Max Graff - Literarische Dimensionen der Menschenwürde

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Der für den heutigen Wertekanon zentrale Begriff der Menschenwürde wird zwar kontrovers diskutiert, bleibt aber unscharf. Die Literatur als Medium, das in der Uneindeutigkeit und in der Doppelbödigkeit erst seine vollen Sinnpotentiale entfaltet pflegt spätestens seit der Frühaufklärung einen eigenen Menschenwürdediskurs, der nicht bloß außerliterarische Argumentationen reproduziert, sondern die Frage nach der Menschenwürde auf eigene Weise, mit genuin literarischen Mitteln, beantwortet. Die Studie zeichnet die bislang vernachlässigten literarischen Dimensionen der Menschenwürde nach, anhand eines breiten Textcorpus, das von der Frühaufklärung bis in die Gegenwart reicht und unter anderem Texte von Gottsched, Schiller, Kotzebue, Büchner, Benn, P. Weiss, Schlink, Jelinek und von Schirach beinhaltet.

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Diesem Egoismus setzt Toni einen nicht auf anthropologischen oder philosophischen Überlegungen fußenden, sondern vollkommen intuitiven Altruismus entgegen: „Nicht wahr, Gustav? … Wir dürfen doch nicht nur an uns denken?!“ (FS 61). Aus Sorge um das Wohl ihrer zerrütteten Familie verzichtet Toni auf ein vermeintlich sicheres Leben und entsagt dem gemeinsamen Glück.

Bisherige Interpreten haben Tonis Verhalten recht unterschiedlich bewertet; dabei ist gerade die präzise Beschreibung dieser Figur entscheidend. Fritz Martinis Bewertung oszilliert zwischen der Feststellung der WillensunfreiheitWille, freier Wille der Figuren und dem Versuch, in Tonis als Beweis der menschlichen Würde interpretiertem Verzicht doch Ansätze einer freien und selbstständigen Entscheidung zu sehen – wenn auch mit tragischen Folgen für das IndividuumIndividuum.6 Für Siegwart Berthold basiert Tonis Entsagung auf einer ausschließlich sittlich motivierten Entscheidung, die eklatant der Auffassung von der DeterminiertheitDetermination des Menschen widerspricht.7 Die vielen Stellen, die auf MitleidMitleid und Rührung des Zuschauers zielen und dem Ideal des nüchternen naturalistischen Beobachterblicks eigentlich widersprechen, deutet Berthold im Kontext dieses Leitgedankens.8 Dieter Kafitz schließlich widerspricht solchen Deutungen, die das naturalistische Grundpostulat der Willensunfreiheit aufweichen wollen. Vielmehr sei Toni gefangen im nicht mehr zeitgemäßen Ideal des Kleinbürgers; letztlich ist ihr Verhalten durchaus Resultat der Determination durch ihr Milieu, durch die Selbstbilder und -ansprüche ihrer Familie und ihres sozialen Umfelds – ihr Verzicht kann nach Kafitz somit kein Akt der Würde sein.9

Dieser Blick auf die Forschung legt Grundprobleme der Interpretation offen: Ist Tonis Verhalten als Beweis der menschlichen Würde zu lesen, als Überwindung der WürdelosigkeitWürdelosigkeit des naturalistischen Dramenpersonals, wenn doch gleichzeitig jede Entscheidungsfreiheit und der freie WilleWille, freier Wille im Stück geleugnet werden? Handelt es sich schlichtweg um einen unauflösbaren Widerspruch, eine dramaturgische Schwäche? Steht am Ende doch das dem idealistischen Menschenwürdebegriff verpflichtete Lob einer sittlichen Handlung, die aus der Überwindung der eigenen Neigung resultiert? Oder bestätigt Tonis Verzicht das naturalistische Menschenbild, da er, letztlich vorhersehbar und notwendig, aus Milieu und Charakterdisposition ableitbar ist?

Nimmt man HolzHolz, Arno’ Auffassung von der „durchgängige[n] Gesetzmäßigkeit alles Geschehens“10 ernst, muss der Befund lauten: Tonis Entscheidung gegen das eigene Glück (und somit für die Familie) kann nur als angelernte Verhaltensweise, als ein notwendiges Fügen in ein sozial vermitteltes Rollenbild (das Bild der fürsorglichen, liebenden Tochter) gedeutet werden. Als Frau wird ihr keinerlei eigene Entscheidungsgewalt zuerkannt. Entsprechend artikuliert sie auch keinen Entscheidungsprozess, sondern eher sentenzhafte Phrasen: „Wir müssen – vernünftigVernunft sein! […] Aber: wir dürfen nicht! Nicht wahr? […] Wir dürfen doch nicht nur an uns denken?!“ (FS 60–61). Die gehäuft vorkommenden Modalverben verweisen auf einen Zwang, den Toni verspürt, ein diffuses Pflichtgefühl, das sie stark empfindet, dessen Ursprung sie aber nicht benennen kann.11 Deshalb will sie sich ständig rückversichern: „Nicht wahr?“ (FS 60; vgl. 61). Ihr individuelles Wohl und Wollen ordnet Toni vollkommen einem heteronomen Anspruch unter, von dem aber nie klar wird, was genau er ist. Von einer freiwilligen, autonomenAutonomie, gar moralischen Entscheidung Tonis kann also nicht die Rede sein. Trotz dieser DeterminiertheitDetermination sind aber Altruismus, Menschlichkeit und Nächstenliebe möglich ; sie können nur eben nicht die Folge autonomer Entscheidungen sein. Sie dürfen aber auch nicht als bloße Folge der Determiniertheit abgewertet werden, sondern erscheinen als zutiefst menschliche Qualität . Indem das Stück vorführt, dass der Mensch bei allem Gefangensein in Milieu und Umständen der (Nächsten-)Liebe fähig ist, erhält das Menschsein eine entscheidende Aufwertung, die nicht nur jenem, der menschlich handelt, sondern auch jenen, denen Menschlichkeit entgegengebracht wird, eine Würde verleiht, die die vorher festgestellte WürdelosigkeitWürdelosigkeit überwindet.12 Anders als Wendt kann deshalb Toni mit Bezug auf ihre Familie ausrufen: „Die armen, armen Menschen !“ (FS 58; m. H.). Der Glaube an die Menschlichkeit des Menschen ist jedoch nicht idealistisch begründet.

Innerfiktional deutet die Figur Wendt diesen neu entdeckten Glauben an die menschliche HumanitätHumanität an. Am Ende des Stücks, als klar ist, dass Toni um ihrer Familie willen in der Stadt bleiben wird, formuliert er eine Modifikation, wenn auch keine grundlegende Revision seines Menschenbildes:

[…] du machst mich jetzt zu einem anderen Menschen! … Du hast mich überhaupt erst zu einem gemacht, liebe Toni!

[…]

Das Leben ist ernst! Bitter ernst! … Aber jetzt seh ich, es ist doch schön! Und weißt du auch warum, meine liebe Toni? Weil solche Menschen wie du möglich sind! – Ja! So ernst und so schön! … ( streichelt ihr über das Haar. ) (FS 62)

Die doppelte Kennzeichnung des Lebens als „ernst“ und „schön“ entspricht dem vermeintlich widersprüchlichen Menschenbild des Naturalismus, der die traditionellen Begründungen der Menschenwürde aufhebt, eindrucksvoll deren vollkommene Unangebrachtheit illustriert, den Begriff aber trotzdem nicht aufgeben will. Menschenwürde wird redefiniert als Fähigkeit zur Menschlichkeit.

Die Figur des alten Kopelke illustriert genau denselben Punkt.13 Er ist freundlich, hilfsbereit und versucht, sich in den Dienst seiner Mitmenschen zu stellen, und gleichzeitig zweifelt er nicht an der DeterminationDetermination durch Milieu, Erziehung und Zeitumstände:

Ja! Wenn eener immer ville Jeld hat, wissen Se, denn mag’t ja wol noch jehn! […] Neh’m Se mir mal zun Beispiel! Ick wah ooch nich uff’n Kopp jefallen als Junge! Ick wah immer der Erste in de Schule! Wat meen’n Se woll?! … Abber de Umstände, wissen Se! de Umstände! Et half nischt! Vatter ließ mir Schuster weer’n! … Freilich, mit die Schusterei is det nu ooch nischt mehr heitzudage! Die ollen Fabriken, wissen Se! Die ollen Fabriken rujenieren den kleenen Mann! … Sehn Se! So bin ick eejentlich, wat man so ’ne verfehlte Existenz nennt! Nu bin ick sozesagen alles un janischt! […] Se haben alle nischt, die armen Deibels, den’n ick … [mit meinen Homöopathiekenntnissen aushelfe; MG] (FS 16)

So stellen HolzHolz, Arno und SchlafSchlaf, Johannes den Einsatz für den Mitmenschen als einen jenseits jeder sittlichen Entscheidung liegenden, genuin menschlichen Charakterzug dar, der zwar nicht jedem Menschen eignet, der aber als Potential in jedem Menschen angelegt ist – und selbst bei einer Figur, die mit ihren Ansichten das naturalistische Menschenbild bestätigt, vorkommt. Sogar der Vater, obwohl von Armut, ehelicher Frustration und Alkoholismus gezeichnet, zeigt „verdeckte Äußerungen von Zärtlichkeit“.14 Dass er der Zuneigungsbekundungen gegenüber seinen Kindern und der Äußerung seines Wunsches nach ehelichem Glück nur in alkoholisiertem Zustand fähig ist und ansonsten nur den Kanarienvogel ‚menschlich‘ behandelt (vgl. FS 19), stellt der vorsichtig hoffnungsvollen Überwindung der WürdelosigkeitWürdelosigkeit einen Eindruck entschiedener und bedrückender Negativität entgegen.15 Dieses Spannungsverhältnis ist typisch für den Würdediskurs des Textes.16 Tonis Menschlichkeit resultiert aus einem sozial anerzogenen Reflex; ihr menschenwürdiges Handeln ist Folge ihrer vollkommenen WillensunfreiheitWille, freier Wille und geht einher mit der Aufopferung ihres individuellen Glücks sowie der Preisgabe jedes Anspruchs auf SelbstverfügungSelbstverfügung und AutonomieAutonomie. Insofern ist an ihrem Verhalten auch nichts vorbildhaft, nachahmenswert oder tugendhaftTugend.17 Trotzdem bleibt das Faktum der durch Toni (und Kopelke) belegten Menschlichkeit. Die sozialkritische Dimension des Textes ist in dieser Lesart zu bestimmen als vehemente Kritik an Verhältnissen, die als einzig möglichen Menschenwürdebegriff eine diffuse, reflexartige Menschlichkeit zulassen. Gerade diese jedoch ist der Anlass und Ausgangspunkt des letztlich optimistischen, hoffnungsvollen Glaubens der Naturalisten an eine mögliche und zu leistende Besserung des Menschen.

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