Kohobation (Phönix Laboratorium, Soluna)
Conrad Johann Glückselig 19, der Gründer der Phönix Laboratorien, schloss Metallsalze über Kohobation auf. Dieses Verfahren ist im HAB 20beschrieben und trägt die Zusatzbezeichnung »spag. Glückselig«.
Kohobieren (von lat. cohobare) ist ein Prozess der wiederholten Destillation. Dabei destilliert man eine Flüssigkeit in einem Destillierkolben von einem Feststoff ab und gießt diese anschließend wieder in den Kolben zurück, um erneut abzudestillieren. Dieser Prozess wird viele Male wiederholt. Ziel ist es, den Rückstand immer weiter aufzuschließen, subtil zu machen und das Destillat zu energetisieren. Die Mineralsalzdestillate sind zu beziehen über Phönix Laboratorien oder Heidak.
Beide Firmen benutzen dieses Verfahren der Kohobation aber auch bei echten Lösungen. Im Ferrum spag. setzt die Firma Phönix das Ferrum chloratum solutum 21in Dil. D3 ein. Die Firma Heidak verwendet wiederum unter anderem das Argentum colloidale und verarbeitet es mittels mehrfacher rhythmischer Kohobation und vorhergehender Rhythmisierung 22zu Argentum colloidale spag. Glückselig in D6.
Herstellung von Antimonpräparaten mittels Kohobation in der Firma Soluna.
Eine vereinfachte Kohobation lässt sich durchführen, indem der Destillierkolben mit einem Rückflusskühler versehen wird, durch den ein Teil der abgedampften Flüssigkeit wieder kondensiert und in den Kolben zurückfließt. Dieser Prozess wird Zirkulation genannt. Ein spezielles Gefäß dafür ist der Pelikan.
Übertragung einer Flüssigkeit (hier Methylenblau) auf Globuli.
Die Firma Soluna verwendet noch ein ganz eigenes Aufschlussverfahren beim Antimonit in den Solunaten Nr. 3 Azinat, Nr. 6 Dyscrasin, Nr. 7 Epidemik und Nr. 18 Splenetik. Dieses Verfahren ist ebenfalls im HAB (Vorschrift 56) beschrieben und trägt den Zusatz »spag. von Bernus« (vergleiche das Kapitel zu Antimon S. 259).
Beim Antimondestillat A gibt man Antimonit (Antimonsulfid) und Natriumnitrat (Chilesalpeter) in Wasser und destilliert, beim Antimondestillat B wird dagegen Antimonit in Ethanol gegeben und destilliert. Ist der Destillationsvorgang abgeschlossen, wird der Rückstand jeweils mit neuem Medium aufgegossen. Das Übergießen des Rückstandes zeigt das Bild einer klassischen Kohobation, die Verwendung eines neuen Mediums entspricht jedoch einer Perkolation 23. Dieser Vorgang wird zwölfmal durchgeführt. Danach werden die zwölf Fraktionen (das heißt die entstandenen Destillate) jeweils vereinigt.
Diese beiden Antimondestillate bilden sowohl ein tingiertes 24Auszugsmedium als auch einen Wirkstoff für andere mineralische Bestandteile oder homöopathische Dilutionen. Die jeweiligen Mischungen werden 7 Tage bei 37 Grad Celsius digeriert 25und rhythmisiert.
Kolloide
Der Hauptunterschied zwischen einer Lösung und einem Kolloid besteht darin, dass die Teilchen in einem Kolloid oft größer sind als die gelösten Teilchen in einer Lösung. Darüber hinaus sind Lösungen im Vergleich zu Kolloiden, die auch als heterogenes Gemisch vorliegen können, völlig homogen.
Kolloide kann man auf unterschiedliche Arten herstellen. Entweder man reduziert beispielsweise ein Goldsalz mittels Natriumcitrat. Die sich bildenden Goldteilchen sind so klein, dass ihr Durchmesser in einer Größenordnung von etwa 13–150 Nanometern liegt. Die Oberfläche des Goldkolloids ist positiv polarisiert. Um die positive polarisierte Oberfläche zu stabilisieren, umgibt sich das Kolloid mit Citrat-Molekülen und ist dadurch stabil, oder man benutzt Eiweißstoffe 26als Schutzkolloid. Diese Verfahren finden sich in alten Arzneibüchern und alchemistischen Darstellungen als Aurum potabile 27. Allerdings in einer weniger chemisch anmutenden, aber doch sehr identischen Beschreibung.
Kolloidales Gold (Bild links). Die Farbe erinnert an Blut und zeigt die Verbindung zu roten Pflanzenauszügen wie Johanniskraut (Bild rechts).
Diese Art der Darstellung des Aurum potabile findet sich heute im HAB als Auri solutio colloidalis und wird unter anderem von der Firma Remedia vertrieben. Auch die Firma Hevert setzt Aurum colloidale im Gingko biloba comp. ein – zur Behandlung von Herzleiden.
Die Firma Soluna verwendet Argentum colloidale in Solunat Nr. 4 (Cerebretik), zusammen mit Silbercitrat und kolloidalem Kupfer nach einer Rezeptur von Alexander von Bernus in Solunat Nr. 16 (= Renalin).
Mit der heute gängigen Herstellung kolloidaler Silber- und Goldlösungen mittels eines elektrochemischen Verfahrens haben die alchemistischen Aufschlüsse aber nicht viel zu tun. Sie stellen im naturphilosophischen Sinn keinen wirklichen Aufschluss im Sinne der Elementenlehre dar, sie sind einfach nur Corpus. Diese Kolloidlösungen stellt man mittels Elektrolyse her. Durch zwei Elektroden, die aus dem herzustellenden Element bestehen, wird ein elektrischer Gleichstrom in eine leitfähige Flüssigkeit geführt. Am besten eignet sich dafür destilliertes Wasser (die Leitfähigkeit wird durch Erhitzung erreicht). Dabei entstehen Metallpartikel und Metallionen. Diese sind bei zu häufiger Einnahme toxisch und führen zu Argyrie 28.
Die im HAB ausgeführten Kolloide werden aber auch noch potenziert und sind daher ungiftig. Monografien im HAB gibt es heute nur noch zu Aurum colloidale und Argentum colloidale. In den alten Arzneimittellehren von Mezger und Boericke 29finden sich aber noch viel mehr Metalle in kolloidaler Form. Plumbum colloidale ist bei Arcana noch erhältlich.
Chemische Verbindungen
Ein weiterer mineralischer Bestandteil, den beispielsweise die Soluna im Solnat Nr. 5 Cordiak einsetzt, ist Aurum chloratum, auch Tetrachlorogoldsäure genannt. Es ist eine chemische Verbindung von Gold und Chlor. Die einfachste und wichtigste Gewinnungsart von Tetrachlorogoldsäure ist die Auflösung von elementarem Gold in Königswasser 30, einer Mischung aus Salz- und Salpetersäure. Ein anderes Beispiel ist die Auflösung von Silber in Salpetersäure zu Silbernitrat (Argentum nitricum). 31
Hierbei ist zum Verständnis wichtig, dass die Auflösung eines Metalls in einer Säure kein wie bisher beschriebener Lösungsvorgang ist, da hierbei eine chemische Reaktion auftritt.
Wir haben also bisher vier Aufschlussarten beschrieben: die Kohobation, die echte Lösung, die Kolloide und die chemische Umwandlung durch Lösen in Säuren. Diese Aufschlussarten können einzeln oder in Kombinationen, mit und ohne rhythmischen Prozess durchgeführt werden.
Chymiatrie oder Iatrochemie
Hier finden wir den Übergang der früheren Alchemie zur heutigen Chemie. Viele der heute noch gängigen chemischen Verbindungen wie Silbernitrat gibt es schon sehr lange, sie sind aus den Forschungen der Alchemisten hervorgegangen, deshalb sehen heute Chemiker die Alchemie als reine Vorstufe der Chemie und Paracelsus als ihren Stammvater. Dabei war sie weit mehr als das. Wie in der Einführung beschrieben, mussten alle Naturreiche in einer Stufenfolge durchschritten werden. Der tote Stoff, das Mineral, ist dem menschlichen Körper nicht mehr verwandt. Es muss erst mittels der vier Elemente und der drei Prinzipien dem Körper wieder angenähert und bioverfügbar gemacht werden.
Goldchlorid, Firma Soluna.
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