»Sagen wir einmal, dass ich Ihre Lage verstehe. Sagen wir, dass das nichts Neues ist. Sagen wir weiter, dass es nicht leicht ist, einen Fall, der bei einem Beamten in einer gewissen Position liegt, von diesem überwiesen zu bekommen, es sei denn, dieser Beamte wünschte das selbst. So die allgemeine Regel. Ich spreche hier selbstverständlich nur ganz allgemein«, Shaw sog sich wieder die Lungen voll, »und so sicher ist meine Stellung nicht, dass ich mich hier über die Motive in einzelnen Fällen auslassen könnte.«
»Selbstverständlich.«
»Und nichts von dem, was ich sage, darf als Kritik an irgendeinem Kriminalbeamten verstanden werden.«
»Selbstverständlich.« Langes Schweigen folgte.
»Wenn wir in Amerika wären«, sagte McKechnie, »dann würde ich mich wohl an einen Privatdetektiv wenden.«
»Das können Sie hier auch«, sagte Shaw, »wenn Sie gern einen rüstigen Ruheständler beschäftigen wollen, der einmal darauf spezialisiert war, Liebespaare in flagranti zu erwischen. So was gibt es nicht mehr, und wenn doch, dann ist Ihr Geld bei ›Brot für die Welt‹ wahrscheinlich besser aufgehoben.«
»Was soll ich dann machen, wenn ich nicht den Rest meines Lebens alle zwei Wochen einen Hunderter abliefern will?«
»Genau darüber denke ich grad eben nach«, sagte Shaw und neigte seinem Begleiter das leere Glas entgegen.
McKechnie stand auf, um noch eine Runde zu holen. Der Pub war eine solche Bastion der Männlichkeit, dass es nicht einmal eine Bardame gab. Ein fetter Mann in einem bierfleckigen gestreiften Hemd verkaufte ihm noch eine anständige Portion übler Laune mit. Ein paar Pendler klaubten schicksalsergeben ihre Regenmäntel und Aktentaschen zusammen, um sich niedergeschlagen auf den Heimweg zu Sonne und Licht und häuslicher Glückseligkeit zu machen. McKechnie bedachte, wie vergleichsweise glücklich er mit Rosie war. Obwohl er gelegentlich eine Geliebte hatte, mochte er sie wirklich gern. Er würde niemals zulassen, dass ihr wirklich etwas zustieß. Als er ihre Gläser absetzte, sagte Shaw:
»Versuchen Sie es mit Duffy.«
»Mit wem?«
»Duffy. Nick Duffy. War mal eine Art Kumpel von mir. War zwei Jahre bei der Sitte. Ist vor, ja, vor vier Jahren aus dem Dienst ausgeschieden.«
»Was macht er jetzt?«
»Er ist jetzt Sicherheitsexperte. Sagt Firmen, wie sie ihre Mitarbeiter überprüfen können, wie sie ihr Geld am sichersten verstauen können, solche Sachen. Das andere macht er freiberuflich, nebenher; und er kennt sich aus auf der Piste. Er übernimmt den Fall vielleicht, wenn er gerade frei ist.«
»Warum hat er bei der Polizei aufgehört? Wurde er rausgeschmissen?«
»Sagen wir, es gab da größere Unstimmigkeiten.«
»Ist er etwa kriminell?«
Shaw sah hoch und lächelte ein mattes, ironisches Lächeln.
»Na ja, wir haben jeder seine eigene Definition von Kriminalität, nicht wahr? Ein wüstes Feld. Wenn Sie mich aber fragen, ob er ehrlich ist, dann sage ich Ihnen, wenn Nick Duffy etwas ist, dann ehrlich.«
»Wie kann ich ihn erreichen?«
»Er steht im Telefonbuch.«
»Gut dann, vielen Dank.«
»Nein, keinen Dank. Keinen Dank, denn Sie haben mich nicht getroffen. Klar? Und noch zwei Sachen: Ich habe Sie nicht an Duffy verwiesen; Sie haben meinen Namen nie gehört, klar? Und das andere: Sie fragen Duffy besser nicht, warum er aus dem Dienst ausgeschieden ist. In dem Punkt ist er etwas empfindlich.«
Und noch bevor McKechnie sein Glas leeren konnte, war Shaw verschwunden.
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