Der Deutsche Jugendverband für Nordschleswig wurde 1947 gegründet. In der Satzung des Jugendverbandes von 2017 ist als Ziel und Zweck des Jugendverbands festgesetzt, im Rahmen der deutschen Sprache Kultur, Sport und politische Bildung zu pflegen und zu fördern.1 Mitglied kann jeder Verein und Klub werden, der den Zielen zustimmt. 2017 hatte der DJN 21 Mitglieder, darunter Freizeit- und Jugendclubs, Sportclubs aller Art, eine Blaskapelle, den Club der Rappes (für Kinder aus Rapstedt/Ravsted) oder die Jungschützen Tondern (aus Tondern/Tønder).
Der Jugendverband ist Träger der Jugend- und Bildungsstätte „Knivsberg“. Sie ist kulturelles Zentrum und Treffpunkt der Minderheit. Hier finden Seminare zur politischen Bildung, Konzerte, Klassenfahrten und eine Reihe von Kursen in den Bereichen Kunst und Handwerk oder auch Erste-Hilfe-Kurse statt. In Zusammenarbeit mit dem DSSV wurde 2017 ein Lerngarten realisiert. Dabei handelt es sich um ein Projekt für Kinder aller Altersgruppen, das es ermöglicht, die Natur mit allen Sinnen zu erleben.
Jedes Jahr im Juni organisiert der DJN das Knivsbergfest. Früher war dieses Fest eine politische Manifestation der Minderheit, heute ist es ein Familienfest für Jung und Alt. In der Broschüre der Bildungsstätte Knivsberg heißt es:
Auch 2017 findet das Fest der Feste statt. Der Knivsberg lädt alle Verbände, Vereine, Institutionen, Freunde und Interessierte auf den Knivsberg ein. Kommt und genießt diesen Tag zusammen mit uns. Gemeinsam bieten wir Jungen sowie erwachsenen Sport-, Musik- und Kulturinteressierten einen Tag voller Spiel und Spaß. Alle sind willkommen, diesen Tag in vollen Zügen gemeinsam zu genießen.
So macht Nordschleswig mit einer vielfältigen Mischung aus Sport, Kunst & Kultur, Offiziellem, Kulinarischem, Information & Unterhaltung das Knivsbergfest zu einem jährlichen Highlight. Dabei ziehen alle Akteure an einem Strang, um das Knivsbergfest als Fest der gesamten Minderheit zu gestalten.
Seid dabei, habt Spaß und genießt mit uns die Vielfalt Nordschleswigs! (Brücke 2017: 11)
Für die Schüler der Minderheitenschulen war das Knivsbergfest 2016 und 2017 ein regulärer Schultag; die Schüler trugen T-Shirts mit Schullogo, sie wurden mit Bussen nach Knivsberg/Knivsbjerg gebracht und anschließend von ihren Eltern abgeholt. Diese Aktion erhöhte die Teilnehmerzahl beträchtlich.
Sozialdienst Nordschleswig
Der Sozialdienst Nordschleswig ist ein Dachverband für 15 Ortsvereine mit über 4.500 Mitgliedern. Er leistet eine Familienberatung und Besuchsfreunde und ist Träger des Hauses Quickborn, einer Begegnungs- und Erholungsstätte an der Flensburger Förde.1 Die Ortsvereine unterstützen Kurse, Veranstaltungen und Reisen für Familien, Jugend und Senioren. Das Leben der Minderheit ist für manche Mitglieder eng an den Sozialdienst geknüpft, so dass in vielen Orten das Aktivitätsniveau sehr hoch ist. Wie in Kindergärten und Schulen sind auch hier Majoritätsdänen willkommen. Während gemeinsame Aktivitäten – zum Beispiel im Rahmen des Sozialdienstes – früher wegen der nationalen Gegensätze undenkbar waren, nehmen heute durchaus einige Dänen daran teil. Die Familienberatung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Behörden, Gesundheitswesen, Selbsthilfegruppen und den Ortsvereinen.
Eine deutschsprachige Kirche
Die Minderheit hat volle Religions- und Sprachfreiheit. Sowohl die deutsche Minderheit als auch die dänische Mehrheit sind evangelisch-lutherisch und teilen sich auch die bestehenden Kirchengebäude der dänischen Folkekirke .
Seit 1920 werden die Gottesdienste und kirchlichen Amtshandlungen in deutscher Sprache durchgeführt. Die kirchliche Versorgung erfolgt einerseits durch deutschsprachige Stadtgemeinden in der dänischen Volkskirche ( Folkekirke ) in den vier größten nordschleswigschen Städten Apenrade/Aabenraa, Hadersleben/Haderslev, Sonderburg/Sønderborg und Tondern/Tønder und andererseits in den ländlichen Gebieten durch die Nordschleswigsche Gemeinde , die – 1923 als Freikirche nach dänischem Recht gegründet – selbständig ist, aber durch einen Anschlussvertrag eng mit der Nordkirche (früher Nordelbische Kirche ) verbunden ist. Sie hat fünf Pfarrbezirke, und zwar Burhkall/Burkal, Gravenstein/Gråsten, Hoyer/Højer zusammen mit Lügumkloster/Løgumkloster, Süder Wilstrup/Sønder Vilstrup und Tingleff/Tinglev, wo sich auch ein Kirchenbüro befindet. Früher gab es sieben Pfarrbezirke im ländlichen Bereich, heute sind es wegen gesunkener Einnahmen der Kirchensteuer in der Nordkirche, von der der Lohn des Pastors bezahlt wird, nur noch fünf. Die Pastorinnen und Pastoren unterstehen der geistlichen Aufsicht des Bischofs in Schleswig in Schleswig-Holstein.
Die deutschsprachige kirchliche Versorgung in Nordschleswig ist nach Meinung der Nordschleswigschen Gemeinde für den Zusammenhalt der Volksgruppe von nicht zu unterschätzender Bedeutung, da sie auch solche Menschen an die Minderheit bindet, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht den politischen oder kulturellen Organisationen der deutschen Volksgruppe anschließen möchten. Dazu kommt die Förderung der deutschen Sprache durch die Kirche, da sowohl mündlich als auch schriftlich nur Deutsch gebraucht wird.1
Das kulturelle Leben der Minderheit
Der BDN hat einen Kulturausschuss, der für die Gesamtplanung der Kulturarbeit der Volksgruppe zuständig ist. Jährlich findet eine Kulturkonferenz für alle Mitglieder und Interessierten statt. Die Veranstaltungen des „Festivals Deutscher Kultur“, die von den verschiedenen Verbänden arrangiert werden, spielen zusammen mit der Kirche eine große Rolle für das kulturelle Leben der Minderheit. Dazu kommt eine Reihe von kulturellen Traditionen, die die Minderheit mit der dänischen Majoritätskultur in Nordschleswig oder der deutschen Majoritätskultur in Schleswig-Holstein oder beiden gemeinsam hat. Minderheit und Mehrheit in Nordschleswig teilen den Mutterschaftsstorch (barselsstork) , das Katzenschlagen zu Fasching, Ostereier an Zweigen zur Dekoration, den Osterbrief, das Sankt-Hans-Feuer (am Abend des 23. Juni), Lanternelaufen, Wünsche für ein Frohes Neues Jahr mit Knallern vor der Tür und die Abiturientenmütze. Schultüten zur Einschulung hingegen und die Feier der deutschen Wiedervereinigung teilt die Minderheit allein mit der Majoritätskultur in Deutschland. Diese Zweiströmigkeit gehört zu der Besonderheit der Kultur der Minderheit. Sie ist sowohl mit der deutschen als auch der dänischen Kultur verwoben, die ihrerseits miteinander eng verwoben sind in Traditionen, die sich immer über die deutsch-dänische Grenze bewegen.
In der Literatur bekennen sich einige Schriftsteller Nordschleswigs eindeutig zur deutschen Minderheit und schreiben dementsprechend auch in deutscher Sprache. Oft haben Schriftsteller im Deutschen Volkskalender Nordschleswig debütiert und hier in den folgenden Jahren Novellen und Gedichte publiziert. Diese Möglichkeit existiert nicht mehr; 2011 ist das letzte Jahrbuch erschienen, der Volkskalender wurde nach 85 Jahren wegen Sparmaßnahmen eingestellt. Digitale Medien können vielleicht ihre Rolle als Kulturvermittler übernehmen. Westergaard (2000) schreibt, dass drei Autoren den Kern bilden: Hans Schmidt-Gorsblock (1889–1982), Harboe Kardel (1893–1982) und Ingrid Brase Schloe (geb. 1925), die alle Lyrik, Kurzprosa und Romane publiziert haben. In ihren Werken wird zum einen sehr viel Toleranz, zum anderen Identitätsfindung thematisiert. Letzteres bewegt nicht nur die Minderheit, sondern alle Menschen in dieser Grenzregion, in der zwei Kulturen und Sprachen aufeinander treffen. Der Autor Hans Schmidt Petersen (geb. 1962) gehört auch zur deutschen Minderheit, wohnt aber in Berlin. Sein Debüt-Roman erschien in dänischer Sprache, danach folgte eine Reihe von Kriminalromanen in deutscher Sprache.
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