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Weiters sind seit der Novellierung des CGK 2012 aufgrund des 2. Stabilitätsgesetzes und der damit verbundenen Änderung einiger Bestimmungen des Aktiengesetzes und des Unternehmensgesetzbuches im Corporate Governance-Bericht gem. § 243c Abs 2 Z1 UGB die Gesamtbezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder (§ 239 Abs 1 Z 4 lit. a UGB) und die Grundsätze der Vergütungspolitik anzugeben. Seit dem 3.7.2016 ist die Marktmissbrauchsverordnung[15] in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Sie enthält wichtige, früher im BörseG geregelte Bestimmungen, wie etwa das Führen von Insiderlisten und die Meldepflicht von Eigengeschäften (directors' dealings). Die wesentlichen Vorgaben in Zusammenhang mit directors' dealings enthält Art. 19 der Marktmissbrauchsverordnung. Die Bestimmung des Art. 19 der Marktmissbrauchsverordnung enthält die Pflicht zur Meldung von Eigenschaften, zur Belehrungs- und Aufbewahrungspflicht, sowie zu Handelsverboten. Meldepflichtig sind Personen, die bei Emittenten von Finanzinstrumenten Führungsaufgaben übernehmen, sowie mit Führungskräften in enger Beziehung stehende Personen. In enger Beziehung zu einer Führungsperson stehen etwa Ehepartner und Partner, die nach nationalem Recht Ehepartnern gleichgestellt sind (Art. 3 Abs. 1 Z 26 lit. a der Marktmissbrauchsverordnung).Meldepflichtig sind zunächst alle entgeltlichen und unentgeltlichen Eigengeschäfte mit Anteilen oder Schuldtiteln des betroffenen Emittenten oder damit verbundenen Derivaten oder anderen damit verbundenen Finanzinstrumenten (Art. 19 Abs. 1 lit. a der Marktmissbrauchsverordnung). Director Dealings sind für alle Geschäfte in einem Kalenderjahr bis 5 000 EUR nicht meldepflichtig.
4. Österreichischer Corporate Governance Kodex
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In Ergänzung zu den gesetzlichen Bestimmungen wurde mit dem Corporate Governance Kodex (CGK) den österreichischen Aktiengesellschaften ein Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung des Unternehmens zur Verfügung gestellt. Dieser enthält die international üblichen Standards für gute Unternehmensführung, aber auch die in diesem Zusammenhang bedeutsamen Regelungen des österreichischen Aktienrechts. Seit seiner Schaffung wurde der CGK mehrmals novelliert. Die letzte Novelle stammt aus 2015. Hauptinhalte der Kodexrevision 2015 waren die Umsetzung der Empfehlung der EU-Kommission vom 9.4.2014 zur Qualität der Berichterstattung über die Unternehmensführung („Comply or Explain“) und die Berücksichtigung der neuen AFRAC-Stellungnahme zur Aufstellung und Prüfung eines Corporate Governance-Berichts gem. § 243b UGB.
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Der CGK ist gesetzlich nicht verpflichtend anwendbar. Geltung erlangt er durch freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen zu den „Corporate Governance“-Grundsätzen. Zu beachten ist allerdings § 243c UGB, wonach eine Aktiengesellschaft, deren Aktien zum Handel auf einem geregelten Markt i.S.d. § 1 Abs. 2 BörseG zugelassen sind oder die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien auf einem solchen Markt emittiert und deren Aktien mit Wissen der Gesellschaft über ein multilaterales Handelssystem i.S.d. § 1 Z 9 WAG 2007 gehandelt werden, hat einen Corporate Governance-Bericht aufzustellen hat, der zumindest die folgenden Angaben enthält:
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die Nennung eines in Österreich oder am jeweiligen Börseplatz allgemein anerkannten Corporate Governance Kodex; |
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die Angabe, wo dieser öffentlich zugänglich ist; |
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soweit sie von diesem abweicht, eine Erklärung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen diese Abweichung erfolgt; |
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wenn sie beschließt, keinem Kodex i.S.d. Z 1 zu entsprechen, eine Begründung hiefür. |
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Alle börsennotierten Gesellschaften sind in dem CGK aufgerufen, sich durch eine öffentliche Erklärung zur Beachtung des CGK zu verpflichten und die Einhaltung der einzelnen Regelungen regelmäßig und freiwillig durch eine externe Institution evaluieren zu lassen und darüber öffentlich zu berichten. Auch wenn sich der CGK vorrangig an österreichische börsennotierte Aktiengesellschaften richtet, so wird in dem CGK empfohlen, dass sich auch nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften daran orientieren, soweit die Regeln auf diese anwendbar sind.
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Der CGK enthält außer wichtigen gesetzlichen Vorgaben international übliche Vorschriften, deren Nichteinhaltung erklärt und begründet werden muss. Darüber hinaus enthält er Regeln, die über diese Anforderungen hinausgehen und freiwillig angewendet werden sollten. In diesem Sinn umfasst der CGK folgende Regelkategorien:
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Legal Requirement (L): Regel beruht auf zwingenden Rechtsvorschriften, |
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Comply or Explain (C): Regel soll eingehalten werden; eine Abweichung muss erklärt und begründet werden, um ein kodexkonformes Verhalten zu erreichen, |
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Recommendation (R): Regel mit Empfehlungscharakter; Nichteinhaltung ist weder offenzulegen noch zu begründen. |
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Der CGK sieht eine freiwillige und regelmäßige Prüfung und öffentliche Berichterstattung über die Einhaltung des Regelwerkes vor. Dennoch enthält dieses keine Sanktionen für den Fall, dass die Regelungen nicht eingehalten werden. Vielmehr soll der Kapitalmarkt die Einhaltung des Kodex durch höhere Börsenkurse belohnen und Unternehmen, die sich dem Kodex nicht unterwerfen oder sich nicht daran halten, bestrafen oder haftbar machen.
5. Gesellschaftsrechtliche Compliance
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Eine Compliance-Organisation sollte auch sicherstellen, dass eine persönliche Haftung bzw. Strafbarkeit ihrer Organe vermieden wird. Neben den allgemeinen Ausführungen zuvor betreffend die Haftung der Organe ist dabei an folgende gesetzlich geregelte Haftungs- und Straftatbestände zu denken, wobei die Aufzählung nur beispielhaft erfolgt:
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Gem. § 22 Abs. 1 GmbH hat der Geschäftsführer einer GmbH und gem. § 82 AktG hat der Vorstand einer AG sicherzustellen, dass ein Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem geführt werden, welche den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Weiters haben sie sicher zu stellen, dass der Jahresabschluss rechtzeitig aufgestellt wird. Werden falsche Angaben gemacht oder erhebliche Umstände verschwiegen, so kann dies gem. §163a StGB (Unvertretbare Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände) mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren sanktioniert werden. |
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Der Geschäftsführer einer GmbH ist gesetzlich zu einer Vielzahl von Anmeldungen zum Firmenbuch verpflichtet (z.B. Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Übergang eines Geschäftsanteils, Änderung des Gesellschaftsvertrages). Kommt der Geschäftsführer diesen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach, so kann das Firmenbuchgericht Zwangsstrafen gem. § 24 FBG verhängen. Parallel dazu haftet der Geschäftsführer für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit oder die Unterlassung von Anmeldungen entstehen. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so haften diese solidarisch. Die Haftung besteht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber Gesellschaftern und Gläubigern (§ 26 GmbHG). Auch bei der AG treffen den Vorstand Verpflichtungen zur Durchführung von Firmenbuchanmeldungen (§ 73 AktG). |
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§ 14 Abs. 5 UGB sieht Strafen für die vertretungsbefugten Organe eines Unternehmens vor, wenn sie gewisse Mindestinformationen auf den Geschäftspapieren nicht ersichtlich machen. |
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Für bestimmte Geschäftsführungsentscheidungen benötigt sowohl ein Vorstand als auch ein Geschäftsführer die Zustimmung von anderen Organen, sei es von dem Aufsichtsrat oder der Generalversammlung. Die Grundlage dafür kann sich einerseits aus dem Gesetz, andererseits aus Satzung/Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung oder Gesellschafterbeschluss ergeben. Ein ohne oder gegen die Genehmigung des Aufsichtsrates oder der Generalversammlung getätigtes Geschäft ist trotzdem wirksam und bindet die Gesellschaft.[16] Wurde ein zu genehmigendes Rechtsgeschäft ohne Befassung des Aufsichtsrates durchgeführt, kann der Vorstand für einen aus diesem Rechtsgeschäft entstandenen Schaden ersatzpflichtig werden.[17] |
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Gem. § 82 Abs. 1 GmbHG und gem. § 52 Abs. 1 AktG darf ein Unternehmen an ihre Gesellschafter nichts außer dem ordnungsgemäß festgestellten und zur Verteilung beschlossenen Bilanzgewinn leisten („Verbot der Einlagenrückgewähr“). Ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts; Aktionäre und Gesellschafter sind zum Rückersatz des Geleisteten verpflichtet (§ 56 Abs. 1 AktG, § 83 Abs. 1 GmbHG). Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft gem. § 25 GmbH für den dieser dadurch verursachten Schaden. Das gleiche gilt bei der AG gem. § 84 AktG. |
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