5. Pflanzliche Arzneiformen
Ich habe oben kurz beschrieben, wie die Menschen lernten, Arzneipflanzen anzuwenden. Heute gibt es eine ganze Reihe von pflanzlichen Arzneiformen. Die einfachste erhält man durch Trocknen und Mahlen der Arzneipflanze. Das Pulver hat oft einen wenig angenehmen Geschmack und wird deshalb in Kapseln abgefüllt oder mit Hilfe von Klebemitteln zu Tabletten zusammengepresst. Getrocknete und gemahlene Pulver von Arzneipflanzen findet man oft bei traditionellen Heilmethoden wie bei der TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin, oder bei der tibetischen Medizin.
In den westlichen Ländern werden die Inhaltstoffe von Arzneipflanzen sehr häufig extrahiert, das heißt, sie werden der Pflanze mit geeigneten Lösungsmitteln entzogen. Geschieht dies mit heißem Wasser, entsteht ein Tee. Von einer Tinktur spricht man bei einer Extraktion mit Äthanol. Eine Mariendistel-Tinktur ist also eine äthanolische Lösung, in der die Inhaltsstoffe der Mariendistel (Silybum marianum, alter Name: Carduus marianus) gelöst sind. Tee oder Tinkturen können mit getrockneten Arzneipflanzen hergestellt werden. Eine Urtinktur allerdings – die Ausgangstinktur für homöopathische Potenzen, die aber auch als Urtinktur phytotherapeutisch eingesetzt werden kann – muss, wenn immer möglich, mit Frischpflanzen zubereitet werden. Ein Auszug kann auch durch Einlegen der Pflanze in ein Lösungsmittel gemacht werden. Man spricht dann von einer Mazeration. Wird das Pflanzenmaterial in einen säulenartigen Behälter gefüllt und lässt man das Äthanol tropfenweise durch das Pflanzenmaterial fließen, spricht man von einer Perkolation. Eine Tinktur kann also durch Mazeration oder Perkolation gewonnen werden.
In Bezug auf Extraktionsmethoden hat die Forschung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Oft werden Lösungsmittelgemische verwendet. Eine sehr moderne Extraktionsmethode wird mit subkritischer Kohlensäure gemacht. Die Herstellung einer Urtinktur geschieht gewöhnlich mithilfe einer Mazeration. Eine Tinktur und eine Urtinktur von derselben Arzneipflanze sind oft praktisch identisch und unterscheiden sich in Zusammensetzung und Gehalt an Inhaltsstoffen praktisch nicht. Zur Herstellung von homöopathischen Potenzen muss zuerst eine Urtinktur hergestellt werden. Daraus entstehen die Potenzen. Ich schreibe in Zukunft nur von Tinkturen, möchte aber darauf hinweisen, dass jederzeit auch Urtinkturen gemeint sein können. Eine Tinkturenmischung kann also immer auch aus den entsprechenden Urtinkturen hergestellt werden.
Wichtig ist auch die Tatsache, dass man mit unterschiedlichen Lösungsmitteln unterschiedlich wirksame Extrakte erhält. Wenn man mit einem öligen Lösungsmittel Johannisöl gewinnt, steht ein äußerlich anwendbares, wundheilungs- und granulationsförderndes Arzneimittel zur Verfügung. Wird die Extraktion mit Äthanol durchgeführt, entsteht ein Extrakt, der bei innerlicher Anwendung stimmungsaufhellende Eigenschaften besitzt.
Ein weiteres schönes Beispiel ist ein Vergleich aus dem Lebensmittelbereich, und er lässt sich mit Kaffee (Coffea tosta) ziehen. Je nachdem, wie das Pulver mit heißem Wasser in Kontakt gebracht wird, entstehen Getränke mit unterschiedlichen Eigenschaften. Stellt man mit dem Pulver einen Filterkaffee her, enthält dieser viel Koffein und wenig Aroma. Mit einer Espressomaschine erhält man einen Kaffee, der wenig Koffein, aber viel Aroma besitzt. Türkischer Kaffee enthält sowohl viel Koffein als auch viel Aroma. Man erhält also ganz unterschiedliche Produkte, je nachdem, ob man heißes Wasser langsam durch das gemahlene Kaffeepulver laufen lässt, es mit Druck durchs Pulver jagt, oder ob das Pulver in heißem Wasser mazeriert wird.
6. Verschiedene Phytotherapie-Systeme
Im Laufe der Geschichte haben sich verschiedene Phytotherapie-Systeme etabliert, von denen hier nur die westliche Phytotherapie besprochen werden soll. In den letzten Jahren hat die TCM, die Traditionelle Chinesische Medizin, an Bedeutung gewonnen, welche neben ostasiatischen Heilpflanzen weitere Therapieformen wie die Akkupunktur einsetzt. Die vom Philosophen Rudolf Steiner entwickelte anthroposophische Medizin verwendet neben Arzneipflanzen, für deren Anbau spezielle Regeln gelten, auch mineralische Mischungen sowie homöopathische Potenzen. Oft werden Gemische pflanzlicher und mineralischer Anteile, zum Teil homöopathisch potenziert, verwendet.
Im hier vorliegenden Buch wird nur die westliche Phytotherapie vorgestellt; TCM und anthroposophische Medizin werden, abgesehen von kleinen Ausnahmen, nicht berücksichtigt.
WENIGER CHEMIE
so pflanzlich wie möglich
Pflanzliche Anwendungen
7. Nervensystem
8. Atemwege
9. Verdauungstrakt
10. Herz-Kreislauf-System
11. Weibliche Geschlechtsorgane
12. Harnwege
13. Bewegungsapparat
14. Haut
15. Nachlese
16. Schlussfolgerungen
In der Folge werden nun pflanzliche Anwendungen bei verschiedenen Beschwerden beschrieben. Die Aufzählung der in den verschiedenen Kapiteln erwähnten Handelspräparate erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für eine vollständige Liste aller Präparate verweise ich auf das Phyto-Kompendium «Phytotherapeutika – Pflanzliche Arzneimittel» von Dr. Beatrix Falch, Vizepräsidentin der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP). 1Weiter erwähne ich nur Präparate, welche allgemein erhältlich sind. Präparate, die nur in speziellen Apotheken-Ketten verkauft werden, finden hier keine Erwähnung.
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