Alain Sutter
Stressfrei glücklich sein
Alain Sutter
Stressfrei
glücklich sein
Giger Verlag
1. Auflage 2013
© Giger Verlag GmbH, CH-8852 Altendorf
Tel. 0041 55 442 68 48
www.gigerverlag.chLektorat: Susanne Dieminger, Friedberg Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie, Zürich, Layout und Satz: Roland Poferl Print-Design, Köln E-Book: mbassador GmbH E-Book ISBN 978-3-905958-35-5
Inhalt
Einleitung
Glücklich, weil erfolgreich
Das Ende meiner Karriere
Bekannt und unglücklich
Die Macht der Medien bei diesem »Spiel«
Der Damm bricht
Stress, Druck und seine Folgen
Andere Nebenwirkungen des Erfolgs
Mein Abstecher nach Bern und seine Folgen
Die Suche beginnt
Die ersten Schritte, um mein neues Leben zu genießen
Flucht vor der (selbst geschaffenen) Realität
Erfolgsgesellschaft
Wie konnte es nur so weit kommen?
Der Weg in die Hölle ist gepflastert mit Vergleichen
Das Drama des Lebens beginnt erst, wenn wir ihm Bedeutung geben
Wie der Kampf um Liebe und Aufmerksamkeit begann
Schwingung – Gefühle und Worte
Kinder stehen unter Dauerhypnose
Gesunde Emotionen
Das Reich der Emotionen
Von der Erziehung zum Erfolgsdruck
Erkenntnisse aus der Hirnforschung
Mit Freude zum Erfolg
Freude und Begeisterung
Meine Freude bei der Weltmeisterschaft 1994
Motivation
Trainer sollten nicht motivieren
Flow
Die schwindende Freude in München
Der wahre Grund meines Unwohlseins in München
Eigenverantwortung
Teamsport und die soziale Entwicklung bei Kindern
Erfolg dank unserer Überzeugung
Vom Glauben zur Überzeugung
Wissen und Wahrheit
Vom Hörensagen lernt man lügen
Wahrnehmung
Lob und Kritik
Vertrauen
Stärke
Wer bin ich?
Lenker des eigenen Lebens
Die Angst zu leuchten
Aufmerksamkeit und die immerwährende Suche danach
Inneres Kind
Sein oder erfahren
(Zu)frieden
Zu guter Letzt kommt die Essenz
Epilog
Dank
Literatur
Hinweis Dieses Buch ist kein Ratgeber, denn:
»Kein Mensch ist klug genug, dass er anderen vorschreiben kann, wie sie zu leben haben.«
Alexander S. Neill (Gründer der Summerhillschule)
Dass gerade ich ein Sachbuch mit einem Inhalt, der nicht unbedingt dem Klischee eines ehemaligen Fußballers entspricht, und nicht eine Biografie schreibe, ist wohl wieder einmal typisch für mich. Aber ich finde es weder besonders spannend noch wichtig, Episoden aus meiner eigenen Geschichte zu erzählen. Viel interessanter und lehrreicher sind für mich die Schlüsse, die ich aus meinen Erlebnissen gezogen habe.
Der Prozess während des Schreibens hat mir fortlaufend neue Erkenntnisse geschenkt, die den Inhalt dieses Buches immer wieder verändert haben. Ich wollte schon 2008 ein Buch auf den Markt bringen, doch in letzter Sekunde stoppte ich das Projekt, denn ich hatte einfach das Gefühl, dass der Inhalt noch nicht stimmig war. Heute bin ich froh über meine Entscheidung, nicht etwa weil ich glaube, dass der Inhalt nun der Wahrheit letzter Schluss ist, sondern weil ich während dieser fünf Jahre der Weiterentwicklung ganz viel dazugelernt habe. Immer wieder ließ ich mir den Inhalt durch den Kopf gehen und hatte so die Möglichkeit, Neues zu erfahren – was zur Folge hatte, dass ich dann natürlich auch die Schlussfolgerungen der früheren Geschehnisse anders interpretiert habe.
Meinen eigenen Weg konsequent zu gehen, war schon immer ein Merkmal von mir, was mir vor allem im Fußballumfeld zu einem Image des »etwas anders zu sein als die anderen« verholfen hat. Ich persönlich habe das nie so empfunden und gesehen, ich habe mir höchstens über andere Dinge Gedanken gemacht, eine eigene, etwas andere Sichtweise über vieles gehabt oder meine Freizeit anders verbracht. Vor allem aber hatte ich andere Prioritäten und Überzeugungen in meinem Leben als die Mehrzahl derer, die sich im Fußballgeschäft tummeln.
Ich zog meinen Antrieb nicht aus Titeln, Trophäen, Triumphen oder Erfolgen, die in der Welt des Profisports meistens um jeden Preis erreicht werden sollen, sondern aus meiner Freude und Begeisterung am Fußballspielen. Für mich war es wichtig, gesund und glücklich zu sein und meine Freude und Begeisterung für den Fußball jeden Tag erleben und genießen zu dürfen.
Mit diesen etwas anderen Prioritäten hatte ich manchmal schon das Gefühl, etwas quer in der Welt des Profifußballs zu stehen. Die Momente der Selbstzweifel und das Hinterfragen meiner eigenen Überzeugungen wurden vor allem in Momenten des Misserfolges häufiger – besonders ab der Zeit, in der ich bei Bayern München spielte. Diese Zeit war mit zunehmend heftigerer und sehr persönlicher öffentlicher Kritik begleitet, was zu immer mehr Stress führte und langsam, aber sicher Spuren hinterließ, sodass ich irgendwann weder gesund noch glücklich war, geschweige denn, Freude oder Genuss am Fußballspielen empfunden hätte. Zudem herrschte hüben wie drüben in manchen Situationen Unverständnis.
Als ich beispielsweise vom Länderspiel in Schweden, bei dem wir wegen der französischen Atomtests im Mururoa Atoll das »Stopp it Chirac«-Tuch ausgerollt hatten, wieder zurückkam, sagte der eine oder andere, es würde ihn kein bisschen überraschen, dass diese Aktion ausgerechnet bei einer Mannschaft stattfindet, von der auch ich ein Teil sei. Darauf dachte ich mir, dass es ja vielleicht nicht schlecht sei, die eigene Präsenz in der Öffentlichkeit für etwas Sinnvolles zu nutzen.
Auch die Stimmung nach einem verlorenen Spiel, die sich immer anfühlte, als sei man bei einem Begräbnis, belastete mich zusehends. Inmitten eines unendlichen Universums ging es auf einem klitzekleinen Planeten nur um ein verlorenes Spiel. Ich habe mir dabei oft gedacht, es ist doch niemand gestorben, es wurde nur ein Fußballspiel verloren. Außerdem: Durch das Trübsalblasen gewinnen wir das Spiel ja auch nicht mehr, also wo ist das Problem?
Aber das wagte ich natürlich nie zu sagen oder zu zeigen, denn die Reaktion des Enttäuscht-Seins demonstrierte ja, dass man die ganze Sache ernst nahm. Also spielte ich dieses Spiel so gut es ging mit, aber es fühlte sich einfach sehr bescheiden an, denn es machte für mich keinen Sinn. Ich überlegte immer, was mit mir bloß los sei, weil ich dieses Drama nicht mitempfinden konnte. Mein Drama war aber, dass ich eben kein Drama spürte, was mich dann schlussendlich doch ein Drama spüren ließ. Sie sehen, das war ziemlich verwirrend, und genau so fühlte ich mich auch. Verwirrt und mit ganz vielen Fragezeichen auf der Stirn?????
Doch diese Fragen interessierten mich und ich suchte nach Antworten. Ist es wirklich notwendig, ein Drama aus allem zu machen? Kann man tatsächlich nur erfolgreich sein, wenn man alles todernst nimmt? Und wenn ja, ist diese Einstellung wirklich förderlich, um sein Bestes zu geben und sein volles Potenzial zu entfalten oder gibt es gar unerwünschte Nebenwirkungen?
Man konnte also schon ab und zu mal den Eindruck bekommen, dass ich etwas anders war als die meisten anderen in diesem Geschäft, aber eigentlich hatte ich nur eine andere innere Überzeugung, wie man am besten zum Erfolg kommt.
Dieser Überzeugung wegen hatte ich während meiner Fußballerzeit immer wieder Diskussionen mit Verantwortlichen oder Journalisten, die mich darauf hinwiesen, dass ich so nicht den Erfolg haben würde, den ich eigentlich haben könnte.
Heute weiß ich, dass in der Tat viel mehr möglich gewesen wäre und meine Karriere noch erfolgreicher hätte verlaufen können. Allerdings nicht dadurch, dass ich mich mehr angepasst, eine seriösere oder »professionellere« Einstellung gehabt hätte oder ich dem Erfolg um jeden Preis nachgejagt wäre.
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