4. Kapitel Lauterkeitsstrafrecht
5. Kapitel Kartellstrafrecht – Strafbares Verhalten bei Ausschreibungen
6. Kapitel Die Bußgeldtatbestände des GWB
7. Kapitel Das Kartell-Bußgeldrecht der Europäischen Union
3. Teil Delikte gegen den Wettbewerb› 1. Kapitel Überblick
Prof. Dr. Hans Achenbach
A.Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts1 – 4
I. Unlauterkeits- und Kartellstrafrecht (i.w.S.)1
II. Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht2
III. Standort3, 4
B. Das Kartellbußgeldrecht der EU als unmittelbar anwendbare europäische Regelung5
C. Die Erneuerung der Rechtsgrundlagen des deutschen Wettbewerbsrechts6 – 8
I. UWG7
II. GWB8
D. Praktische Bedeutung9 – 11
I. Lauterkeitsstrafrecht10
II. Kartellstrafrecht- und -ordnungswidrigkeitenrecht11
Inhaltsverzeichnis
A. Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts
B. Das Kartellbußgeldrecht der EU als unmittelbar anwendbare europäische Regelung
C. Die Erneuerung der Rechtsgrundlagen des deutschen Wettbewerbsrechts
D. Praktische Bedeutung
Literatur:
Pichler Das Verhältnis von Kartell- und Lauterkeitsrecht, 2009; Schwipps Wechselwirkungen zwischen Kartell- und Lauterkeitsrecht, 2009.
3. Teil Delikte gegen den Wettbewerb› 1. Kapitel Überblick› A. Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts
A. Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts
I. Unlauterkeits- und Kartellstrafrecht (i.w.S.)
1
Als Wettbewerbsstrafrecht fassen wir, entsprechend der Gliederung des Wettbewerbsrechts, zwei Rechtsgebiete mit unterschiedlicher Zielsetzung und Ausprägungzusammen:[1]
1. |
das Unlauterkeitsstrafrecht , d.h. die Rechtsnormen, welche die Ahndung von Verstößen gegen die Lauterkeit des Wettbewerbs zum Ziel haben, sowie |
2. |
das Recht der ahndenden Sanktionen gegen die von der Rechtsordnung nicht zugelassenen Beschränkungen des Wettbewerbs, also das Kartellstrafrecht (i.w.S., s. sogleich). |
II. Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht
2
Im Blick auf die Art der möglichen Rechtsfolgen erweist sich der gesamte Komplex als Strafrecht im weiteren Sinne. Denn neben genuinen Straftaten, also Verhaltensweisen, für welche Strafe als die spezifisch kriminalrechtliche, mit einem staatlichen Unwerturteil über den Täter verbundene Rechtsfolge angedroht wird[2], finden sich namentlich auf dem Gebiet des Kartellrechts weithin Ordnungswidrigkeiten– freilich solche, die mit Geldbußen von erheblicher Höhe bedroht werden, nämlich nach § 81 Abs. 4 S. 1 GWB bis zu 1 Mio. € bzw. gemäß § 81 Abs. 3a-3e. Abs. 4 S. 2-4, Abs. 4a S. 1 GWB bei Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen (3. Teil 6. Kap. Rn. 50 f.) bis zu 10 v.H. des in dem der Behördenentscheidung (also der Zustellung des Bußgeldbescheids) vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes der gesamten weltweit operierenden wirtschaftlichen Einheit.
3
Der Standort dieser Rechtsmaterien hat sich im Laufe der Rechtsentwicklung differenziert. Lange Zeit handelte es sich um einen reinen Gegenstand des Nebenstrafrechts: Das Unlauterkeitsstrafrecht fand sich traditionell im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ( UWG), dessen erste Fassung vom 27.5.1896[3] bald ersetzt worden war durch das UWG vom 7.6.1909[4]. Die ahndenden Sanktionen gegen die Beschränkungen des Wettbewerbs nach deutschem Recht (s. aber u. Rn. 5) waren und sind geregelt im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( GWB), das für die eigentlichen Kartellrechtsverstöße von Anfang an, d.h. seit der ursprünglichen Fassung vom 27.7.1957[5], allein Bußgeldtatbestände enthielt und heute noch enthält (zunächst in den §§ 38, 39, seit 1.1.1999 in § 81 des Gesetzes[6]).
4
Seit den neunziger Jahren des 20. Jhdts. finden sich wettbewerbsstrafrechtliche Tatbestände aber auch im Kernstrafrechtdes StGB. Zunächst erklärte der BGH in einem Aufsehen erregenden Urteil vom 8.1.1992[7] den Betrugstatbestand des § 263 StGB für prinzipiell anwendbar auf die Abgabe abgesprochener überhöhter Angebote in Submissionsverfahren und begründete damit trotz heftiger literarischer Kritik eine inzwischen gefestigte ständige Rechtsprechung (u. 3. Teil 5. Kap. Rn. 5 ff.). Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997[8] schuf dann im StGB einen ganzen neuen 26. Abschnitt unter der Überschrift „Straftaten gegen den Wettbewerb“ und stellte dort den als § 298 StGB neu geschaffenen Straftatbestand der „wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen“ ein, der schon die bloße Abgabe eines abgesprochenen Angebots mit wettbewerbsbeschränkender Zielsetzung – unabhängig von der Reaktion auf Seiten des Ausschreibungsveranstalters und einem etwaigen Vermögensschaden – unter Strafe stellt (dazu näher u. 3. Teil 5. Kap. Rn. 11 ff.). Auf der anderen Seite wurde § 12 UWG a.F. unter der Bezeichnung „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ als § 299 in das StGB übernommen; der Tatbestand blieb indes im Sachgehalt unverändert und wurde lediglich in der Abfolge der Absätze an die §§ 331 ff. StGB angepasst (s. näher u. 3. Teil 2. Kap.). Zu dieser Norm hat der Gesetzgeber in den §§ 300–302 StGB ergänzende Regeln formuliert, die zu einem Teil ebenfalls aus dem UWG übernommen worden sind. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen hat 2016 in den §§ 299a und 299b StGB die Tatbestände der Bestechlichkeit und der Bestechung im Gesundheitswesen daneben gestellt, für die ebenfalls die Vorschrift des § 300 StGB über besonders schwere Fälle gilt (dazu eingehend u. 3. Teil 4. Kap.).
[1]
Ebenso Tiedemann WiStrR, Rn. 150. Abweichend will Pichler S. 187 ff., 422 ff., freilich ohne auf die strafrechtliche oder strafrechtsähnliche Ahndung einzugehen, eine weitgehende Konvergenz beider Materien annehmen. Trotz Befürwortung einer Identität der Schutzzwecke von Lauterkeits- und Kartellrecht schreibt Schwipps S. 99 ff., 228 f., ihnen dagegen unterschiedliche Regelungsbereiche zu.
[2]
Vgl. BVerfGE 22, 49, 80.
[3]
RGBl., 145.
[4]
RGBl., 499.
[5]
BGBl. I, 1081.
[6]
Zur Entwicklung im Einzelnen ausführlich Achenbach in: FK-KartR, § 81 GWB Rn. 208 ff.
[7]
BGHSt 38, 186; vollständige Fassung in: wistra 1992, 98.
[8]
BGBl. I, 2038.
3. Teil Delikte gegen den Wettbewerb› 1. Kapitel Überblick› B. Das Kartellbußgeldrecht der EU als unmittelbar anwendbare europäische Regelung
B. Das Kartellbußgeldrecht der EU als unmittelbar anwendbare europäische Regelung
5
Beide Teilgebiete des Wettbewerbsrechts stehen unter starkem Einfluss des Europarechts, das wesentliche inhaltliche Maßstäbe für die Ausformung der deutschen Regelungen vorgibt. Im Kartellrecht der EU finden sich jedoch Normen, welche es ermöglichen, für Sachverhalte mit Inlandsberührung unmittelbar europarechtlich geregelte ahndende Sanktionen zu verhängen: das Kartellbußgeldrecht der Europäischen Union. Dieses gibt in Fällen, deren Auswirkungen über das Gebiet eines einzelnen Mitgliedstaates der EU hinausreichen, eine europarechtliche Grundlage für die Festsetzung von Geldbußen zur Sanktionierung bestimmter Verstöße. Dabei ist wiederum zu unterscheiden:
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