das sind wir; die Alten sind stillstehende Sumpflöcher, gegen sie brauchst du wahrlich nicht zu streiten; aber laß sie nicht in Fäulnis übergehen oder austrocknen; schaffe ihnen Abfluß, und auch sie werden mitströmen!
Olaf. O, ich verstehe dich; du hast einen Gedanken in meiner Seele erzeugt, aber ich muß ihn bei der Geburt erwürgen, sonst tötet er mich!
Gert. Glaube mir, du sollst ein Daniel werden, der den Fürsten die Wahrheit sagen soll, und sie werden dir nach dem Leben trachten, aber der Herr wird dich beschützen. Nun gehe ich ruhig von hinnen, denn ich sehe die Flamme in deinem Auge leuchten und die Feuerzunge über deinem Haupte sich regen. Frohe Pfingsten, Meister Olaf! (Im Abgehen.) Hier kommen die Fliegen des Königs; laß sie nicht deine reine Seele beschmutzen!
Olaf. Jesus hilf mir!
Bischof Hans Braskund Bischof Mogens Sommar (treten auf) .
Olaf. Bischof Brask und Bischof Mogens. Mogens geht zu Olaf hin; Brask hält sich zurück und betrachtet die Umgebung.
Mogens (zu Olaf) . Kanonikus! Wer hat zur Vesper geläutet?
Olaf (sanftmütig, aber fest) . Das habe ich getan!
Mogens. Kanntet Ihr nicht den Befehl?
Olaf. Das Verbot kannte ich wohl!
Mogens. Und Ihr habt es gewagt zu trotzen?
Olaf. Ja! Als das Volk losgelassen wurde, wie das Schaf ohne Hirten, habe ich es sammeln wollen!
Mogens. Ihr tadelt unsere Handlungen, glaube ich? Ihr seid in Wahrheit tollkühn.
Olaf. Die Wahrheit ist stets tollkühn.
Mogens. Ich glaube, der junge Mann möchte den Wahrheitszeugen spielen; dafür werdet Ihr keinen Dank erhalten!
Olaf. Ich begehre nur Undank.
Mogens. Geht mit Euren Wahrheiten sparsam um; sie sind nicht mehr im Handel.
Olaf (heftig) . Ein Rat, des Vaters der Lüge würdig! – (Mild.) Vergebt mir!
Mogens. Wißt Ihr, mit wem Ihr redet?
Olaf (erregt) . Mit servus servi servorum Mogens Sommar!
Brask (hinzukommend) . Wer ist der Mann?
Mogens. Er gehört zu den Dienern der Kirche.
Brask. Wie heißt er?
Mogens. Olaf Pederson, alias Olaus Petri.
Brask (blickt Olaf scharf an) . Bist du Meister Olaf?
Olaf (verneigt sich und blickt Brask an) .
Brask. Du gefällst mir. Willst du mein Sekretarius sein?
Olaf. Ich danke Euer Gnaden, aber ich habe kein Zeugnis.
Brask. Bischof Mogens! Was sagt Ihr?
Mogens. Er soll von Doktor Luther sehr gerühmt worden sein.
Brask. So habe ich gehört! Jugendlicher Übermut, weiter nichts! Wir werden ihn erziehen!
Olaf. Ich fürchte, es ist zu spät dazu!
Brask. Junge Weiden biegen sich!
Mogens. Euer Gnaden werden doch nicht eine Schlange an Ihrem Busen nähren wollen. Unser Kanonikus neigt stark zur Ketzerei hin und hat heute gewagt, sich unserm Befehl zu widersetzen.
Brask. So?
Mogens. Wir proklamierten aus vollgesetzlichen Gründen Ausfall der Messe, und er hat sich vermessen, Messe abzuhalten, und was schlimmer ist: eine lutherische Messe, und dadurch das Volk erregt.
Brask. Hüte dich, junger Mann! Weißt du, daß der Bann den trifft, der Luther verkündigt?
Olaf. Das weiß ich! Aber ich fürchte keinen andern Gott, als Gott!
Brask. Überlege deine Worte! Ich wollte dein Wohl, und du stößt mich zurück!
Olaf. Ihr wolltet meine Kraft erkaufen, um eure sieche Sache zu erretten, und ich war frech genug, mich nicht verkaufen zu wollen.
Brask. Ich glaube, beim heiligen Georg, du bist von Sinnen.
Olaf. Wenn es so ist, so gebraucht nicht dieselbe Kur gegen mich, wie gegen Gert Bokprenter, den Ihr ins Irrenhaus einsperren ließt. Er wurde dort zu klug, fürchte ich.
Brask (zu Mogens) . Kennt Ihr Gert?
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