Kriterien für die Begutachtung von Lehrwerken (Auszug) ( www.km.bayern.de/…/7432_allgemeiner_kriterienkatalog_stand_mai_2016.pdf, 4f.; 07.07.2018)
Kritik am Lehrwerk Trotz solch grundlegender Kritik zeigt sich die Bedeutung eines Lehrwerks für die direkte Gestaltung des Italienischunterrichts in den impliziten Leistungen für Lehrende und Lernende. Für die Lehrkräfte bedeuten die Systematisierung, die didaktische Aufbereitung der Unterrichtsinhalte und die Vielfalt der Begleitmaterialien eine erhebliche Arbeitsentlastung. Lehrkräfte und Lernende werden von Lehrwerken in der Bestimmung des Lernfortschritts durch die Orientierungshilfe in Bezug auf den Lernstoff unterstützt. Damit wird unter anderem z.B. ein eventueller Schulwechsel erleichtert. Die verschiedenen Komponenten eines Lehrwerks belegen den aktuellen Sprachgebrauch, erklären landestypische kulturelle Besonderheiten und enthalten ausgewählte Beispiele der fremdsprachigen Literatur und Musik. Zusätzlich verweisen sie auf Arbeitstechniken und Nachschlagemöglichkeiten, u.a. auf Internetseiten, anhand derer die Benutzer Wissen und Fertigkeiten anwenden und vertiefen können. Bei entsprechender Gestaltung können Lehrwerke die Einstellung der Lernenden zur Sprache positiv beeinflussen und sie zur Beschäftigung mit der Sprache und den Ländern, in denen das Italienische einen muttersprachlichen oder gleichwertigen Status hat, ermuntern. Insbesondere fördern Lehrwerke die intrinsische Motivation der Schülerinnen und Schüler, wenn sie erkennen lassen, dass das im Italienischunterricht vermittelte sprachliche und kulturelle Wissen gezielt und nutzbringend eingesetzt werden kann.
Kriterien für LehrwerkanalysenDie Wirkung von Lehrwerken auf Unterricht, Lernende und Lehrende macht umfassende, differenzierte Lehrwerkanalysen (vgl. Michler 2005a ausführlich zu Französischlehrwerken) zu einem immer wieder aktuellen fachdidaktischen, unterrichtspraktischen und bildungspolitischen Desiderat. Für die von fachdidaktischen Überlegungen gesteuerte Überprüfungen von Italienischlehrwerken fehlen jedoch noch jenseits der amtlichen Zulassungsverfahren erschöpfende Analysen. Der auf Italienischlehrwerke bezogene brauchbare Kriterienkatalog in Christoph (2005, 58–61) muss vertieft und an neue fachdidaktische Tendenzen angepasst werden. Leitgedanke einer Untersuchung sollte sein, dass das Lehrwerk trotz seiner führenden Position im Unterricht ein Handwerkszeug ist, das von der Lehrkraft flexibel an die Belange des Unterrichts angepasst und in seiner inhaltlichen Aufbereitung regelmäßig aktualisiert werden muss.
Untersuchungsfelder für moderne Lehrwerke Untersuchungsfelder für moderne Lehrwerke sind:
Inhalte (v.a. sprachliche Mittel, Landeskunde),
Verhältnis von Übungen und Aufgaben,
Fertigkeitsschulung insbes. in Bezug auf Sprachmittlungsaufgaben,
grammatische, lexikalische und pragmatische Progression,
Wortschatz- und Grammatikpräsentation,
LerntechnikenLerntechniken bzw. LernstrategienLernstrategien,
Berücksichtigung mehrsprachigkeitsdidaktischer Aspekte,
InterInterkulturalität- und TranskulturalitätTranskulturalität,
Förderung der Mündlichkeit,
multimediale Komponenten,
implizite Möglichkeiten, Sprache ganzheitlich zu erfahren,
lebensweltlicher Bezug,
Layout und optische Gestaltung,
Preis.
Im Einzelnen bedeutet dies die Überprüfung
des Ausmaßes und der Art der Förderung des mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauchs und des Aufbaus funktionaler-kommunikativer Kompetenzen,
der Darbietung der sprachlichen und metasprachlichen Phänomene,
der Präsenz von landeskundlichen, inter- und transkulturellen sowie literarischen Inhalten,
der Hilfe bei der Entwicklung von Methodenkompetenz durch Lernstrategien und Arbeitstechniken,
der Integration ganzheitlicher Sprachlernansätze und der Verwirklichung allgemeiner pädagogisch-sozialer Zielsetzungen,
des Layouts, der Illustrationen,
des Vorhandenseins von notwendigen Bestandteilen für Schüler und Lehrkräfte.
Bestandteile für Lehrkräfte Unverzichtbar für die Zielgruppe der Lehrkräfte sind
Beschreibung der Konzeption des Lehrwerks,
Empfehlungen für die Darbietung der Unterrichtsgegenstände,
erweitertes Übungs- und Aufgabenangebot auch zur Leistungsmessung,
Lösungen zu allen Übungen,
vertiefende landeskundliche Informationen und Verweise auf ergänzende Quellen,
Programm zur Übungserstellung mit computergestützten Medien,
zusätzliches didaktisches Material (z.B. Folien; Tonträger; Kompetenztrainer),
weiterführende allgemeine und didaktische Literatur.
Bestandteile für Lernende Wesentliche Komponenten für die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler sind
der intellektuellen und sprachlichen Entwicklung der Lernenden angemessene, authentische und speziell angefertigte Texte, die den zu erlernenden Sprachgebrauch in unterschiedlichen, dem weiten Textbegriff entsprechenden Textsorten ausreichend belegen,
Illustrationen, die motivieren, Gedächtnisstützen sind, die fremde Wirklichkeit veranschaulichen und Sprechanlässe bieten,
ein als Arbeits- und Lernmittel geeigneter chronologischer Vokabelteil, der zusätzlich zu den italienisch-deutschen / deutsch-italienischen Wortgleichungen Hinweise auf Parallelen zu anderen (Schul-)Sprachen (vgl. Abb. 5.3), intrasprachliche Querverweise (z.B. auf Wortfamilien) gibt und / oder auf häufige Fehlerquellen verweist, und zumindest am Anfang auch phonetische Transkriptionen enthält, damit das Vokabelverzeichnis von den Lernenden eigenständig genutzt werden kann,
eine der Progression des Schülerbuchs folgende Darstellung der grammatischen Inhalte, in der die Regeln einsichtig und schüleradäquat beschrieben sowie durch klare Beispiele belegt werden; ergänzende Hinweise auf Zeichensetzung, Wortbildung und Präpositionen sind zweckmäßig,
Übungen und Aufgaben, die zur Festigung, freien Anwendung und Wiederholung der Inhalte des Sprachunterrichts befähigen. Da im modernen Fremdsprachenunterricht die LernerautonomieLernerautonomie eine bedeutende Rolle einnimmt, sind Lösungsschlüssel zur Selbstkontrolle für die Schülerinnen und Schüler erforderlich,
Vorstellung und Einübungsmöglichkeiten von LernstrategienLernstrategien und ArbeitstechnikenArbeitstechniken, die auf verschiedene LernertypenLernertyp zugeschnitten sind und der Eigenständigkeit der Lernenden entgegenkommen,
Tonaufnahmen der Lehrwerktexte und ausgewählter Übungstexte für das Hörverstehen, weiteres auditives Material,
Nachschlagekomponenten, z.B.: Inhaltsverzeichnis mit klar benannten pragmatischen und grammatischen Zielen sowie methodischen Kompetenzen und ausgewiesenen Wiederholungssequenzen; zweiteiliger (italienisch-deutsch / deutsch-italienisch) alphabetischer Vokabelteil, in dem die Erstbelege des jeweiligen Eintrags vermerkt sind; (Begriffs-)Register zur Grammatik; Erläuterungen der phonetischen Transkriptionszeichen; Hinweise auf die phonische Funktion der Grapheme der Fremdsprache; Zusammenstellungen von wichtigen Ausdrücken für den Klassenraumdiskurs; Abkürzungs- und Symbolverzeichnis; (kleines) Wörterbuch zur Landeskunde; Karten, Stadtpläne; Internetadressen etc.
Die Fülle der Untersuchungsobjekte bzw. -gesichtspunkte hat zur Folge, dass Lehrwerkanalysen je nach Schwerpunkt in der Regel unterschiedliche Befunde erbringen.
Abb. 5.3
Verweise auf Parallelen zu anderen Sprachen im chronologischen Vokabelteil (Schmiel/ Stöckle 2012, 169), © C. C. Buchner Verlag, Bamberg.
Problemfeld ‚authentisches Textmaterial‘ Die didaktische Forderung nach authentischem Textmaterial ist speziell für den Anfangsunterricht nur mit Schwierigkeiten bzw. Einschränkungen erfüllbar und verlangt Kompromisse. Passende authentische Texteauthentische Texte, die den Lerner nicht durch Überforderung demotivieren, sind nicht einfach zu finden. Folglich überwiegen in den Bänden für das erste und oft auch das zweite Lernjahr in der Regel didaktisierte Textedidaktisierte Texte, die sprachlich dem Lernstand und der von den Lehrwerkautoren gewählten Progression verpflichtet sind, inhaltlich jedoch nicht immer den Interessen der jugendlichen Lerner entsprechen. Bei modernen Lehrwerken kann indes ein Trend zu mehr authentischem Textmaterial (Lieder, Auszüge aus Jugendliteratur, aus Filmen etc.) festgestellt werden.
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