1 ...6 7 8 10 11 12 ...15 Seit ungefähr zwei Jahrhunderten denken und beschreiben wir die Welt stofflich, Jahrtausende vorher hat man die Welt (hypothesen- und modellfrei) prozessual beschrieben. Die konkrete Ausführung der Beschreibung von Prozessen und Qualitäten sind die Vier-Elemente-Lehre und die Tria Principia. 16Der Begriff der Qualität, wie er heute verwendet wird, entspricht dem Quantitätsbegriff. Die eigentliche Bedeutung des Qualitätsbegriffes beschreibt Garvin 17und schildert damit auch genau das Problem. Wir leben heute in einer Welt von Maß, Zahl und Gewicht. Durch diese Brille schauen wir auf die Welt und setzen gleich, was nur vergleichbar ist, in Bezug auf den Corpus – wir beschreiben damit die äußere Form, nicht aber den Inhalt, und gehen dabei aber davon aus, dass die Form den Inhalt definiert. – Aber selbst eine noch so genaue Analyse des Papiers und des Buchformats wird nie den geschriebenen Textinhalt und noch weniger die Gedanken zwischen den Zeilen exakt beschreiben.
»Wie ihr es nun vom Golde gehört habet, in der gleichen Weise sollet ihr es auch von den allen anderen Metallen verstehen, dass ihr kein metallisches Arcanum oder eine metallische Arznei in den Körper bringen sollet, es sei denn, dass es vorher flüchtig gemacht wurde und nicht mehr ein Metall werden kann.«
PARACELSUS, BD. III: 255

Steffan Michelspacher, Cabala , 1616.
Das Bild stellt den alchemistischen Prozess der Metallaufschließung dar. Sieben Stufen führen zum Palast mit sieben Fenstern von Königin (Mond) und König (Sonne), der eine Blume mit drei Blüten in der Hand hält (Trinität). Die Planetenprinzipien stehen links und rechts auf dem Berg, ganz oben ist Hermes auf seinem sechseckigen Sockel. Die Elemente und Sternzeichen bilden den Himmel.
Im unteren Bildteil sieht man eine Figur mit verbundenen Augen (der Ignorant), während ein anderer die Hasen beobachtet, die ins Innere der Erde schlüpfen (Wissender). Paracelsus hierzu: »Wer nun diese sieben Staffeln und Stiegen geht, der kommt an einen so wunderbaren Ort, wo er viele Geheimnisse bei der Verwandlung aller natürlichen Dinge sieht und erfährt.« (Paracelsus, Bd. III: 259ff.)
• Calcination,auch Reverberation und Zementation: Durch starkes Feuer werden die körperlichen Dinge zu Kalk und Asche. Alle Oxidationsvorgänge bilden Aschen. Die Form ist dann zerstört, es ist aber noch lange nicht subtil. Beim Verkohlen bleibt die Form erhalten, beim Veraschen geht sie verloren.
• Sublimation,auch Exaltation, Elevation und Fixation: Der Destillation nicht ungleich; scheidet das Geistige vom Körperlichen, das Flüchtige vom Festen, das Reine vom Unreinen.
• Solution/Lösung,auch Dissolution, Resolution: eine in der Kälte, eine in der Wärme (durch Feuer). Dieser Grad folgt oft auf die Sublimation und Destillation der Materie, welche am Boden liegen bleibt. Hier hat die Alchemie eine Vielzahl von Prozessen und Lösungsmitteln entwickelt, die man sich mit heutigem naturwissenschaftlichem Denken nur schwer bis gar nicht erklären kann.
• Putrefaction/Fäulnis,auch Digestion und Zirkulation: Die Fäulnis hat so große Wirkung, dass sie die alte Natur verzehrt und alle Dinge in eine neue und andere Natur verwandelt. Putrifikation wird für praktisch jede Form von Auszug (heute eher Mazeration) oder Vergärung verwendet.
• Destillation,auch Aszendieren, Lavieren, Imhibieren, Kohobieren, Fixieren: Durch die Destillation werden alle Wässer, Flüssigkeiten und Öle subtil – es verändert das Wesen. Hier wird die Reinigung der Salze beschrieben. Bei der Destillation geht es zum einen um die Trennung in die Tria principia, aber auch um die Trennung von Ethanol, Methanol und Wasser. Es geht jedoch auch darum, den Stoff subtiler (geistiger) zu machen und ihn zu energetisieren.
• Koagulation(heißer oder kalter Weg), Anreicherung
• Tinctur/Färben,Tingieren – Veredelung, auch Multiplicatio (Anreicherung). Eigentlich ist eine pflanzliche Urtinktur gefärbt und damit nicht destilliert. Hier ist der Begriff aber als 7. Stufe in einem etwas anderen Sinne gebraucht. Siehe Quinta Essentia unter Aurorapharma.
Der wässrige Weg, die Via humida
Lösungen
Die einfachste Form, ein aufnahmefähiges Arzneimittel herzustellen, ist eine »Lösung«. Als Lösung bezeichnet man ein homogenes Gemisch aus mindestens zwei Stoffen. Das Auflösen selbst ist ein physikalischer Vorgang.
Eine Lösung besteht aus mindestens einem gelösten festen, flüssigen oder gasförmigen Stoff (Solvat) und aus dem den größten Teil der Lösung ausmachenden, in der Regel flüssigen Lösungsmittel (Solvens), das seinerseits wiederum eine Lösung sein kann. Jeder Pflanzenauszug (Tinkturen, Sirupe, Elixiere), aber auch Auflösungen von wasserlöslichen Salzen in Wasser stellen schlussendlich eine Lösung dar.
Bei Metallen gibt es keine Lösungen, es sei denn, die Natur hat die Lösungsvorgänge schon vollzogen. Als Beispiel kann man das »Levico stark«-Wasser sehen. Das ist Wasser aus einer Quelle in der Nähe von Trento in Südtirol, die in einem ehemaligen Bergwerk entspringt. Durch die Zusammensetzung des Gesteins schließt das Wasser das Gestein auf, und es entsteht ein komplexes Metallgemisch mit den Hauptanteilen Eisen, Kupfer und Arsen. In Levico Terme werden Bäderkuren angeboten, als Arzneimittel ist das Wasser in potenzierter Form bei Wala und Weleda erhältlich (vergleiche das Kapitel zu Eisen, Seite 169).
Herstellung einer Potenz im flüssigen Medium.
Flüssige Potenzierung
In erster Linie könnte man vermuten, dass die flüssige Potenzierung eine einfache Lösung darstellt, weshalb sie oft auch Verdünnung genannt wird. Samuel Hahnemann 18lehnte diesen Begriff aber ab, er schreibt im Organon § 269: »Man hört noch täglich, dass die homöopathischen Arznei-Potenzen bloß Verdünnungen genannt werden, dabei sind sie doch genau das Gegenteil derselben. Sie sind wahre Aufschließung der Natur-Stoffe und Zu-Tage-Förderung und Offenbarung der in ihrem inneren Wesen verborgen gelegenen, spezifischen Arzneikräfte. Dies wird durch Reiben und Schütteln bewirkt, wobei ein zu Hilfe genommenes, unarzneiliches Verdünnungs-Medium bloß als Neben-Bedingung hinzutritt. Verdünnung allein, zum Beispiel die der Auflösung eines Grans Kochsalz, wird schier zu bloßem Wasser; das Gran Kochsalz verschwindet in der Verdünnung mit vielem Wasser und wird nie dadurch zur Kochsalz-Arznei, die sich doch zur bewundernswürdigsten Stärke durch unsere wohlbereiteten Dynamisationen erhöht.«
Hahnemann verweist hier auf die wichtigsten Kriterien des Potenzierens. Schrittweise Verdünnung und kräftiges Schütteln oder Reiben in einem Medium. Aber warum muss das so erfolgen?
Durch die stufenweise Verdünnung des Stoffes und der Fixierung der Kraftfreisetzung durch das Schütteln der Potenz verliert sich die Kraft nicht, sondern wird vielmehr gesteigert. Es entspricht also dem alchemistischen Weg aus den kalten Elementen hin zu den warmen.
Damit man Feststoffe wie Metalle in einem flüssigen Medium potenzieren kann, muss man diese in einen anderen Aggregatszustand überführen. Hierzu dienen verschiedene Methoden, wie die Verreibung bis zur D6 in Milchzucker – ab dieser Potenzstufe kann man in einem flüssigen Medium weiterpotenzieren –, oder man nimmt beispielsweise Säuren als Lösungsmittel, wie weiter unten noch aufgeführt wird.
Читать дальше