Ursula Hasler - Blindgänger

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Ein Mann erwacht nach einem Sturz im Krankenhaus und hat sein biografisches Gedächtnis verloren. Widerspenstig setzt er sich mit dem 'Andern' auseinander, der er zuvor gewesen sein soll, ein eher farbloser Französischlehrer an einem Gymnasium.
Frau und Tochter besuchen ihn – keine Erinnerung. Wie mag ihre Ehe gewesen sein, ihr Familienleben? Sein offenbar bester Freund, ein Lehrerkollege, erzählt von ihrer beider Frust und ihren Aussteigerträumen. In den Dateien auf 'seinem' Laptop macht er sich auf die Suche nach seiner Geschichte und verarbeitet auf Anraten des Arztes seine eigenen, ihm nun fremden Aufzeichnungen des vergangenen Sommers. Vor dem Unfall hat der Französischlehrer ein Sabbatical in Royan an der französischen Küste verbracht. Offenbar soll er dort in den letzten Kriegswirren geboren und als Waisenkind in die Schweiz gebracht worden sein.
Je mehr er über die Person erfährt, die er angeblich ist, desto weniger weiss er, ob er in deren Leben zurück will. Aber Frau und Tochter warten auf seine Rückkehr, der Arzt auf seine Erinnerungen …
"Blindgänger" ist ein überraschender Roman über die Verweigerung gegenüber der Geschichte – der kleinen biografischen wie der großen geschichtlichen -, der zurückführt in einen Sommer am Atlantik und in die Zeit der deutschen Besatzung Frankreichs.

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Aber Nadine war rührend, so ein Gedächtnisverlust sei doch eine unglaubliche Chance, nochmals anzufangen. Diesen Satz der Sechzehnjährigen habe er sofort aufgeschrieben, sie habe ihm die Augen geöffnet. Ja, was auch immer diesen Jean-Pierre Marty früher belastet hatte, war nun einfach weggepustet. Er sei zwar ein Heimatloser in seinem eigenen Leben, aber frei.

Ich nickte, das sei ja schon eine ganze Menge. Und zum Schluss, was sich denn nun auf dem Laptop befinde?

Marty nickte, eine umfangreiche Sammlung von tagebuchartigen Dokumenten aus der Zeit in Royan, alle ohne Titel, aber mit Datum, die ersten habe er gelesen, dann einzelne herausgepickt, zudem noch ein ziemlich großes PDF, könnte ein Manuskript sein, er sei ratlos. Eher unwahrscheinlich, dass ihm die stichwortartigen und für ihn oft unverständlichen Aufzeichnungen helfen würden, die Person dieses Jean-Pierre Marty zu ver­stehen. Die Hoffnung, dass sie ihm eine Spur zu seinem verschütteten Gedächtnis öffnen könnten, zerbrösle, je mehr er davon lese. Ihm fehlten zahlreiche Fakten, um Anspielungen einordnen zu können. Denn etwas habe er in seiner anfänglichen Euphorie nicht bedacht. Die persönlichen Notizen seien nicht für das Lesen durch fremde Augen bestimmt gewesen, Marty habe mit wenigen Ausnahmen weder Hintergründe noch Fakten notiert, die kannte er ja, meist nur kryptische Eindrücke, Beobachtungen, Gefühle. Kurz, die Notizen seien für Außenstehende schwer verständlich und erwiesen sich nun für das Wiederlesen durch den Schreiber mit Gedächtnisverlust als unnütz.

Ich schüttelte den Kopf, dessen sei ich mir nicht so sicher. Es war sein letzter Satz, der mich auf die unorthodoxe Therapie brachte. Da war vor einigen Monaten ein Fachartikel zum Thema Sprache und Erinnerung erschienen, die Rolle des Erzählens beim Speichern von Erinnerungen, der mich fasziniert hatte. Ich hatte der Thematik nachgehen wollen, mangels Zeit jedoch die ­Sache ad acta gelegt. Jetzt bot sich unvermutet eine einmalige Gelegenheit. Denn, fuhr ich fort, es gebe durchaus Hoffnung. Die PET/CT-Untersuchungen der Uniklinik zeigten zwar, dass im rechten Schläfenlappen, wo die Steuerung des autobiografischen Gedächtnissystems vermutet wird, der Stoffwechsel praktisch inaktiv sei, obwohl bei ihm keine Gewebeschädigung vorliege. Es gebe verschiedene Gründe, weshalb die biochemischen Austauschprozesse in dieser Gehirnregion gestört sein könnten, zum Beispiel Ausschüttung eines blockierenden Stresshormons. Das sei durchaus beeinflussbar. Ich würde ihm nun eine ungewöhnliche Behandlungsmethode vorschlagen, die ich wissenschaftlich begleiten wolle.

Dazu müsse ich etwas ausholen. Der Mensch kenne mittels eines ordnenden Gedächtnisses seine Vergangenheit, er habe eine mentale Vorstellung, wer er in der Ge­genwart ist, und weil der Mensch auch wisse, dass er unaufhörlich auf seinen Tod zugehe, verhülle das menschliche Bewusstsein dieses unerträgliche Wissen mit Zukunftsplänen. Kurz, der Mensch könne kraft seines Bewusstseins seine eigene Geschichte erzählen, gestalten und planen.

Marty folgte mir stirnrunzelnd.

Ihm sei momentan durch eine Blockade der Zugang zu seiner Vergangenheit verwehrt, damit die Grundlage der gegenwärtigen Identität entzogen und die Imagi­na­tion für Zukunftsplanung verunmöglicht. Auf der andern Seite liege ihm außergewöhnlich viel sprachliches Material in Form von eigenen Tagebuchnotizen vor, die ihm zurzeit fremd und unverständlich erschienen, aber eine einmalige Chance darstellten, zumindest die fehlende Vergangenheit der letzten Monate mittels Sprache wieder Wirklichkeit werden zu lassen.

Mein Vorschlag: Er solle die Journaltexte auf dem Laptop als Stoff, als Material für seine Wunschvergangenheit betrachten. Er solle sich das dort Erzählte aneig­nen und so umformulieren, dass es seine Aufzeichnungen würden. Er dürfe hemmungslos eingreifen, weglassen, erfinden. Fabulieren solle er, fantasieren, erdichten, die Gedanken im Journal zu seinen eigenen machen, die No­tizen der drei Monate in Frankreich neu schreiben, sodass es seine Geschichte werde.

Marty starrte mich zweifelnd an, und wie das mit der Wahrheit sei? Wie es wirklich war?

Kein Problem, ich persönlich würde ihn von der moralischen Wahrheitspflicht entbinden. Als Bestätigung un­terstrich ich die Vergabe meiner therapeutischen Lizenz zum Lügen noch mit einer wegwerfenden Geste. Was in den vorliegenden Aufzeichnungen stehe, stelle bloß eine Wahrheit dar. Er sei frei für andere Wahrheiten. Übrigens, was das Gedächtnis als Erinnerung darstelle, wenn wir etwas Vergangenes erzählen, habe weder mit realen Erlebnissen noch mit Wahrheit etwas zu tun. Es präsentiere eine Version, die zum aktuellen Zeitpunkt ge­­rade die passendste sei. Erinnerungen sind immer Fiktionen, die wir laufend anpassen und neu erzählen. Sie haben ein neues Ich, aber keine Vergangenheit dazu? Dann erfinden Sie sie.

Aha, ich würde also nicht beabsichtigen, die Gedächtnisblockade mit Gedächtnistraining zu therapieren. Ich wolle seine Blockade oder vielmehr ihn überlisten, via Hintertür des Wunschdenkens und Neuerfindens die tatsächlichen Erinnerungen zu provozieren. Ja, das Spiel gefalle ihm, obwohl er selbst der Proband sei. Er nickte, einverstanden.

Zwei Tage später bat er einen Pfleger, mich rufen zu lassen, es hätten sich neue Erkenntnisse ergeben, über die er mit mir vor unserer nächsten Sitzung sprechen müsse, es sei fraglich, ob er dann wie ausgemacht die ersten Überarbeitungen der Royantexte mitbringen könne. Als ich ins Zimmer trat, lag Marty auf dem Bett, ein feuchtes Tuch auf der Stirn, die Balkontüren weit geöffnet.

Nie zuvor hätten ihn solch stechende Kopfschmerzen angegriffen, jetzt verlangsame sich das Hämmern zum Glück, und zwar mitten im Gespräch mit der liebenswürdigen alten Dame, der Mutter von Jean-Pierre Marty, die nicht seine biologische Mutter sei, was er bereits wusste. Der Tatsache, dass sein Alter Ego, so nenne er den Andern jetzt, adoptiert war, habe er bisher nicht so viel Wichtigkeit beigemessen, bloß ein interessantes biografisches Detail. Er habe die Bedeutung gewaltig un­terschätzt, ein Lebensdrama war damit verbunden. Die Mutter sei bereits einmal im Spital vorbeigekommen und habe ihre Tränen nicht zurückhalten können. Erst jetzt, nach diesem Besuch, verstehe er ihren mysteriösen Satz, sie habe ihn ein zweites Mal verloren.

Ich setzte mich in den Lehnstuhl, womit wir uns, ohne es zu beabsichtigen, in klassischer Therapieaufstellung wiederfanden, mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass ich nicht am Kopfende, sondern zu seinen Füßen saß. Aber Marty war in jeglicher Hinsicht mein Sonderfall. Erzählen Sie bitte.

Auch mit ihr sei er im Park spazieren gegangen, die alte Dame war nicht mehr so gut zu Fuß, sie gehe leicht gebückt, klein, aber mit Haltung halte sie das Alter im Griff, elegante Kleidung, bestimmt vor Jahren maßgeschneidert, trägt sie mit zeitloser Würde, er sei der liebenswürdigen Dame sehr zugetan. Dann habe er sie nach jenem Ostermittagessen bei ihr gefragt. Sie war nach seiner Frage direkt auf die nächste Bank zugesteuert, es erzähle sich besser im Sitzen. Sie habe seine Hand genommen, sie trug feine weiße Stickereihandschuhe.

Du kennst die Fakten, begann sie, du hast von der Adoption erst als Dreißigjähriger durch einen unglücklichen Zufall erfahren, dein Bruder hatte damals einen schweren Unfall, und es ging um eine Blutspende, die Blutanalyse ergab, dass ihr beide nicht verwandt sein konntet. Natürlich sei es dumm von ihnen gewesen, ihm das nicht früher zu sagen, aber der Zeitpunkt sei eben nie der richtige bei unangenehmen Sachen. In blinder Kränkung habe er jahrelang nicht mehr mit ihnen gesprochen.

Die Stimme der alten Dame zitterte kaum merklich. Er habe ihnen den Verrat, so nannte er ihr Verschweigen der Adoption, nicht verzeihen können. Erst als seine Tochter auf der Welt war, habe er seine sture Haltung gelockert. Sie und Vater hätten sehr unter der Zurückweisung gelitten. Du, der aufgeklärte, rationale Intellektuelle, bist durch die Entdeckung, dass zwischen dir und uns keine Blutsbande bestanden, in eine existenziel­le Krise gestürzt. Was haben wir uns nicht alles anhören müssen. Die Familie eine einzige große Lüge, keine verwandtschaftliche Beziehung, keine Großeltern und Urgroßeltern, hinter dem Zeitpunkt der Geburt weiße Leere. Ja, du hast deinen Weltschmerz kultiviert. Sie habe seine Selbstbemitleidungen irgendwann nicht mehr hören können.

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