Man stuft den dritten Text insgesamt wahrscheinlich als kohärenterKohärenz ein, wobei die Betrachtung aufzeigt, dass Kohärenz sich anscheinend sowohl globalGlobale Kohärenz (der Text als eine Einheit) als auch lokalLokale Kohärenz (Zusammenhänge zwischen Teilen des Textes) einstellt (vgl. Averintseva-Klisch 2013: 16). In diesem Sinne ist Text 1 global, aber nicht lokal kohärent, Text 2 umgekehrt lokal, aber nicht global kohärent, und Text 3 weist lokale und globale Kohärenz auf.
Für den Eindruck der lokalen Kohärenz sind hier (wie schon angemerkt) u.a. KonnektorenKonnektor verantwortlich, die Textteile inhaltlich miteinander verbinden. Dank seines extrem dichten braunen Fells stellt beispielsweise einen kausalen Zusammenhang her, so dass eine Folge, trotzdem eine konzessive Relation, d.h. einen unerwarteten Zusammenhang. Man spricht bei dieser Art von Kohärenz, d.h. der Verbindung zwischen Textteilen, auch von relationaler KohärenzRelationale Kohärenz. Konnektoren kodieren explizit inhaltliche Relationen zwischen (Teil)sätzen. In (97) stellt weil z.B. explizit einen kausalen ZusammenhangKausalität zwischen den beiden Sachverhalten her (zu weiteren Relationen, die u.a. durch Konnektoren kodiert werden können, vgl. Averintseva-Klisch 2013: 18–26).
(97) |
Weildas Wetter so schön ist, werde ich nachher joggen gehen. |
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(Averintseva-Klisch 2013: 18) |
Doch auch (98) kann im gleichen Sinne verstanden werden.
(98) |
Das Wetter ist so schön. Ich werde nachher joggen gehen. |
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(Averintseva-Klisch 2013: 19) |
In der Literatur sind verschiedene Ansätze vorgeschlagen worden, um derartige KohärenzrelationenKohärenzrelation systematisch zu erfassen. Im Rahmen der Rhetorischen StrukturtheorieRhetorische Strukturtheorie (RST) von Mann & Thompson (1988) wird beispielsweise zwischen 23 Relationen unterschieden. Hierzu zählen u.a. die Relationen EVIDENZEvidenz, ELABORATIONELABORATION und HINTERGRUNDHINTERGRUND.
Die Relation EVIDENZbesteht z.B. in (99) zwischen den beiden Teilsätzen des zweiten Satzes und dem ersten Satz. Der Sprecher/Schreiber beabsichtigt, den Hörer/Leser von der ersten Information zu überzeugen.
(99) |
[Das Programm funktioniert] (1). [Ich habe sehr schnell die Daten eintragen können] (2) und [die gleichen Ergebnisse erhalten, die ich auch per Hand ausgerechnet hatte] (3). (nach Mann & Thompson 1988: 251) |
Stehen Satzteile in der Relation ELABORATIONzueinander, liefert ein Satz zusätzliche Information zum im anderen Satz Beschriebenen. In (100) steuern (2) und (3) jeweils weitere Details zum mit (1) ausgedrückten Inhalt bei.
(100) |
Im November 2018 findet in Albany die 4. Jahrestagung der American Pragmatics Association statt (1). Man rechnet mit ca. 300 Linguisten aus der ganzen Welt (2). Die vier Hauptthemen der Konferenz sind a) Pragmatische Theorien, b) Experimentelle Pragmatik, c) Interkulturelle Pragmatik und d) Anwendungen (z.B. Zweitspracherwerb) (3). |
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(in Anlehnung an Mann & Thompson 1988: 273) |
Besteht die Relation HINTERGRUNDzwischen (Teil)sätzen, steuert der eine Satz Information bei, die den anderen Satz hinsichtlich eines Aspektes verständlicher machen soll. In (101) leisten (2) und (3) diesen Beitrag in Bezug zu (1).
(101) |
Ab sofort können Sie erfahren, wieviel Ihre Kollegen verdienen (1). Zum 06.01.2018 ist das Lohntransparenz-Gesetz in Kraft getreten (2). Über den Betriebsrat kann ein Antrag gestellt werden, um Informationen über Vergleichsgruppen zu erhalten (3). (in Anlehnung an Mann & Thompson 1988: 273) |
Inzwischen ist der Ansatz von Mann & Thompson (1988) in verschiedenen Arbeiten weiterentwickelt worden. Man hat sich u.a. mit dem Inventar der Relationen, ihrer Systematisierung und ihrer formalen Repräsentation beschäftigt (vgl. u.a. Kehler 2002, Sanders et al. 1992, Asher & Lascarides 2003) (zu einem Überblick zur RST vgl. Taboada & Mann 2006).
In Abschnitt 1.1.2 haben wir bereits gesehen, dass das VorfeldVorfeld eine abgeleitete Position ist. Das heißt, dort wird kein Element basisgeneriert, sondern das Vorfeld ist das Ziel von A'-BewegungA'-BewegungNon-Argument-Bewegung.
Das Treppenhaus wird in (1) dorthin versetzt, hier durch kurze A'-BewegungKurze A'-Bewegung.
(1) |
[Das Treppenhaus] 1renoviert der Handwerker t 1. |
Eine derartige Besetzung des Vorfelds kann auch auf Distanz erfolgen. In (2) wird das Treppenhaus aus dem dass -Nebensatz ins Vorfeld bewegt.
(2) |
[Das Treppenhaus] 2hat Albert behauptet, [ CPdass der Handwerker t 2renoviert]. |
In aktueller generativer Syntaxtheoriewird (anders als noch im Stadium des in Abschnitt 1.1.3 skizzierten Modells) angenommen, dass Bewegung aufgrund bestimmter Anforderungen der Schnittstellen des Grammatiksystems (LF und/oder PF) erforderlich wird (vgl. z.B. Rizzi 2004, Fanselow 2006, 2008). Es gibt folglich interpretatorische oder phonologische Gründe für Bewegung.
Aber welche Konstituenten besetzen das Vorfeld? Gibt es Einheiten, die dort bevorzugt stehen, vielleicht sogar stehen müssen, oder andere, die aus dieser Position ausgeschlossen sind?
2.1 Drei Möglichkeiten der Vorfeldbesetzung
Da der linke Satzrand mit bestimmten informationsstrukturellen DimensionenInformationsstrukturelle Dimension in Verbindung gebracht wird, sollte man sich nach Frey (2006: 236) fragen, welche DiskursfunktionenDiskursfunktion die Phrasen, die im Vorfeld positioniert sind, aufweisen. Grundsätzlich können die Vorfeld-Phrasen ganz verschiedene pragmatische Eigenschaften haben, wobei ebenfalls auffällt, dass die Sätze je nach Vorfeldfüllung unterschiedlich gut bewertet werden (vgl. (3)).
(3) |
a. |
(Ich erzähle dir etwas über Hans.) |
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Den Hanswird eine polnische Gräfin heiraten. |
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b. |
Dem Hanshat Maria nicht geholfen, aber dem Otto. |
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c. |
Wem hat Maria geholfen? Hanshat sie geholfen. |
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d. |
Fast jeden Kollegenschätzt der Hans. |
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e. |
Fast jeder Kollegeschätzt den Hans. |
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f. |
Leiderhat keiner dem alten Mann geholfen. |
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g. |
Fast überallspielen Jungen gern Fußball. (Frey 2006: 236) |
In (3a) steht das TopikTopik im Vorfeld, in (3b) wird die Vorfeldkonstituente kontrastivKontrastfokus fokussiert und in (3c) ist die Position in der ersten Äußerung durch eine w-Phrase besetzt und in der zweiten durch den InformationsfokusInformationsfokus der Antwort. In (3d) kann fast jeden Kollegen kein Topik sein, weil die quantifizierte Phrase nicht referiert. Sie macht auch nicht den Fokus der Äußerung aus. Im Vergleich mit (3e) wirkt der Satz in Isolation markiert. Die Sätze unterscheiden sich darin, dass in (3e) ein Subjekt eines transitiven Verbs im Vorfeld steht, in (3d) ein Objekt. Mit einem passenden Kontext (vgl. (4)) verliert der Satz aus (3d) seine Markiertheit.
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