Während einiger Etappen kann die Reise sowohl räumlich als auch hyperspatial sein. Man wechselt ab: Der Powerdrive dient als Hauptantriebssystem, und ab und zu, wenn die Identität nicht so fixiert ist, benutzt man den Hyperdrive. Sobald sich das Identitätsgefühl aber wieder behauptet, muß man zum Gebrauch des Powerdrives zurückkehren. Dann bewegt man sich noch einmal mit Unterlichtgeschwindigkeit, und die Reise ist auf eine einzige Dimension beschränkt. Um eine andere Dimension zu erreichen, muß man seine Identität verlieren, denn die Tatsache, daß man die Dimensionen wechselt, bedeutet, daß man seinen Standpunkt aufgeben muß.
Je offener wir also bei unserer Inquiry sind und je offener das Ende der Inquiry wirklich ist, um so mehr können wir den Hyperdrive einschalten. Die Entfaltung unserer Seele wird dann natürlich und mühelos. Wir können uns leicht von einer Dimension zur anderen bewegen, denn unser Denken ist nicht davon eingeschränkt, was wir für Realität halten. Dann wird Sein nicht überredet, sondern es manifestiert sich einfach natürlich und frei, und wir reisen in vollkommener Freiheit. Auf der ersten Reise, wenn wir noch den Powerdrive benutzen, müssen wir uns anstrengen, wir müssen kämpfen und uns disziplinieren. Zu dem Zeitpunkt kann Inquiry nur mit disziplinierter Entschlossenheit, innerer Verpflichtung und Hingabe und mit Stärke, mit der gezielten Anwendung unserer Intelligenz stattfinden. Wir müssen unsere eigene Kraft benutzen. Wenn aber der Hyperdrive eingeschaltet ist, finden Spontaneität und Fließen statt. Wir wissen nicht, wohin es geht; alle Bewegung wird spontan, und unser Raumschiff ist zum Raumkreuzer geworden, der Freude daran hat, von einem Sternsystem zum anderen zu ziehen.
Inquiry kann aber so offen und frei sein, daß sie manchmal sogar eine Zeitlang bestimmte Fixierungen oder Standpunkte zuläßt. Standpunkte sind verschiedene Zustände, die man erfahren kann: „Ich bin dies, ich bin das. Ich bin Frieden, ich bin Stille, ich bin Liebe, ich bin Raum…“ Inquiry kann mit ihrer Intelligenz erkennen, daß einer dieser Standpunkte eine Zeitlang vielleicht nützlich sein könnte. Wenn man also einen Wert darin sieht, zeitweise einen bestimmten Standpunkt einzunehmen, wird das eigene Sein einem das erlauben. Innerhalb der Perspektive der Unerschöpflichkeit kann man einen Standpunkt einnehmen, aber man hält nicht an ihm fest, man kann ihn wieder aufgeben. Die Bewegung von einem Standpunkt zu einem anderen muß frei bleiben. In diesem Sinn ist die unendliche Zahl von Standpunkten selbst die Unerschöpflichkeit.
Ganz gleich, welche Form Inquiry annimmt, sie reagiert immer auf die Entfaltung des Seins, weil sie eine Anrufung, eine Beschwörung dieser Entfaltung ist. Inquiry ist auf eine grundlegende Weise von der Entfaltung untrennbar. An einem bestimmten Punkt werden Inquiry und die Entfaltung eins: Das ist der Prozeß der Manifestation, der Prozeß des Seins, das manifestiert, was es zu manifestieren liebt. Das ist der Punkt, an dem man die dritte Reise beginnt. Wenn der Hyperdrive vollkommen etabliert ist, wird die Erfahrung zu einer ununterbrochenen Entfaltung im ewigen Jetzt. Das ist das, was wir den Superluminal Drive genannt haben.
Wir werden den Superluminal Drive hier nicht weiter besprechen. Wir haben ihn vor allem erwähnt, um ein vollständiges Bild von der Bewegung durch die drei Reisen zu geben, und weil es nützlich ist zu verstehen, daß eine Form von Inquiry möglich ist, die im üblichen Sinne nicht einmal Inquiry genannt werden kann. Wenn man sich schließlich auf die dritte Reise macht, ist das, was die Entfaltung einlädt, von dieser Entfaltung selbst vollkommen untrennbar. Das ist nicht-duale Realisierung, bei der die Erfahrung reine Erleuchtung und Entfaltung ist, wo jeder Augenblick eine spontane Inquiry, eine Enthüllung der Unerschöpflichkeit des Seins ist.
Teil 2
Die grundlegenden Elemente der Inquiry
Gewöhnliches Wissen
Wenn unser Sein frei ist, entfaltet es sich spontan und enthüllt seine Geheimnisse und seinen unerschöpflichen Reichtum. Wir können in einem Strom von Offenbarung vielerlei Art, vieler Farben, vieler Qualitäten, vieler Fähigkeiten und vieler Arten von Erfahrung leben. Um uns auf die Art Inquiry einzulassen, die dieses dynamische Mysterium unterstützt und an ihm teilhat, wird es hilfreich sein, die Beziehung zwischen Wahrheit, Verstehen und Wissen kennenzulernen und zu würdigen. Diese Beziehung läßt sich so beschreiben: Inquiry lädt durch Enthüllung von Wahrheit Verstehen ein und transformiert dadurch Wissen. Um anzufangen zu wissen, was das bedeutet, werden wir die Frage betrachten: Was ist Wissen?
Wissen, Verstehen und Wahrheit
Diese Einladung/Enthüllung/Transformation – dieses Entfalten der Seele – ist das, was wir das Abenteuer des Seins nennen: die Reise ohne Ende oder bestimmtes Ziel in unserem Raumschiff Inquiry zu den fernsten Gegenden des Raumes. Um an diesem Abenteuer teilnehmen zu können, müssen wir eingehender und genauer erfassen, was Wissen ist und wie es für unsere Inquiry relevant ist.
Wenn Sie Ihre Erfahrung in irgendeinem beliebigen Moment anschauen, werden Sie sehen, daß sie eine Art Wissen ist. Erfahrung ist untrennbar von Wissen und sogar eigentlich ganz und gar Wissen. Erfahrung ist so mit Wissen verwoben, daß Sie zum Beispiel nicht sagen können: „Mein Knie schmerzt,“ ohne das Wissen davon, daß Sie ein Knie haben, was ein Knie ist, was Schmerz ist, und die verschiedenen anderen Stücke von Information, die Ihre Erfahrung ausmachen, daß Ihr Knie weh tut. Man kann nicht sagen, fühlen oder denken: „Ich fühle mich von Dir geliebt“, ohne zu wissen, da ist ein Du, da ist ein Ich, da ist Liebe und wie sich Liebe anfühlt oder was Liebe bedeutet. All das ist Wissen. Sogar das Nichtwissen, das Nicht-Kennen der Erfahrung ist Wissen. Sogar: „Ich weiß nicht, was mit mir los ist“ ist Wissen.
Was ist dann Verstehen? Wie unterscheidet es sich von Wissen? Verstehen bedeutet, daß man nicht nur Wissen von dem hat, was geschieht, daß man nicht nur die Erfahrung hat, sondern daß man auch mit der Bedeutung der Erfahrung in Kontakt ist. Da ist nicht nur das Wissen der Tatsache der Erfahrung an sich, sondern auch eine kognitive Würdigung ihrer Bedeutung. Sie sitzen zum Beispiel mit jemandem zusammen und fühlen sich unbehaglich. Das ist Erfahrung, und sie ist immer mit Wissen verbunden. An einem bestimmten Punkt stellen Sie die Frage: „Warum fühle ich mich unbehaglich?“ Sie bleiben bei dieser Frage, bis Sie etwas Wahres sehen, das Sie vorher nicht gesehen haben – vielleicht möchten Sie mit dieser Person ins Bett gehen, haben aber Angst, das zu sagen. Sie haben Angst, das auch nur zu wissen. Das ist die Wahrheit, die Sie vorher nicht sahen, die Ihrem Unbehagen Bedeutung gibt.
In dem Moment, in dem Sie diese Wahrheit erkennen – die ein bestimmtes Element von Erfahrung ist, das Ihnen unbekannt war und das der Erfahrung eine vollere Bedeutung oder Bedeutsamkeit verleiht –, transformiert sich die Erfahrung. Ihnen wird bewußt, wie erregt Sie sind und wieviel Angst Ihnen die Tatsache macht, daß Sie erregt sind. Aber erregt zu sein ist auch Wissen, so wie Angst.
Inzwischen hat sich Ihre Erfahrung also von einer Sache zu einer anderen verändert. Wir können auch sagen, daß das, was sich transformiert hat, Wissen ist. Diese Transformation von Wissen, durch die mehr von der Bedeutung Ihrer Erfahrung enthüllt wird, nennen wir Verstehen. Verstehen ist demnach der dynamische, kreative Fluß von Wissen im Sinne von knowledge und knowing. Wissen transformiert kreativ durch das Sehen von Wahrheit, und die Wahrheit ist das, was das Wissen von einer Form zu einer anderen transformiert, indem sie es zu einer tieferen, volleren und bedeutsameren Ebene bringt. Andererseits verändert sich die Erfahrung nicht, wenn Sie nicht erkennen, daß Sie sich unbehaglich fühlen, weil Sie mit der anderen Person ins Bett gehen wollen. Sie wird sich jedes Mal wiederholen, wenn Sie mit diesem Menschen zusammen sind. Dann sagen wir, daß Sie Ihre Erfahrung nicht verstehen. Es gibt also, wenigstens in diesem Fall, einen direkten Zusammenhang zwischen Wahrheit, Wissen und Verstehen.
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