Christian Wiesner & Michael Gebauer
In-Beziehung-Sein mit dem Natur-Sein Bindungstheorie und Lernen verstehen, um kulturelle Nachhaltigkeit zu fördern
Christian Wiesner
Kulturelle Nachhaltigkeit als Balance von Nähe und Distanz Das Zusammenwirken von Anthropomorphismus, Subjektivation, Empathie, Objektivation und Dehumanisierung
EINBLICKE III
Reinhold Leinfelder
„Auch Maschinen haben Hunger“ Biosphäre als Modell für die Technosphäre im Anthropozän
Kaspar H. Spinner
Ästhetische Erfahrung als Grundlage für Nachhaltigkeit Natur, Kunst und Literatur
III. KULTURELLE NACHHALTIGKEIT … ARTS & SCIENCES
Katharina Anzengruber & Elke Zobl
Zukunft mit Zukunft Künstlerische Experimentierräume und kulturelle Nachhaltigkeit
Heidelinde Balzarek
Ästhetisch-künstlerisches Forschen im Garten Transformative Bildungsprozesse mittels Kunstunterricht im Anthropozän
Hubert Gruber
Geschichten zu Musik und Mensch Mit den Eselsmännern und dem antiken Marsyas-Mythos auf Spurensuche nach der Bedeutung musikalischer Werkzeuge für uns Menschen
Margarethe Kainig-Huber
Kinder entdecken Museen von zuhause aus Lernarrangements für die Primarstufe – museumspädagogische Zugänge
Ingrid Krottendorfer
Theater in der Schule und nachhaltiges Lernen Eine qualitativ-empirische Erhebung unter Theater-Lehrenden
Lara Paschold
Nachhaltigkeitsbildung in theatralen Erfahrungsräumen Ein theoriebasierter Erfahrungsbericht
Ramona Rieder
„Fragile Schöpfung“ im Dom Museum Wien Beziehungsaspekte Mensch-Natur-Umwelt. Ein Praxisbericht aus der Kulturvermittlung
Mike Rumpeltes
Musikalische Schulaufführungen und (kulturelle) Nachhaltigkeit Eine Analyse von drei Musikprojekten
Christina Schweiger
Bildende Kunst und kulturelle Nachhaltigkeit Kunstwerke als Repräsentanten und mediale Repräsentationen von Nachhaltigkeitskonzepten
Tanja Seider
Anthropozän und Klimawandel im Museum Kollaps, Krise oder kulturelle Nachhaltigkeit?
Carmen Sippl
Literarische Wasserwelten im Anthropozän Leitfragen für eine kulturökologische Lektüre von Christoph Ransmayrs Der Fallmeister
AUSBLICK
Aleida Assmann
Doing Future – ökologische und kulturelle Nachhaltigkeit
EPILOG
Willy Puchner
(im Gespräch mit Carmen Sippl) Die Natur ist meine Göttin
ANHANG
Abstracts
Autor*innen
Register
PROLOG
Willy Puchner
Willy Puchners Welt der Natur
Mein „Tagebuch der Natur“ gestattet verschiedene Zugänge zur Natur.
Es sind nicht nur Zugänge, sondern auch Zusammenhänge und Sinneswahrnehmungen, die ich skizziere und erkunde. Durch die Frage, was denn Natur überhaupt sei, nähere ich mich einer anderen Welt, betrachte Pflanzen und Tiere und schließlich mein Wesen selbst. Ich weiß nicht, wo Natur beginnt und wo sie endet. Je mehr ich mich dem Thema nähere, umso vielfältiger werden die Motive. Triebfeder für das Tagebuch war auch das Gefühl, als wäre Natur irgendwo auf meinem Weg verlorengegangen, so als wäre ein Eiswürfel in meiner Hand geschmolzen.
Uns allen scheint Natur etwas Selbstverständliches: Ein Waldspaziergang, ein Strauß Blumen, der Besuch im Zoo, das Streicheln einer Katze, der Blick aufs Meer.
Im Tagebuch spielen Langsamkeit und Zeit eine große Rolle. Meine Chance ist eine Art aufmerksamer Zeitvertreib, eine Suche nach Spuren in der Natur und in der Literatur, genaugenommen ein konsequentes Spiel mit Zufall und unersättlicher Neugierde. Das Tagebuch der Natur ist der Versuch, einen kleinen Teil der Vielfalt dieser Welt aufzuzeichnen.

EINLEITUNG
Carmen Sippl & Erwin Rauscher
Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren: transformativ bilden im Anthropozän
Nur alle Menschen machen die Menschheit aus, nur alle Kräfte zusammengenommen die Welt. Diese sind unter sich oft im Widerstreit, und indem sie sich zu zerstören suchen, hält sie die Natur zusammen und bringt sie wieder hervor.
Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre 1
Das Anthropozän ist Denkrahmen und Reflexionsbegriff für transformative Bildungsprozesse – denn es fordert dazu auf, in Hoch-/Schulen aktiv die Notwendigkeit einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Neugestaltung der Mensch-Natur-Beziehung zu thematisieren. Kreative kulturelle Perspektiven, Praktiken, Produkte spielen dabei eine zentrale Rolle. Wie lassen sich ‚Kultur‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ zusammenführen? Welche Chancen bietet ‚kulturelle Nachhaltigkeit‘ als Bildungskonzept für die gesellschaftliche Transformation? 2
Schule ist Wiege von Gesellschaft, nicht ihr Echo. „Was droben in den Wipfeln rauscht, | das wird hier unten ausgetauscht“ 3 , ironisiert Christian Morgenstern und beschreibt metaphorisch eine Aufgabe von Schule als Sandkasten des Lebens. Wie lässt sich wissenschaftliche Erkenntnis zu schulischem Bekenntnis transformieren? Dieser Frage widmen sich die folgenden Beiträge, fokussiert in ihrer Vielfalt auf die Herausforderungen des Anthropozäns, nach einem ersten interdisziplinären Sammelband als Ausgangspunkt (Sippl, Rauscher & Scheuch 2020) insbesondere ausgerichtet auf die kulturellen Kontexte: Denn Kultur ist die anthropogene Transformation von Natur als Aufgabe in der Gegenwart, Zukunft zu gestalten, als schulpädagogisches Stimulans, Zukunftsfähigkeit als Bildungsverantwortung zu deklinieren.
Die Fakten, als empirische Daten von den Erdsystemwissenschaften zur Verfügung gestellt (vgl. IPCC 2021), machen die Wirkmächtigkeit des Menschen als geologischer Faktor sichtbar. Das Anthropozän, zunächst von dem Atmosphärenchemiker Paul Crutzen als provozierender Fachbegriff zur Bezeichnung eines neuen Erdzeitalters in die Diskussion gebracht (vgl. Leinfelder 2012), hat sich mit einer Dynamik vergleichbar der ‚großen Beschleunigung‘ zu einem transdisziplinären Konzept entwickelt (vgl. Horn & Bergthaller 2019).
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