Aus den genannten Anliegen ergibt sich folgender Aufbau der Arbeit: Im ersten Teil wird das theologische und gesellschaftliche Umfeld beleuchtet, das Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas gemeinsam ist. Anschließend werden die drei Entwürfe theologischer Anthropologie nacheinander, nach Autoren getrennt untersucht. Ausgehend vom Ort der Anthropologie innerhalb des jeweiligen theologischen Ansatzes werden dabei das Menschenbild, seine Grundlagen und die Folgerungen, die sich daraus ergeben, betrachtet. Die Spezifika in inhaltlicher wie in methodischer Hinsicht werden herausgearbeitet. 26
Den letzten Teil bildet eine Zusammenschau der drei Ansätze. Anhand zentraler Begriffe werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse wird die Frage, ob es sich bei den untersuchten Ansätzen orthodoxer Anthropologie um eine andere theologische Anthropologie als die westliche handelt, erneut gestellt und schließlich exemplarisch ein kurzer Ausblick versucht, in welchen Bereichen die gegenwärtige orthodoxe Anthropologie wichtige Anregungen geben könnte.
III.Formale Vorbemerkungen
Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas haben die meisten ihrer Schriften in neugriechischer, zum Teil auch in englischer, französischer oder italienischer Sprache publiziert. Nur sehr wenige sind auf Deutsch erschienen oder ins Deutsche übersetzt. Der Untersuchung zugrunde gelegt wird hier jeweils die ursprüngliche Fassung eines Artikels. Dies ist nicht in jedem Fall die neugriechische. Weiterhin sind viele Bücher und Artikel mehrfach überarbeitet worden und in mehreren Auflagen erschienen. Dann wird die neueste zugängliche herangezogen.
Ein großes Problem stellt die Terminologie der drei Theologen dar. Zum einen besteht grundsätzlich das Problem der Übersetzung. Viele Begriffe können nicht durch ein einziges deutsches Äquivalent wiedergegeben werden. Wo im griechischen mehrere unterschiedliche Bedeutungen mitschwingen, müssen im Deutschen unterschiedliche Worte gewählt werden. Ein geläufiges Beispiel ist das Wort
, das wie das altgriechische
auch im Neugriechischen noch »Bild« und »Abbildung« im allgemeinen und im profanen Sinn bedeutet, zugleich aber auch »Ikone«.
Diese Übersetzungsprobleme stellen sich verstärkt bei Christos Yannaras, dem sprachgewaltigsten der drei Theologen. Griechische Theologen sehen ein besonderes Verdienst von Yannaras in seiner sprachschöpferischen Tätigkeit. Die theologische Sprache der Gegenwart hat er maßgeblich geprägt, insbesondere durch seine Übertragung heideggerscher Terminologie ins Griechische. Yannaras arbeitet häufig mit schillernden Begriffen und spielt mit unterschiedlichen Wortbedeutungen. Oft handelt es sich dabei um einen spezifischen terminus technicus seiner Philosophie einerseits und um die Bedeutung im alltäglichen Sprachgebrauch andererseits. In einer Übersetzung lässt sich dies, wenn überhaupt, nur sehr unzureichend wiedergeben. Das Problem verschärft sich noch bei den (beinahe unübersetzbaren) Adjektiven, die Yannaras zu zentralen Substantiven seiner philosophischen Sprache bildet. »
« beispielsweise bedeutet »logisch« oder »vernünftig«, wird aber auch als Adjektiv zu »
« (im Sinne von »logosgemäß«, »logoshaft«) verwendet. »
« ist nicht gleichbedeutend mit dem Wort »erotisch« im deutschen Sprachgebrauch, es ist das Adjektiv zu
(Liebe), meint also etwa »erosgemäß«, zuweilen auch »liebend«. Es bedeutet aber durchaus auch »erotisch«. Beide Übersetzungsmöglichkeiten sind jedoch keine Bedeutungs alternativen , die einander ausschließen. Die verschiedenen Bedeutungen stehen in einem inneren Zusammenhang zueinander und schwingen gleichzeitig mit. 27
Bei den vorhandenen Übersetzungen gibt es, so wünschenswert diese wäre, bisher weder im Englischen noch im Deutschen eine einheitliche Terminologie. Am deutlichsten wird dies am Begriff »
«, dem Adjektiv zu
(Person), das in Übersetzungen oder Sekundärliteratur teils mit »personal«, teils mit »personhaft«, teils mit »persönlich«, oder auch (sachlich schlichtweg falsch) mit »personell« übersetzt wird.
Ein weiteres Problemfeld liegt in den Formen theologischer Fachbegriffe. In den Schriften von Nellas, Yannaras und Zizioulas finden sich sowohl die neugriechischen Bezeichnungen und grammatischen Formen (z.B.
statt
statt
statt
) als auch die altgriechischen, in der theologischen Tradition gängigen. Die Verwendung der Formen variiert bei Nellas, Yannaras und Zizioulas je nach Zeitpunkt des Erscheinens, Textgattung und angezieltem Leserkreis der Veröffentlichung. 28Bewusst wird in dieser Arbeit darauf verzichtet, die Fachtermini durchgängig dem in der deutschen Theologie gewohnten Sprachgebrauch anzupassen. Denn die Sprache zu verwenden, die ein heutiger Mensch spricht, ist von Nellas, Yannaras und Zizioulas bewusst intendiert. Im Übrigen sind die Begriffe für Theologinnen und Theologen auch in ihrer heutigen Form leicht wiederzuerkennen.
Da nur ein kleiner Teil der untersuchten Werke übersetzt ist, da ihr Bekanntheitsgrad im deutschsprachigen Raum immer noch relativ gering ist und damit die Theologen selbst zur Sprache kommen, wird in der vorliegenden Arbeit häufig und ausführlich zitiert. Dabei werden die Zitate im laufenden Text ins Deutsche übersetzt, griechische auch in den Anmerkungen. Wo keine andere Quelle angegeben ist, handelt es sich um Übersetzungen der Verfasserin. Sofern eine deutsche Übersetzung existiert, wird jedoch aus dieser zitiert, um zu einer einheitlicheren Übersetzung der griechischen Termini beizutragen. Wo die Wortwahl von besonderer Bedeutung ist oder es aus den oben genannten Gründen sinnvoll und nötig ist, wird das originalsprachliche Zitat in den Fußnoten angeführt.
Verbindliche Regeln zur Umschrift des Griechischen in lateinische Buchstaben gibt es nicht. In dieser Arbeit werden die Namen griechischer Autoren entsprechend der neugriechischen Aussprache in lateinischer Umschrift wieder gegeben. 29Sofern sich im außergriechischen Raum eine bestimmte Schreibweise etabliert hat, wird dieser gefolgt, um nicht der äußerst unerfreulichen Verwirrung durch verschiedene Schreibweisen noch weiteren Vorschub zu leisten. 30Ähnliches gilt für theologische Fachtermini. Paraphrasen folgen hier der Praxis des jeweiligen Autors.
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