Helena Olfert
Spracherhalt und Sprachverlust bei Jugendlichen
Eine Analyse begünstigender und hemmender Faktoren für Spracherhalt im Kontext von Migration
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
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© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
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ISBN 978-3-8233-8306-2 (Print)
ISBN 978-3-8233-0170-7 (ePub)
Zu dieser Arbeit leisteten verschiedene Personen einen wertvollen Beitrag, für den ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. Mein außerordentlicher Dank gilt Prof. Dr. Katja F. Cantone-Altıntaş für ihre Geduld, ihre Aufgeschlossenheit gegenüber meinem Zugang zu dem Thema und dafür, dass sie mir neue Denkweisen in Bezug auf Mehrsprachigkeit eröffnete. Prof. Dr. Christoph Schroeder danke ich für seine kritischen Fragen und die intensiven Diskussionen. Prof. Dr. Christina Noack möchte ich für ihr Vertrauen in mich und ihre stete Unterstützung danken. Meiner Mentorin Prof. Dr. Nicole Marx danke ich für ihre ermutigenden Worte auf den letzten Metern. Ein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Katharina Brizić für ihre kreativen Forschungsideen, die inspirierenden Gespräche und für ihren Ansporn, dem „Rauschen in den Daten“ nachzuspüren. Prof. Dr. Utz Maas, der meine Begeisterung für die Sprachwissenschaft weckte, gilt mein herzlichster Dank. Durch ihn lernte ich, bei linguistischen Fragestellungen über den Tellerrand hinauszublicken.
Ein großer Dank geht außerdem an alle Schülerinnen und Schüler, die an der Studie teilnahmen, ebenso wie an die interessierten Lehrkräfte und Schulleiterinnen und Schulleiter. Ohne ihr Engagement hätte es diese Studie nicht gegeben.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei allen bedanken, die mich auf meinem Weg durch wertvolle inhaltliche Diskussionen und kritisches Lesen der Arbeit, aber auch durch motivierende Aufmunterungen begleiteten: Sara Romano, Sven Oleschko, Dr. Majana Beckmann, Julia Hübner, Dr. Galina Putjata, Marina Root, Murat Kılıç, Dr. Valentina Cristante und Zuzanna Lewandowska.
Der größte Dank gilt jedoch meiner Familie und meinen Freunden, die stets an mich geglaubt haben. Jan danke ich dafür, dass er mir immer unterstützend und ermutigend zur Seite gestanden hat und mich die Arbeit auch mal hat vergessen lassen. Marina danke ich für ihren Optimismus und unerschöpflichen Humor. Schließlich möchte ich ganz besonders herzlich meinen Eltern und meiner Schwester danken, weil ich jederzeit auf sie zählen kann.
Ich finde es gut, Deutsch zu sprechen, aber meiner Meinung nach ist die Muttersprache am wichtigsten.
weiblich, 15, HL Arabisch
Ja, ich mag beide Sprachen. Wenn man mehrere Sprachen kann, hat man im Berufsleben mehr Chancen aufzusteigen, und es ist nichts Schlimmes, zwei Sprachen zu können.
männlich, 15, HL Russisch
Ich würde es sehr gut finden, wenn man in jeder Schule seine eigene Muttersprache lernen könnte!
männlich, 15, HL Türkisch
Ich finde es schön, wenn Kinder von Geburt an mehrere Sprachen lernen. Meiner Meinung nach kann das Gehirn besser Sprachen lernen, wenn man jünger ist. Später ist dann das Gehirn besser im Sprachenlernen trainiert als das von jemandem, der nur eine Sprache kann.
weiblich, 16, HL Italienisch
Um ehrlich zu sein, bin ich neidisch auf andere, die ihre Muttersprache gut sprechen können.
weiblich, 15, HL Polnisch
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
Der Erhalt von Heritage Languages (HL), also von allochthonen, intergenerational im Sinne eines sprachlichen Erbes weitergegebenen Minderheitensprachen, ist ein in der Mehrsprachigkeitsforschung aktuell vielfach diskutiertes Thema. Die Beschäftigung mit diesem Gegenstand rückt migrationsbedingte Mehrsprachigkeit und Minderheitensprachen mit geringem Prestige in den Fokus der Forschung und stellt nicht nur das gängige Verständnis von „muttersprachlicher“ Kompetenz infrage, sondern erweitert auch eine idealisierte Vorstellung von balanciert Mehrsprachigen um Sprecher mit weitaus vielfältigeren Sprachprofilen. Dieser Blick in die Peripherie von Sprachkompetenz- und -dominanzgraden Mehrsprachiger entspricht ungleich häufiger der tatsächlich beschriebenen sprachlichen Realität von HL-Sprechern, die auch ausschließlich über passive Kenntnisse ihrer HL verfügen können. Zudem gibt dieses Untersuchungsfeld Aufschluss über die Auswirkungen von außersprachlichen Merkmalen ganzer Sprechergruppen oder einzelner Individuen auf den Sprachkompetenzgrad in der HL. Dieser spiegelt als Ergebnis des Spracherwerbsprozesses die Bedeutsamkeit externer Kontextbedingungen für den Erhalt von Minderheitensprachen in der Migrationssituation wider. Die vorliegende Arbeit widmet sich diesem letztgenannten Aspekt und untersucht den Einfluss unterschiedlicher außersprachlicher Faktoren auf den Erhalt bzw. den Verlust der HL bei Jugendlichen der zweiten Migrantengeneration.
Ziel dieser Arbeit ist es, zur Beschreibung der Sprachverlust- bzw. Spracherhaltprozesse ein integratives Regressionsmodell der Einflussfaktoren für Spracherhalt in der Migration zu schaffen, das bereits vorhandene Ansätze aus der Attritions- und der Sprachtodforschung auf den jugendlichen HL-Sprecher überträgt und so mit bestehenden Erkenntnissen der HL-Forschung vereint. Das Modell soll dabei sowohl sprachbiographische als auch sozio-emotionale Faktoren sowie Kontexte des Sprachgebrauchs im Sinne des Registerbegriffs berücksichtigen. Auf diese Weise können zum einen die in der Sprachtodforschung aufgestellten Hypothesen über Wirkungszusammenhänge externer Faktoren auf das Aussterben autochthoner Minderheitensprachen (vgl. Sasse 1992) in einem allochthonen Kontext überprüft werden. Zum anderen können die in der Attritionsforschung bestehenden Annahmen über die Bedeutung einzelner außersprachlicher Faktoren für den Erhalt einer Sprache in der Migrationssituation (vgl. Schmid 2011) durch deren Transfer auf Sprecher eines anderen Spracherwerbstyps validiert werden. Diese sollen zudem an einer größeren Teilnehmerzahl und an unterschiedlichen HLs getestet werden.
Zu der grundsätzlichen Frage des Erhalts oder Verlusts von allochthonen Sprachen liegt eine Vielzahl von Studien vor, die zumindest einige außersprachliche Einflussfaktoren in die Analyse einbeziehen und hierdurch wichtige Hinweise auf bedeutende Wirkungszusammenhänge liefern. Die meisten dieser Studien, die bereits Bezüge zwischen externen Faktoren und dem Erhalt bzw. Verlust von allochthonen Minderheitensprachen in der Migrationssituation nachzeichnen, sind der Attritionsforschung zu erwachsenen Sprechern der ersten Einwanderergeneration zuzurechnen (vgl. Beiträge in Köpke et al. 2007; Schmid et al. 2004; Schmid & Köpke 2013). Allerdings berücksichtigen sie meist aufgrund einer geringen Probandenanzahl nur einige der Einflussmerkmale und widmen sich der Erforschung einer spezifischen Sprechergruppe in einem bestimmten sprachlichen Kontext, was teilweise zu sich widersprechenden Ergebnissen in der Einschätzung der einflussrelevanten Faktoren führte. Da sich die Sprecher in diesen Studien zudem von HL-Sprechern durch eine anders gelagerte Spracherwerbssituation unterscheiden, wird die grundsätzliche Übertragbarkeit der gemäß der Attritionsforschung für Spracherhalt förderlichen Faktoren auf den Kontext der HL-Sprecher in dieser Forschungsarbeit überprüft.
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