1 ...7 8 9 11 12 13 ...19 Als der Wassermann eines Tages nach Hause kam, sagte die Wassermannfrau zu ihm: „Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.“
„Was du nicht sagst!“, rief der Wassermann voller Freude. „Einen richtigen kleinen Jungen?“
„Ja, einen richtigen kleinen Wassermann“, sagte die Frau.
„Aber bitte, zieh dir die Stiefel aus und sei leise, wenn du hineingehst. Ich glaube, er schläft noch.“
Da zog sich der Wassermann seine gelben Stiefel aus und ging auf den Zehenspitzen in das Haus. Das Haus war aus Schilfhalmen gebaut, es stand tief unten auf dem Grunde des Mühlenweihers. Statt mit Mörtel war es mit Schlamm verputzt; denn es war ja ein Wassermannshaus. Aber sonst war es genauso wie andere Häuser auch, nur viel kleiner. Es hatte eine Küche und eine Speisekammer, eine Wohnstube, eine Schlafstube und einen Flur. Die Fußböden waren sauber mit weißem Sand bestreut, vor den Fenstern hingen lustige grüne Vorhänge, die waren aus Algen und Schlingpflanzen gewebt. Und natürlich waren alle Stuben, der Flur und die Küche und auch die Speisekammer voll Wasser. (Otfried Preussler „Der kleine Wassermann“ 1956, S. 3f.)
Zur Textkohäsion können also sowohl die Konstanz der Tempusform als auch die des Tempusregisters beitragen, folglich werden auch die textuellen Einschnitte dann am deutlichsten markiert, wenn sowohl das Tempusregister als auch die Tempusperspektive wechseln.
Der Verbmodusstellt die zentrale Kategorie im System der Modalität dar und trägt zur Textkonstitution weniger durch seine konstante Beibehaltung, sondern eher durch seinen konsequenten Diskursbezug bei. Moduskonstanz kommt als Element zur Textverknüpfung zwar prinzipiell in Frage, ist in der Regel jedoch auf wenige Textsorten und Textfunktionen beschränkt:
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(Betriebsanleitung „MOTOROLA GLEAM+ ger“ [Originalsymbole wurden durch Platzhalter ersetzt.])
Der Modus kodiert mit seinen 4 Subkategorien die Handlungsbedeutung von Aussagen. Dabei kommt der Imperativ als Befehlsform in schriftlichen Texten – abgesehen von denen mit starker Handlungsorientierung (s.o.) – immer weniger vor. Während der Indikativ in der Regel die Wirklichkeit des Gesagten festlegt, modifiziert der Konjunktiv den Wirklichkeitsbezug als potential bzw. irreal und ermöglicht deren kleinräumige Einbindung in den Text. Die Formen des Konjunktiv I ermöglichen darüber hinaus die Integration von Aussagen Dritter ohne Haftung für ihre Richtigkeit/Wahrheit.
Als Mittel der Textverknüpfung kann auch das wiederholte Auftreten von gleichen Formen der Diatheseinterpretiert werden. Sichtbar ist dies vor allem am gehäuften Auftreten von Passivformen, z.B. bei Nachrichtentexten:
Vor einer Schule im französischen Grenoble sind zwei Männer erschossen worden. Ein weiterer Mann wurde schwer verletzt, so Le Dauphiné Libéré am Montag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. (Der Standard 26. April 2016, S. 8)
Folgenreich für den Textverlauf ist vordergründig, dass Passivformen sog. „täterabgewandte“ Formen darstellen, weil sie es ermöglichen, das Agens zu verschweigen.
Beruht der Textzusammenhang auf textuellen Zeichenbeziehungen zwischen Lexemen der offenen Wortklassen (v.a. Nomina, Verben und Adjektive), liegt lexikalische Kohäsionvor. Am deutlichsten ist lexikalische Kohäsion als Mittel der Textverknüpfung, dabei an der einfachen Wiederholung von Wörtern (oder auch Wortgruppen) zu erkennen:
Über mein Studium gibt es nicht mehr zu sagen, als dass ich hinging. Von den vierzehn Semestern fielen zehn Leozum Opfer. […] Einzig in den wenigen guten Momenten (also wenn LeoAnzeichen von ernster Zuneigung zeigte), wurde das Studium zu mehr als bloßem melancholischen Schweifen im Zitatenfundus meiner Jugend. Dann habe ich Sätze wie Dieses Horn, das man Ohrmuschel (papillon) nennt, ist für die malischen Dogon und Bambaras ein männliches Glied – und der Gehörgang eine Vagina. Das gesprochene Wort ist das zur Befruchtung unerlässliche Sperma mit dem Textmarker zum Leuchten gebracht, so wie mich der Satz zum Leuchten brachte, denn es waren so gut wie Leos Worte. Aber wenn Leomich nach einem gemeinsamen Wochenende an der zugefrorenen Ostsee spätabends vor meinem Kerker der Einsamkeit mit einem stummen Kuss ablieferte, dann wurde mir das Denken zur Marter, das Atmen zur Qual und die Tage und Nächte ununterscheidbar finster.
(Anousch Mueller „Brandstatt“, München: Beck 2013, S. 73f. [Fettdruck zur Hervorhebung, nicht im Original])
Für die Wiederholung identischer lexikalischer Elemente begegnen in der Literatur die Begriffe ‚ Repetition‘ (vgl. Halliday/Hasan 1976) und ‚ Rekurrenz‘ (vgl. de Beaugrande/Dressler 1981). Wie im oben genannten Beispiel zu sehen ist, trägt die Wiederholung nominaler Referenzen zur Textverknüpfung bei,10 indem sie einen Themabeibehaltungshinweis abgibt. Im Vergleich zur Pronominalisierung ist die Repetition /Rekurrenz als Signal für die Themabeibehaltung deutlich stärker. Wenn sie allerdings in zu hoher Frequenz vorkommt, kann sie die Akzeptabilität eines Textes verringern, weil die lexikalische Wiederholung Redundanz erzeugt, was in Bezug auf die Stilwirkung im Extremfall zur Monotonie führen kann. Hinsichtlich ihrer Funktion der Wiederaufnahme steht die Repetition/Rekurrenz den Pro-Formen nahe. Sie ist denen gegenüber jedoch expliziter und stellt keine Suchanweisung dar.
Gegenüber der vollständigen Rekurrenz, bei der dasselbe Wort (dieselbe Wortgruppe) wiederholt wird, trägt die sog. „ partielle Rekurrenz“ zur Textverknüpfung bei, indem ein Wortstamm mit veränderter Wortart wiederaufgenommen wird. Im folgenden Text kommt beispielsweise das Basismorphem spiegel in zweifacher Form mehrmals vor:
Spiegeln(pacen, matchen) bezeichnet den Vorgang, bei dem sich eine Person an Teile des beobachteten Verhaltens einer anderen Person angleicht. Beispielsweise indem sie bewusst – und zwar behutsam, ohne die Person nachzuäffen – die gleiche Körperhaltung einnimmt oder einen anderen Aspekt der Körpersprache aufgreift (nonverbales Spiegeln). Ebenso kann die inhaltliche Aussage oder die Sprechweise der anderen Person gespiegeltwerden (= verbales Spiegeln). Auch das äußere Erscheinungsbild einer anderen Person kann gespiegeltwerden. Bei Fußballspielen pacen sich die Schlachtenbummler auf vielen Ebenen. So sind die Fans eines bestimmten Vereins an gleichen Schals, Mützen, T-Shirts, Jacken und Fahnen erkennbar. Schließlich werden Merkmale der Persönlichkeit – wie der Lebensstil, Vorlieben, Überzeugungen und Werte – gespiegelt, indem zum Beispiel die gleiche politische Grundüberzeugung kundgetan wird. (Armin Reins „Corporate Language“, Mainz: Hermann Schmidt 2006, S. 120; [Fettdruck zur Hervorhebung, nicht im Original])
Wird ein Referenzausdruck bei Beibehaltung des Referenzbezugs („Ko-Referenz“) durch einen anderen ersetzt, spricht man von Substitution. Dabei erfolgt durch die Ausdrucksvariation immer auch eine Weiterentwicklung des Themas (vgl. Hausendorf/Kesselheim 2008, S. 120f.), weil die eingeführte Referenz differenziert und ausgebaut wird. Grundlegend für Substitutionen sind semantische Beziehungen im Lexikon, zu denen vor allem die Synonymie, die Antonymie und die Hyponymie zählen.
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