Silber wird in Salpetersäure gelöst – unter Bildung nitroser Gase, dem Niter 39der Alchemisten. Aus der so entstandenen Silbernitratlösung wird Silber im Marienbad 40mittels Seignettesalz 41zu seiner reinen Form, elementarem Silber, reduziert. Dieses lagert sich an der Gefäßwand an und bildet somit einen Spiegel. Durch diesen Vorgang verliert das Silber seine Dreidimensionalität. Es verliert den Raum und nimmt einen zweidimensionalen Zustand ein. (Derartige Spiegel kann man aus Gold, Silber und Kupfer herstellen. 42) Es wird nun von der Gefäßwand geschabt und mittels homöopathischer Verreibung potenziert. Die Präparate tragen den Zusatz »praeparatum«. Diese Art der Spiegelbildung entspricht im Prinzip der Spiegelbildung auf dem trockenen Weg, verbleibt aber im wässrigen Element.
Da diese Spiegelbildung nur bei sehr edlen Metallen funktioniert, sind diese Spiegel ausschließlich für die Gold-, Silber-, und Kupfersalben von Weleda erhältlich. Für die innere Anwendung werden die destillierten Spiegel eingesetzt.
Silberspiegel, den man auf dem feuchten Weg gewinnt; bei Weleda werden diese zur Salbenherstellung verwendet.
Der trockene Weg, die Via sicca
Homöopathie und Verreibung
Die Homöopathie nutzt als »trockenen« Weg die Verreibung oder Trituration. Man verreibt 1 Teil einer pulverisierten Substanz mit 9 Teilen Milchzucker in einer Porzellanreibschale eine Stunde lang. Dabei gliedert sich die Stunde in drei 20-minütige Zeitanteile, bei denen jeweils 3 Teile Milchzucker (Lactose) zugefügt werden. Man beginnt also mit 1 Teil Substanz und drei Teilen Milchzucker, nach 20 Minuten erfolgt die nächste Gabe Milchzucker und nach weiteren 20 Minuten der 3. Anteil. Die 20 Minuten gliedern sich jeweils wiederum in 6 Minuten Reiben und 4 Minuten Auflockern und Abschaben der Mischung. Dabei erfolgt ein stufenweiser Aufschluss der Substanz. Eigentlich beginnt der Aufschluss, wie oben schon beschrieben, bereits bei der Zerkleinerung der Substanz. In der alchemistischen Aufbereitungsart wird zusätzlich zum Zerkleinern und Verreiben noch calciniert, das heißt erhitzt und abgeschreckt, um das harte Gestein mürbe zu machen, oder um beim Metall einen Kalk (calx) zu erzeugen, ein Oxid. Das Gestein soll subtil werden.
Bei der homöopathischen Verreibung handelt es sich nicht um eine Mischung von Milchzucker mit Substanz, genauso wenig wie es sich bei der Potenzstufe um eine reine Verdünnung handelt. Der Stoff muss unter Beigabe eines Verreibemediums (Lactose) zerrieben werden. Durch die Formzerstörung kommt es zur Kraftfreisetzung 43. Das anliegende Trägermedium hat die Aufgabe, diese in dem Moment aufzufangen und zu fixieren.
Zinnober als Trituration (Verreibung eines Feststoffes in Milchzucker). Mit fortlaufender Potenzierung verliert die Trituration ihre Farbigkeit.
Ein Potenziermedium muss möglichst wenig Eigenwirkung besitzen, aber die Fähigkeit haben, die Kraft der Substanz aufzunehmen und weiterzugeben: mit anderen Worten: Es muss ein idealer Merkur (Vermittler) sein. Den idealsten Merkur stellt das Wasser dar, aber auch Milchzucker (Lactose-Monohydrat) ist aufgrund seines Kristallwassers 44dazu ideal geeignet.
Diese trockene Form der Potenzierung wird von den meisten Firmen heutzutage nur bei nicht-löslichen Stoffen angewandt. Möchte man den Übergang ins Flüssige vollziehen, muss man bis zur D6 verreiben; erst dann fällt kein Corpus mehr aus.
Die Verreibung ist ein einfaches, aber aufwendiges Verfahren, weshalb nur noch wenige Firmen wie Wala, Weleda (teilweise), Gudjons, Dr. Zinsser dies von Hand ausführen, meistens werden Verreibemaschinen oder Kugelmühlen zum Einsatz gebracht.
Die Einfachheit des Verfahrens hat zum einen den Vorteil, dass keine aufwendigen Lösemittel gesucht werden müssen, die wiederum den eigentlichen Wirkstoff beeinflussen. Verreibe ich ein Gold bis zur D6, habe ich eine relativ unbeeinflusste Wirkung des Goldes. Löse ich das Gold vorher in Königswasser, also in einer Säure, und potenziere dann im Flüssigen bis zur D6, habe ich eine Tingierung der Säure mit dem eigentlichen Wirkstoff. Die Wirkung verschiebt sich in Richtung der Astralität 45der Säuren.
Neue Stoffe durch Alchymiam
Am Anfang stehen hier diverse Legierungen wie Elektron (Gold, Silber und Kupfer), das Cupro Stibium (Kupfer und Antimon von Weleda; alchemistisch auch der Regulus der Venus genannt) und Aurum amalgamum (Gold und Quecksilber von Weleda). Einen ähnlichen Weg, auch wenn es sich nicht um eine Legierung handelt, beschreitet die Herstellung von Plumbum silicicum (Weleda), eine Zusammenschmelzung von Cerrusit (Bleikarbonat) mit Quarz, die eine Art grünliches Glas bildet und die Wirkungsausrichtung des saturnalen Bleis in den Nerven-Sinnes-Bereich bringen soll (zum Beispiel bei Pollinose).
Eine weitere dieser ungewöhnlichen »Kompositionen« stellt das sogenannte Honigblei (Plumbum mellitum von Wala und Weleda) dar. Hier wird Blei in eine Wabenform gegossen. In diese Wabe werden Bohrlöcher eingebracht und mit Honig gefüllt, die Wabe wird verdeckelt und geraspelt und danach mittels Verreibung potenziert. Aus diesem Honigblei wird eine weitere Wabe gegossen, mit Rohrzucker gefüllt, verdeckelt und geraspelt. Somit wird den seelischen Kräften (Honig) und dem Ich (Rohrzucker) der Weg gewiesen, wie sie mit den saturnalen Alterungskräften (Blei) umzugehen haben – mit anderen Worten ist es ein ideales Mittel, um Alterungserscheinungen vorzubeugen und um degenerative Stoffwechselprozesse zu behandeln.
Herstellung von Plumbum silicicum aus einem Schmelzprozess von Cerussit und Quarz. (Fotos: Wolfram Engel) 46
Denselben Vorgang kann man auch mit dem Zinn (Stannum) durchführen. Bei Stannum mellitum (Honigzinn von Weleda) ändert sich die Wirkrichtung in Richtung Multipler Sklerose und Arthrose.
Kephalodoron
Ein weiteres interessantes Mittel aus der Gruppe der Aufarbeitungen auf dem »trockenen Weg« stellt das Kephalodoron von Rudolf Steiner dar. Die Originalangabe lautet: 2 Teile Vitriol 47, 1 Teil Honig, ½ Teil calcinierter 48Kieselstein, Wein heiß gemacht und abgekühlt, stoßen, erwärmen und abdestillieren; dann den Rückstand verwenden.
Weleda geht heute so vor, dass sie die Schwefelsäure aus dem Pyrit FeS 2gewinnt und damit das Eisen aus dem Siderit FeCO 3zu Eisensulfat (Vitriol) reagieren lässt. Dieses wird mit Honig gründlich vermischt, und anschließend wird der erwärmte und abgekühlte Wein zugegeben. Danach folgt der pulverisierte, geglühte Quarz. Diese Masse wird mehrere Stunden bei 37 Grad Celsius digeriert und danach alles Flüchtige abdestilliert. Die übrig gebliebene Masse, das Sal, wird entweder weiter potenziert oder mit Lactose auf eine entsprechende Konzentration eingestellt und in Kapseln abgefüllt. Ferrum/Quarz-Kapseln stellen ein tiefgreifend wirksames Mittel bei stoffwechselbedingter Migräne dar. Der Schwefel in Verbindung mit dem Kiesel und dem Honig verweisen auf diese Indikation.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass man heute weiß, dass der Quarz bei Erwärmung eine andere Struktur annimmt. Er wandelt sich vom Tiefquarz in den Hochquarz um und bei weiterem Erhitzen zum Hoch-Tridymit und weiter zum Hoch-Cristobalit; dabei wandelt er mehrfach sein Kristallsystem von trigonal zu kubisch. Interessanterweise nimmt dabei seine Dichte ab. Dieser Vorgang ist prinzipiell reversibel. Kühlt man hingegen den Hoch-Trydimit schnell ab, kann keine Rückverwandlung über den Hochquarz in den Tiefquarz stattfinden. Es entsteht ein sogenannter Tief-Tridymit. Dieser hat dann eine pseudohexagonale Gestalt, aber ein rhombisches Kristallgitter. 49
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