2.2 Wahl der Rechtsform der Joint Venture Gesellschaft
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Für einen Joint Venture Partner können wirtschaftlich identische Sachverhalte in Abhängigkeit von der gewählten Rechtsform der Joint Venture Gesellschaft teilweise mit unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzenverbunden sein. Vor dem Hintergrund seiner steuerlichen Ziele stellt sich für diesen deshalb die Frage nach der aus steuerlicher Sicht optimalen Rechtsform. Dabei haben die Joint Venture Partner die grundsätzliche Wahl zwischen der Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft als Personen- bzw. als Kapitalgesellschaft.
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Prinzipiell sind Personengesellschaftenals mögliche Rechtsform für unternehmerische Aktivitäten in fast allen Staaten der Welt bekannt. Bei den in Deutschland gebräuchlichen Grundformen von Personengesellschaften handelt es sich um die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offenen Handelsgesellschaft oder die Kommanditgesellschaft.[9] In der Gestaltungspraxis ist vor allem die Joint Venture GmbH & Co. KG relevant, während die Außen-GbR und die OHG wegen der drohenden unbeschränkten Haftung für die Joint Venture Partner regelmäßig nicht in Frage kommen.[10]
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Aus steuerlicher Sicht besteht das Wesensmerkmal einer Personengesellschaft darin, dass diese in Deutschland und den meisten Industrienationen als transparentbetrachtet wird. Als Folge hiervon erfolgt die Besteuerung nicht auf Gesellschafts- sondern auf Gesellschafterebene.[11] Die Gesellschafter der Personengesellschaft werden als Mitunternehmerbetrachtet, denen die auf Gesellschaftsebene erzielten Einkünfte anteilig unmittelbar zugerechnet werden („Mitunternehmerkonzept“). Sondervergütungen, die aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Personengesellschaft und deren Gesellschaftern geleistet werden, werden in Deutschland als Teil des Gewinns der Personengesellschaft behandelt und steuerlich ebenfalls auf Gesellschafterebene erfasst.
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Demgegenüber ist eine Kapitalgesellschafteine zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks gegründete Personenvereinigung, bei der das Organisationsstatut die Zweckbindung weitgehend unabhängig von ihrem Mitgliederbestand gewährleistet. Eine Kapitalgesellschaft ist ein eigenständiges Rechtssubjekt (juristische Person), bei dem die Haftung der Gesellschafter begrenzt ist. Steuerlich stellt sie ein eigenständiges Steuerrechtssubjektdar, bei dem zwischen der Gesellschafts- und Gesellschafterebene differenziert wird. Aufgrund dieser Rechtsfähigkeit werden schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerlich grundsätzlich anerkannt, sofern die schuldrechtliche Vereinbarung einem Fremdvergleich standhält. Bei den in Deutschland verbreiteten Grundformen der Kapitalgesellschaft handelt es sich um die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft.[12]
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Vergleichbar ausgestaltete Gesellschaften (z.B. Ltd.) sind auch in ausländischen Rechtsordnungen bekannt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es zulässig, sich für die Geschäftstätigkeit im eigenen Land auch der Gesellschaftsformen anderer Mitgliedsländer der Europäischen Unionzu bedienen.[13] Sofern die relevanten Anknüpfungspunkte vorliegen,[14] besteht bei der steuerlichen Behandlung einer ausländischen Gesellschaftsform kein Unterschiedzu einer im deutschen Recht vorgesehenen Gesellschaftsform.
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Die sich beim Joint Venture Partnerletztendlich mit der Wahl der Rechtsform der Joint Venture Gesellschaft ergebenden ertragsteuerlichen Folgen hängen wiederum erheblich davon ab, ob dieser selbst als eine unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligte natürliche Person einkommensteuerpflichtigoder als Kapitalgesellschaft körperschaftsteuerpflichtigist.[15]
2.3 Steuerliche Überlegungen bei der finanziellen Ausstattung der Joint Venture Gesellschaft
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Grundsätzlich steht es dem Gesellschafter einer Joint Venture Gesellschaft frei, die Finanzmittel zur Kapitalausstattung des Joint Ventures in Form von Eigen- oder Fremdkapital(Gesellschafterdarlehen) zu gewähren.
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Die Form der Kapitalausstattungeiner Joint Venture Gesellschaft stellt primär eine betriebswirtschaftliche Entscheidung dar. Sie zielt auf die Minimierung der Kapitalkosten und die Maximierung der Eigenkapitalrendite. Die betriebswirtschaftlich „richtige“ Finanzierungsform als solche gibt es dabei allerdings nicht; es kommt immer auf die individuellen Prämissen des Joint Venture Partners an. Die durch die Finanzierungsform ausgelöste Steuerbelastung ist als wirtschaftlicher Kostenfaktor in diesem Zusammenhang aber in hohem Maße entscheidungsrelevant. Denn das vorrangige Ziel der Steuerplanung – insbesondere bei grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten – muss die Minimierung der Steuerkosten (sog. Konzernsteuerquote) im Gesamtkonzern sein.[16] Unter diesem Gesichtspunkt sollte die steuerplanerische Zielvorgabe für eine Optimierung der Unternehmensfinanzierung im Gesamtkonzern bei einem gegebenen Bestand an Eigenkapital wie folgt sein:[17]
| – |
Fremdkapitalausstattungderjenigen Joint Venture Geschäftseinheiten (Kapitalgesellschaften, Betriebsstätten), bei denen die steuerliche Wirkung des Zinsabzuges am größten ist - d.h. also in den Ländern mit hohen Grenzsteuersätzen und möglichst geringer formaler Einschränkung der Gesellschafter-Fremdfinanzierung – wie z.B. sog. Thin Capitalization Restriktionen – durch das jeweilige nationale Steuerrecht; |
| – |
Einsatz von Eigenkapitalbei denjenigen Joint Venture Beteiligungen, bei denen die Eigenkapitalrendite nach Steuern am größten ist – also in den Ländern mit möglichst geringer Grenzsteuerbelastung auf erwirtschaftete Gewinne. |
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Auf Grundlage dieses Entscheidungskalküls ist es für den Gesellschafter einer Joint Venture Beteiligung also grundsätzlich sinnvoll, in „Höchststeuerländern“ möglichst mit Fremdkapital zu finanzieren und Joint Venture Beteiligungen in „Niedrigsteuerländern“ mit Eigenkapital auszustatten.
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Die Steuerauswirkungensind aus deutscher Sicht wie folgt zu differenzieren:
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Im Rahmen der Eigenkapitalfinanzierungwerden die Gewinnanteile aus dem Joint Venture normalerweise mit den Steuern des jeweiligen Standortes des Joint Ventures belastet. Bei einer in- oder ausländischen Joint Venture Personengesellschaft kommt es aufgrund des Betriebsstättenprinzipsim DBA-Fall aus deutscher Sicht in der Regel zur Freistellung des Joint Venture Gewinns (vgl. Art. 7 i.V.m. Art 23 A OECD-MA); d.h. das Steuerniveau des entsprechenden Joint Venture Standortes wird konserviert (sog. Kapitalimportneutralität[18]). Im Fall einer in- oder ausländischen Joint Venture Kapitalgesellschaft kommt es aus Sicht eines inländischen körperschaftsteuerpflichtigen Joint Venture Gesellschafters aufgrund der Freistellung von empfangenen Gewinnausschüttungen (§ 8b Abs. 1 KStG; § 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG) grundsätzlich ebenso nur zur Besteuerung des Joint Venture Vehikels.
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Bei einer Fremdkapitalausstattung des Joint Venture mit Gesellschafterdarlehenmindern die Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben in einem ersten Schritt den steuerpflichtigen Gewinn der Joint Venture Gesellschaft. Die Zinsen sind sodann beim Joint Venture Gesellschafter, der die Zinsen vereinnahmt hat, dessen Steuerbelastung zu unterwerfen.[19] Insofern könnte durch die übermäßige Vergabe von Gesellschafterdarlehen der Joint Venture Gewinn mittels Zinsen gezielt auf das Besteuerungsniveau des entsprechenden Gesellschafters gelenkt werden. Um solche Gestaltungen einzudämmen, haben viele Industriestaaten die Gesellschafter-Fremdfinanzierungdurch bestimmte steuerliche Restriktionen – meist in Form von maximal zulässigen EK/FK-Relationen – erschwert.[20] Die Vergabe von Gesellschafterdarlehen an eine inländische Joint Venture Personengesellschaftführt allerdings nach den deutschen Regelung zu sog. Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG); d.h. der Abzug der Schuldzinsen als Betriebsausgabe wird durch die Erfassung der Zinszahlung als Sonderbetriebseinnahme beim Joint Venture Partner einkommen- und gewerbesteuerlich neutralisiert.
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