Ernst Halter - Die Stimme des Atems

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Ernst Halter erinnert sich an seine Kindheit in der Kleinstadt Zofingen während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Es sind sehr genaue und stimmungsreiche Erinnerungen an Schule und Krieg, an Stadtbewohner, Vorfälle und Unfälle, Spiele und Krankheiten, Fabriken, Bücher, an Freiheiten und Zwänge. Eingeschoben sind Artikel aus dem «Zofinger Tagblatt», die den öffentlichen Raum spiegeln, in dem sich das Kind bewegt.
Die Erinnerungen sind nicht eine nachträgliche Erzählung einer Identität, sondern bleiben als Wörterbuch fragmentarisch und offen. Durch das Verweissystem zwischen den Stichworten entsteht ein dichtes Netz an Bildern und Geschichten, die zur Geschichte eines Aufwachsens werden wie zur Chronik einer Epoche aus Kinderperspektive. Und gleichzeitig zur persönlichen Mitteilung über den Schmerz und das Glück zu leben.
"Was ich gelernt habe: Wie viel mir erspart geblieben oder nicht zugemutet worden ist. Unverdient."

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Klein, unterernährt, bleich und braunschopfig, rappelt Ruthli Moser sich aus der Bank hoch, schleicht geduckt zum Mittelgang, den linken Unterarm im roten Pulloverchen vor Mund und Nase pressend, und grapscht halbblind vor Tränen, am dreckgrauen Schulzimmerparkettboden herum nach dem Löschbatt.

Er galt als der Star. Keiner hievte und mostete so viele Fünftklässler in die Bez wie Raumer. Daran wurde er gemessen, darob war er hochgeachtet. Er leitete die Sektion Zofingen des Schweizer Jugendhilfswerks Pro Juventute. Er hat unsre Kindheit im 11. Lebensjahr ins Grab geschaufelt. Er trug eine randlose Brille, hatte graues, nach hinten gekämmtes Haar und züchtigte seine Strafkompanie vokal. Er war das lebende Lehrersyndrom. Kinder, ihre ängstlichen Seelen, ihr fragiles Selbstbewusstsein, waren sein Morgarten und Sempach. Er hätte ein guter Lehrer sein können, doch sein Auftrag: «Rein in die Bezirksschule!» hat ihn geschlissen. Dafür hielt er sich schadlos.

Ich sehe ihn am ersten Schultag. Er thront friedlich hinterm Katheder, und der Reihe nach muss jedes von uns aufstehen und seinen Namen nennen. Er zieht die Karteikarte und wirft einen prüfenden Blick auf die Personalien. Ein dickliches rothaariges Mädchen ist an der Reihe: Erna Leu. – «Löi?» Raumer studiert die Karte. Der Abglanz innern Triumphs erhellt sein Gesicht: «Aha, soso, auso duu bisch sLöi ungchunnsch eerschno usem Rohrbachgrabe, natüürlech, has tängkt, alli Zigüüner chömed usem Rohrbachgrabe, döört hepmese siinerziit versoorget. Aber scho chrüüchets wider atSunne, säb wämmer dänn no luege, und rooti Hoor hesch au no, diir isch sZigüünerbluet iChopf gschtige. Daas wiirpmer au öppis Guets sii! Hockap umpmach äntlech de Chlaffe zue.» Damit ist Erna Leu abgeschrieben.

Raumer in der Primarschule und Vogel in der Bez. Vogel war abscheulich, weil er den Sadismus genoss und nach jeder Bestrafung laut sich selbst belobigte. Klatschten Ohrfeigen, prasselten Arreststunden, musste man ihm mit lauter Stimme danken. Tat man es zu leise, verdoppelte sich die Strafe, und Vogel rühmte sich seiner Gerechtigkeit wie Gott im Buch Hiob. Raumer schlug nie, er genoss subtiler. Er demütigte ohne Ansehen der Person, um der Leistung aufzuhelfen – zu unsrem «Besten». Raumer wusste intuitiv, wie man schulschwache Kinder am tiefsten verletzt, am nachhaltigsten kaputtmacht: mit unablässig über sie herabtröpfelndem, beissendem Hohn. Ruthli wurde nicht nur als das Moser, sondern in seiner Familie und deren Grundschichtzugehörigkeit vernichtet. Raumer besprühte, gut sichtbar, wenn die Morgensonne ins Zimmer fiel, die stumme Hilflosigkeit und die Tränen der Unbegabten, die er in der vordersten Bankreihe zusammengezogen hatte, mit seiner nassen Aussprache. Raumers Hatz war sanktioniert von der Gesellschaft, welcher die Schulleistung alleingültiges Kriterium für die Beurteilung eines Kindes war.

Verleumde den armen Schulmeister nicht, der schon längst das Gras von unten betrachtet! Obige direkten Reden sind weitgehend Zitat aus der Erinnerung, Beweis, wie unauslöschlich Raumer die Gemüter zu tätowieren wusste. Mir ist er nie zu nahe getreten. Einmal, weil mein Vater in der Schulhierarchie ein entscheidendes Stockwerk über ihm logierte, zum andern, weil ich vermutlich einer der paar Lichtstrahlen unter so viel vermeintlicher Intelligenzverdunkelung gewesen bin. Denn die beiden Fächer, welche Raumer am liebsten, ja, meine ich, hervorragend unterrichtete, Heimatkunde und Geschichte des Kantons Aargau, waren für mich Stunden halb mystischen Glücks. Raumer erzählte spannend; ich habe ihn weder gehasst noch gefürchtet. Er stand in der Glorie dieser beiden Fächer. Der Arme war wie seine Schüler ein Opfer.

Einen Erfolg über mich hat er verbucht: Ich habe ein Jahr lang an Magen- und Darmkrämpfen gelitten. Dann bettete mich der ausgebildete Samariter eigenhändig in die leere hinterste Bankreihe, träufelte Kirsch auf einen Würfelzucker und steckte mir diese Widrigkeit in den Mund. Der Unterricht nahm seinen Fortgang; zusammengekrümmt starrte ich an die weissgraue Zimmerdecke. Meine Eltern waren ratlos, brachten mich ins Spital; Darmeinlauf, Röntgenaufnahme: nichts. Der Vorschlag wurde erörtert, mir wie meinem Bruder prophylaktisch den Bauch aufzuschneiden und bei diesem Augenschein gleich den Blinddarm wegzumachen. Die Diskussion zog Fäden, bis ich Raumers Strafkolonie entronnen war und die Krämpfe verschwanden.

Zur selben Zeit hat mir das tutti, das Kindersanatorium der Pro Juventute in Davos, gedroht. Asthmaanfälle und Absenzen häuften sich, die Eltern bekamen es mit der Angst zu tun, ich könnte den Anschluss an die Bezirksschule verpassen. Ich habe mich hartnäckig gewehrt – und mich durchgesetzt. Die Verbannung unterblieb.

→ Aargauer Schulwand- und Schülerkarte→ Ersticken→ Aufsätze verbessern→ Gerechtigkeit

Schulzimmer des Vaters

Während der Kinderjahre habe ich das Zimmer des Vaters nur als Besucher betreten, frei von meiner Scholaridiosynkrasie; erst als noch nicht schulpflichtiges Anhängsel der Mutter, wenn sie bei aktivdienstlicher Abwesenheit des Vaters unterrichtete, später hat der Vater mich mitlaufen lassen, sooft die Mutter abwesend und niemand sonst zu Hause war. Für mich war es das schönste Zimmer im Schulpalast, und wenn es das nicht sein konnte, da alle Zimmer mit ihren hohen Plafonds und grossen Fenstern einer Universität würdig waren und einige mehr als drei Fenster besassen, dann war es mit Gewissheit das vornehmste. Im obersten Geschoss gelegen, schloss es nördlich an die Aula an, welche die ganze Breite des Mittelrisalits der Hauptfront einnahm. Ich bin während der ganzen Primarzeit im Nordflügel zur Schule gegangen. Versuche ich die Schulzimmer mit den in ihnen waltenden Lehrern zu besetzen, gelingt mir dies nur in der Nordhälfte. Meine Parteilichkeit hatte noch einen Grund: Ein Kind nimmt die Umwelt unter den Vorzeichen von Liebe, Neugier oder Angst wahr. Nord- und Südteil wurden im Hochparterre durch das auf Bodenniveau abgesenkte, finster-unheimliche Atrium getrennt, wo der Karzer lauerte. Man stieg im Halbdunkel einige Stufen hinunter und drüben erleichtert wieder ans Licht. Im obersten Geschoss trennte die Aula; sie zu durchqueren war Schülern nur als Boten von Lehrer zu Lehrer erlaubt. Nachrichtenübermittler: Man empfand mulmigen Stolz, beim Durchschreiten der Aula legal ein Verbot zu brechen.

Während der Primarschulzeit bin ich zwei Jahre im Hochparterre und drei Jahre im zweiten Geschoss unterrichtet worden; das oberste Stockwerk war der Bezirksschule vorbehalten; offenbar wurde weite Aussicht mit Erkenntnis gleichgesetzt. Ich bin nicht selten kurz vor Pausen­ende – die Pause war «im Freien» zu verbringen – oder nachdem meine letzte Unterrichtsstunde ausgeläutet war, die Treppe hochgerannt, um meinen Vater zu begrüssen, zuweilen, um ihm etwas auszurichten, häufiger wohl, um mich zehn Sekunden lang in der Zuneigung von Julius Rütsch zu sonnen.

Meine freundschaftliche Beziehung zum Vaterzimmer kulminierte am Vorabend des Kinderfestes während der Hauptprobe des Mädchenreigens, die als erste von zwei öffentlichen Aufführungen galt. Er entfaltete sich gut 15 Meter in der Tiefe auf der Turnplatzwiese. Die klassische Musik schallte über den Rasen; die Mädchen in weissen Tüllkleidern schwärmten aus den Turnhallen. Ich lag in einem der drei grossen Fenster, die nach Osten gingen, neben mir der Bruder; hinter uns oder in einem andern Fenster standen die Eltern. Ich kam mir als Mitbesitzer der Loge vor, besonders dann, wenn Lehrer, deren Zimmer anderswohin blickten, eintraten und um die Erlaubnis baten mitzuschauen. Die Herren, mit oder ohne Gattin, traten herzu, bedankten sich, während ich mich, meines natürlichen Anrechts wegen, nicht zu bedanken brauchte. Ihre Schulautorität war dahin, sie grüssten wie normale Menschen und liessen mir auf Radiator und Fenstersims den Vortritt, reihten sich hinter mir ein, und ich glaubte zu wissen, dass sie einen Teil der ihnen gewährten Gunst auch meiner Grosszügigkeit verdankten. Denn hätte ich mich nicht gegen den Zutritt gewisser Dritter verwahren können? Was, wenn meine Gründe zwingend gewesen wären? Hätte der Vater sich trotz eines noch nicht besetzten Logenplatzes höflich entschuldigt: Alles längst vergeben! Wäre er über meinen Einspruch hinweggegangen? Ich habe es nie versucht, vor allem wohl weil kein Anlass bestand, da meist Freunde wie Frank Bertschinger anklopften, und auch weil es schöner ist, seine Macht potentiell auszukosten und sie nicht auf die Probe zu stellen.

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