BDN/SP Struktur1
Neujahrstagung und „Deutscher Tag“
Der BDN hat jedes Jahr zwei Veranstaltungen, an denen die deutsche Minderheit zusammenkommt und sich seinen Nachbarn präsentiert. Im Januar findet eine mehrtägige Neujahrstagung in einer Bildungsstätte des Deutschen Grenzvereins in Sankelmark (bei Flensburg) in Schleswig-Holstein statt. Hierbei treffen sich Gäste des Grenzvereins mit Mitgliedern und Freunden der deutschen Minderheit. Auf dem Programm stehen Vorträge über die Minderheit sowie politische und kulturelle Themen in Dänemark und Deutschland, Diskussionen, gemütliches Zusammensein der rund 150 Teilnehmer und jedes zweites Jahr auch das Kabarett „Heimatmuseum“ mit Parodien über die Minderheit.
Der „Deutsche Tag“ findet immer am ersten Sonnabend im November in der Turnhalle in Tingleff/Tinglev statt.1 Diese Tradition wurde 1921 gegründet und im Jahr 1948 wieder aufgenommen. Vormittags findet eine Informationsveranstaltung mit Referaten zur Situation der deutschen Minderheit und der politischen Lage in Dänemark statt. Nachmittags nehmen rund 500 Gäste der deutschen Minderheit, der Mehrheitsbevölkerung Dänemarks und Schleswig-Holsteins und andere Minderheiten an einer Festveranstaltung teil. Das Programm umfasst einen Festvortrag, Grußworte deutscher und dänischer Politiker und musikalische Beiträge. Das jährlich wechselnde Motto nimmt aktuelle Entwicklungen auf und soll das Selbstverständnis der Volksgruppe ausdrücken. Das Motto von 2017 „Vielfalt wählen – SP unterstützen!” war mit der offenen Werbung für die Schleswigsche Partei ein ungewöhnlich politisches Motto mit Bezug zur Kommunal- und Regionalwahl im selben Monat. Früher waren die Mottos nicht so direkt politisch, sondern unterstrichen eher Werte, wie zum Beispiel „Gemeinschaft stärken – Mitglied werden!“ (2016), „Minderheit: Toleranz und Verantwortung“ (2015) oder „Minderheit: Menschen machen’s möglich“ (2014). Das Motto hängt während der Veranstaltung als Banner in der Turnhalle. An einer anderen Wand hängen die EU-Flagge, die blau-gelbe Flagge der Minderheit, die schleswig-holsteinische, die deutsche und die dänische Fahne nebeneinander. Damit wird symbolisiert, wer die deutsche Minderheit ist, und dass Gäste willkommen sind. In Verbindung mit dem „Deutschem Tag“ finden auch lokale und regionale BDN-Veranstaltungen statt.
Abb. 3:
Flaggen Deutscher Tag
Heute gibt es eine Zentralbücherei in Apenrade/Aabenraa und vier Filialen in Hadersleben/Haderslev, Sonderburg/Sønderborg, Tondern/Tønder und Tingleff/Tinglev. Die Zentralbücherei versorgt auch fünfzehn Schulbibliotheken und zwei Büchereibusse für Angehörige der Minderheit, die mehr als fünf Kilometer von einer deutschen Bibliothek entfernt leben. Die deutschen Bibliotheken unterliegen dem dänischen Recht und werden zu zirka 35 Prozent vom dänischen Staat und zu 65 Prozent vom deutschen Staat finanziert. (Die dänischen öffentlichen Bibliotheken werden dagegen von den Gemeinden finanziert.) Ein neues Bibliotheksgesetz aus dem Jahr 2000 hat die dänischen und deutschen Bibliotheken stark verändert. Es besagt, dass öffentliche Bibliotheken freien Zugang zu Musik, Internet und elektronischem Material sowie zu gedrucktem Material gewähren müssen. Das hat neue Nutzer gefunden, die die Medien auf der Webseite der deutschen Bibliotheken finden oder die Bibliothekare in der Bibliothek befragen. Die deutschen Bibliotheken verzeichnen mittlerweile über 350.000 Ausleihen im Jahr.
Aus sprachlicher Sicht ist es für die Entwicklung der rezeptiven Deutschkompetenz wichtig, dass deutsche Medien für jeden zugänglich sind. Da die Bibliothekare mit den Ausleihern Deutsch sprechen, gehört die Bibliothek zu den Einrichtungen außerhalb von Kindergarten, Schule und Kirche, in denen Deutsch die Regel ist. So haben die Bibliotheken auch Einfluss auf die produktive Kompetenz in deutscher Sprache.
Die deutsche Minderheit verfügt über keine eigenen Fernsehprogramme. Mit finanzieller Unterstützung des Kultusministeriums kauft sie Sendezeit bei den dänischen Sendern, um von Montag bis Freitag drei Mal täglich eineinhalb Minuten Nachrichten auf Deutsch zu senden. Diese medienpolitische Begrenzung wird heute teilweise durch die digitale Verfügbarkeit der Minderheitenzeitung Der Nordschleswiger aufgefangen. Diese Tageszeitung vertritt die offizielle Position der Minderheit in politischen und kulturellen Angelegenheiten nach außen und informiert über die Belange der Minderheit. Sie erscheint in deutscher Sprache; Städtenamen werden jedoch auf Deutsch und Dänisch genannt; dänische Begriffe, die schwer übersetzbar sind, bleiben auf Dänisch und werden kursiv gesetzt. Bei offiziellen Titeln wird oft die dänische Entsprechung als Erläuterung in Klammern ergänzt, zum Beispiel „Regierungschef (Statsminister)“. Die dänische Sprache ist in geringem Umfang außerdem zum Beispiel in Leserbriefen und in Werbeanzeigen vertreten.
Der Nordschleswiger ist seit 2001 online, anfangs nur mit ausgewählten Artikeln der aktuellen Tagesausgabe; seit 2009 sind E-Abos möglich. Seit 2017 sind auf der neugestalteten Webseite auch Reportagen und Videos von aktuellen regionalen Ereignissen auf Dänisch mit deutschen Untertiteln eingestellt. Diese Umstellung und Entwicklung zum Online-Journalismus mit kürzeren Texten, Faktenboxen, Fotos und Videos bekommt seit einigen Jahren Unterstützung vom Kultusministerium in der Hoffnung, dass die Minderheit auf diese Weise gute Online-Angebote statt Radio und Fernsehen bekommt. Darüber hinaus bekommt Der Nordschleswiger – wie andere Zeitungen in Dänemark auch – staatliche Medienunterstützung in Höhe von 3 Mio. DKK (2017) sowie 18 Mio. DKK vom BDN.
2013 begann Der Nordschleswiger eine umfassende Zusammenarbeit mit deutschen und dänischen Medien, worin alle Texte und Fotos frei zugänglich sind. Dies Zusammenarbeit umfasst in Schleswig-Holstein den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag und die dänische Minderheitenzeitung Flensborg Avis und in Dänemark JydskeVestkysten , die einzige dänische regionale Zeitung in Nordschleswig. Damit werden die ökonomischen Ressourcen aller Zeitungen besser ausgenutzt. Trotzdem hindert es die Minderheitenzeitung nicht daran, eigene Aspekte und Auffassungen mitzuteilen. Im Jahr 2014 bekam diese Zusammenarbeit einen neuen Rahmen, als ein neues deutsch-dänisches Medienhaus in Apenrade/Aabenraa für Den Nordschleswiger, JydskeVestkysten und Syddanske Medier (heute Teil von Jysk Fynske Medier ) eingeweiht wurde. An einem Turm des Gebäudes laufen Nachrichten je eineinhalb Minuten auf Deutsch und auf Dänisch auf einem Lichtband.
Zwei Jahre später (2016) konnte Der Nordschleswiger sein 70-jähriges Jubiläum feiern. Die deutschsprachige Zeitung erschien ab 1946 als Wochenzeitung; sie war die erste freie deutsche Zeitung in Westeuropa. Seit 1951 ist sie eine Tageszeitung, mit aktuell rund 2.000 Abonnenten und vermutlich einem Leserkreis von bis zu 10.000 Menschen – im Vergleich zu der Anzahl der Mitglieder in der Minderheit eine hohe Anzahl.
Der Nordschleswiger redigiert auch die Zeitung WIR , die sich an Schulkinder und ihre Eltern richtet. Sie wird seit 2016 vier Mal im Jahr kostenlos an Kinder verteilt. Die Artikel der Zeitung sind auf Deutsch geschrieben mit einer kurzen Zusammenfassung auf Dänisch, so dass sowohl die Sprache als auch die Minderheitenidentität gefördert werden.
Der Deutsche Jugendverband für Nordschleswig (DJN)
Читать дальше