Bernardin Schellenberger
Benedikt von Nursia
Der Werdegang eines spirituellen Meisters – eine Inspiration für heute
Bernardin Schellenberger
Der Werdegang eines spirituellen Meisters – eine Inspiration für heute
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.d-nb.de› abrufbar.
1. Auflage 2015
© 2015 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de
Umschlag: wunderlichundweigand.de(Abbildung: Mondadori Portfolio / Getty Images (Benedikt); Stefan Weigand (Kloster Fontenay, Burgund) Satz: Hain-Team ( www.hain-team.de) Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, Leck ISBN 978-3-429-03812-0 (Print) 978-3-429-04800-6 (PDF) 978-3-429-06216-3 (ePub)
Zur Einführung: eine Lebensbeschreibung als spirituelle Anleitung
Ein „verinnerlichtes Mönchtum“ für die heutige Welt
„Die Welt verlassen“
Frühe Altersweisheit
Keine besondere Einstiegserfahrung
Die lateinische Sprache der Bibel, die Meditation und der Name „Benedictus“
Der Aufbruch in die „Wüste“
Die Abnabelung
Der Einsiedler in der Erdhöhle
Den Einsamen fallen Dämonen an
Der „Mann Gottes“
Der junge Benedikt als Autodidakt
Der Einsiedler wird nicht alleingelassen
Eine radikale Selbsttherapie
Noch nicht zum Führer anderer geeignet
Wieder allein in der Höhle, aber unter den Augen des göttlichen Zuschauers
Bei sich selbst wohnen
Gregor erklärt das „bei sich selbst Wohnen“ genauer
Das lange Einsamsein wird unglaublich fruchtbar
Von der Disziplin, die man für die Spiritualität braucht
Der erste Enthusiasmus führt in eine Durststrecke
Zu großer Eifer beim inneren Roden und Ausjäten
Ein Unfall wegen Unachtsamkeit und die Rettung dank unverzüglichen Gehorsams
Ein besonders feindseliger Priester aus der Nachbarschaft
Benedikt steigt immer höher und hat immer mehr zu kämpfen
Drei stufenweise größere Hindernisse und Schäden
Die heute diskutable Gabe der Fernüberwachung
Die damalige Fixierung auf das Essen und das Fasten
Die Gabe der Klarsicht
Die Einsicht in den Willen Gottes
Die Eigenart der Gotteserkenntnis des spirituell reifen Menschen und das Ziel der christlichen Mystik
Das Wunderwirken im Alltag
Die Prüfung, eine ganze Nacht lang die Gegenwart einer Frau auszuhalten
Männliches und Weibliches vereint – wenn auch hier etwas spät
Wie sich die Erleuchtungserfahrung auf Benedikt auswirkte
Die Vision von der vierten Stufe aus
Der Geist weitet sich, die Welt schrumpft; die Sehnsucht steigert sich
Die Vollendung: der Heimgang Benedikts
Das Leben Benedikts weist den spirituellen Weg zum Himmel
Anmerkungen
Zur Einführung: eine Lebensbeschreibung als spirituelle Anleitung
Vor etwa 1400 Jahren griff Papst Gregor der Große, ein meisterhafter spiritueller Autor seiner Zeit, zur Feder, um das Leben des heiligen Mönchsvaters Benedikt zu beschreiben. An einer sachlichen Biografie war er allerdings nicht interessiert. Deshalb wählte er für seine Lebensbeschreibung des heiligen Benedikt eine besondere literarische Gattung: Er fügte sie als zweiten ausführlichen „Dialog“ mit einem Diakon namens Petrus in sein Werk „Vier Bücher der Dialoge“ ein. In diesen Büchern ging es ihm darum, die Wundertaten von fünfzig Heiligen in Italien zu schildern und aus ihnen Weisheiten und Anregungen für das spirituelle Leben abzuleiten.
Dazu komponierte er seinen Text folgendermaßen: Im ersten Dialog schilderte er die Wundertaten von zwölf Heiligen; im zweiten ganz ausführlich diejenigen des heiligen Benedikt sowie dessen Leben als Vorbild für ein Christenleben im Diesseits; im dritten die Wundertaten von siebenunddreißig weiteren Heiligen und im vierten Betrachtungen über den Tod und das Jenseits.
Eine zentrale Rolle spielte dabei also seine Beschreibung des Werdegangs des heiligen Benedikt. Fakten standen ihm dafür nur spärlich wenige zur Verfügung. Gleich zu Anfang räumt er selbst ein: „Alle seine Taten habe ich nicht selbst mitbekommen, aber das Wenige, das ich erzähle, weiß ich aus Schilderungen von vier seiner Schüler“. Wichtiger war ihm, ein Leben Benedikts mit Lebensstationen und Taten vorzustellen, die seinen Lesern einen allgemein gültigen inneren Weg zur Erfahrung Gottes aufzeigten.
Zu diesem Zweck wählte er als Form die Gattung der Heiligenlegende, also einer Geschichte, die historia legenda war, eine „Geschichte zum Vorlesen“ mit vielen symbolischen Bildern und Ausmalungen, die der Inspiration und Herzensbildung dienen sollten.
Nur an einer einzigen Stelle brachte er Benedikt in direkten Kontakt mit einem Faktum der Zeitgeschichte, das sich genau datieren lässt. Im 14. Kapitelerzählt er, Benedikt sei auf Monte Cassino von König Totila besucht worden. Totila war seit 541 in Italien König der Ostgoten und könnte tatsächlich in der zweiten Hälfte des Jahres 546 nach Monte Cassino gekommen sein. Historisch sicher ist, dass er am 17. Dezember 546 Rom eroberte.
Im 15. Kapitelfügte Gregor daran noch an, Bischof Sabinus von Canusium in Apulien sei eines Tages zu Benedikt gekommen und habe sich mit ihm „über den Einzug des Königs Totila in Rom und den Untergang der Stadt“ unterhalten. Auch von diesem Bischof Sabinus sind historische Daten bekannt.
Aus diesen Angaben lassen sich ungefähre Lebensdaten Benedikts erschließen. Bischof Sabinus muss ihn nach dem 17. Dezember 546, an dem Rom erobert wurde, besucht haben, und zwar allerspätestens 566, denn in diesem Jahr, so ist bekannt, verstarb er. Was Benedikt angeht, muss dieser folglich bestimmt bis Ende 546 gelebt haben und kann also frühestens 547 verstorben sein.
Von diesen Daten ist man ausgegangen, hat eine maximale Lebensdauer Benedikts von 70 bis 80 Jahren veranschlagt und folglich für seine Geburt eines der Jahre zwischen 480 und 490 angesetzt, für seinen Tod die Jahre zwischen 547 und 560.
Abgesehen von diesen Daten liefert Gregor praktisch keine historischen Fakten. Er war an solchen nicht interessiert, sondern wollte, wie der Untertitel dieses Buchs ankündigt, eine spirituelle Anleitung schreiben.
Ein „verinnerlichtes Mönchtum“ für die heutige Welt
Papst Gregors Text blieb nicht nur eine allgemeine Anleitung für das innere Leben, sondern er gewann auch zahllose Männer und Frauen für das Mönchsleben nach der Regel, die von seinem Benedikt stammen soll – was aber in der Forschung umstritten ist. 1
Diese Erfolgsgeschichte führte schließlich dazu, dass Papst Gregors Schilderung zunehmend als Erbauungsschrift für klösterliche Insider angesehen wurde, für „Weltmenschen“ jedoch eine Wundergeschichte aus einer anderen Welt darstellte.
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