4.2 Erfordernis einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung
Eine abZ bzw. aBG enthält immer Angaben zum Anwendungsbereich (z. B. nach DIN EN 1996-3) und somit auch zu Anwendungsgrenzen. Werden solcherart geregelte Bauprodukte/Bauarten außerhalb dieser veroder angewendet, handelt es sich um eine wesentliche Abweichung, für die eine vBG zu beantragen ist.
Bauartbezogene Änderungen z. B. zur Einbausituation von mit abP nachgewiesenem Feuerwiderstand von Wandkonstruktionen bedingen Prüfergebnisse als Entscheidungsgrundlage.
Mit der verbreiteten Anwendung der modularen Bauweise ergeben sich neue Anwendungsbereiche für nichttragende massive Wände, die mit dem Anschluss an Bauteile des Stahl- bzw. Metallbaus nicht mehr nach DIN 4102-4:2016-05 [21] klassifiziert werden können. Die dort zugrunde liegenden Prüfszenarien gehen immer von einem Anschluss des Mauerwerks an Massivbauteile aus.
Zulassungen für Dübel und Verankerungen geben den Untergrund vor, für den die Bemessungswerte der Ankerkräfte gelten.
Historisches Mauerwerk ist darin nicht eingeschlossen. Eine Übertragung der charakteristischen Werte der Festigkeitsklassen von Mauerwerk nach EC 6 auf solches z. B. nach DIN 1053-1:1996-11 [22] ist (soweit nicht in der Zulassung enthalten) nicht zulässig und bedarf der vBG.
Antragsteller kann jede Einzelperson oder jedes Unternehmen sein, die am betreffenden Bauvorhaben beteiligt sind, auch wenn sich das Erfordernis in erster Linie an den Verwender/Anwender richtet. Eine Abtretungserklärung an Dritte ist möglich.
5 Zustimmung im Einzelfall/vorhabenbezogene Bauartgenehmigung für die Ver- und Anwendung von Bauprodukten des Mauerwerksbaus in Sachsen
5.1 Landesbezogene Umsetzung der Musterregelungen
Sachsen hat mit dem Gesetz vom 27. Oktober 2017 die Sächsische Bauordnung (SächsBO) [23] an die MBO angepasst und o. g. europäisches Recht umgesetzt.
Die Zuständigkeit für die Erteilung einer vBG nach § 16a Abs. 2 Nr. 2 SächsBO bzw. einer ZiE nach § 20 SächsBO wird durch § 4 Sächsische Bauproduktenund Bauartenverordnung (SächsBauPAVO) [24] auf die Landesdirektion Sachsen – Landesstelle für Bautechnik übertragen. Diese schließt auch Bauprodukte ein, die in Baudenkmälern (nach Landesdenkmalschutzgesetz) verwendet werden sollen.
Die Landesstelle für Bautechnik stellt auf ihrer Themenseite ( https://www.lds.sachsen.de/bautechnik) Dokumente zum Herunterladen bereit, die allgemein die erforderlichen Angaben zur Beantragung vorgenannter Bescheide zusammenfassen.
In Sachsen wird die ZiE/vBG immer in einem Bescheid für die betreffende/n Grundanforderung/en formuliert. So ist bereits auf dem Deckblatt ( Bild 1) ersichtlich, ob Bauprodukt (§ 20) oder/und Bauart (§ 16a) geregelt werden und zu welcher Grundanforderung, hier Brandschutz, wesentliche Eigenschaften bzw. Regelungen zum Einbau formuliert sind.
5.3 Abgrenzung zum Genehmigungsverfahren und zur allgemeinen Bewährung
Die bauordnungsrechtliche Entscheidung zur Verbzw. Anwendung an der vorgesehenen Stelle für den im Bescheid beschriebenen Anwendungsbereich wird durch den Bescheid nicht berührt. Diese ist Gegenstand der Baugenehmigung (§§ 11 ff. SächsBO). Grundlage hierzu bildet z. B. ein Brandschutznachweis (§ 12 Absatz 4 Durchführungsverordnung zur Sächs- BO [25]).
Der Bescheid berücksichtigt den aktuellen Erkenntnisstand. Eine Aussage über die allgemeine Bewährung des Bauprodukts bzw. der Bauart ist mit der Erteilung des Bescheids nicht verbunden.
Im Antrag auf eine ZiE ist die Abweichung von den Regelungen in zutreffenden Bauproduktnormen darzustellen.
Diese abweichenden Eigenschaften sind durch Prüfergebnisse zu belegen, wobei Inhalt und Umfang der Prüfungen möglichst vor deren Durchführung mit dem Bearbeiter abzustimmen sind, um mit den Ergebnissen die zu bescheidenden Eigenschaften für den konkreten Antragsgegenstand gesichert belegen zu können.
Eine unkommentierte Übergabe von einzelnen Prüfergebnissen ist nicht ausreichend. Soweit nicht bereits im Antrag die beantragten abweichenden Eigenschaften und die zugehörigen Nachweise ausführlich dargestellt werden, ist ein diesbezügliches Gutachten durch eine sachverständige Stelle beizufügen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Prüfergebnisse aus vergleichbaren Produktprüfungen mit zur Bewertung herangezogen werden sollen.
Betrifft der Antrag Mauersteine, ist deren Geometrie mit Angabe der Maße, Grenzabmaße, Form und Ausbildung eindeutig zu beschreiben, da Versuchsergebnisse genau auf diese definierten Steine abstellen und entsprechend sichergestellt sein muss, dass in der Produktion dieselben Mauersteine hergestellt werden.
Soweit bei einem Antrag auf ZiE ersichtlich ist, dass durch die Änderungen der Eigenschaften des Bauprodukts auch Änderungen in der Anwendung erforderlich werden, wird durch den Bearbeiter der Bescheid um die Regelungen zur vBG ergänzt. Eines gesonderten Antrags bedarf es nicht.
5.5 Eigenschaften des Bauprodukts
Grundsätzlich sind die zu regelnden Produkteigenschaften die gleichen wie die von geregelten Bauprodukten. Für Mauersteine wird somit auf DIN 20000-401:2017-01 Tabelle 1verwiesen (s. a. Abschnitt 3.2).
Soweit es sich um nachgewiesene Eigenschaften im Ergebnis anerkannter Prüfverfahren nach Kapitel C 3 der MVV TB handelt, werden Prüfergebnisse entsprechender zugelassener PÜZ-Stellen anerkannt.
Die entsprechende Veröffentlichung der anerkannten Stellen erfolgt durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/P4/LBO/PUEZ-Verzeichnis.pdf.
Sollen zusätzliche Produkteigenschaften durch Prüfungen belegt werden, ist dem Rechnung zu tragen, dass es sich i. Allg. um „Stellvertreterversuche“ handelt, die nur für klar definierte Randbedingungen Aussagekraft haben. Aspekte der Dauerhaftigkeit werden z. B. im Kurzzeitversuch nicht erfasst.

Bild 1. Beispiel für Deckblatt eines Bescheids für ZiE/vBG
Die Qualitätssicherung der beantragten Eigenschaften des Bauprodukts ist wesentlicher Bestandteil der ZiE (s. a. § 22 Abs. 3 SächsBO). Orientiert wird sich hierbei an den Systemen zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit nach Anhang V der Bauproduktenverordnung oder, soweit sich die Beantragung auf eine abZ bezieht, auf die in der Zulassung beschriebene werkseigene Produktionskontrolle und Fremdüberwachung.
5.6 Übereinstimmungsnachweis
Der Übereinstimmungsnachweis und die Kennzeichnung orientieren sich an Produktnormen bzw. an bestehenden Verwendbarkeitsnachweisen oder Nachweisen der Anwendbarkeit.
Im Rahmen der Werkseigenen Produktionskontrolle für das Bauprodukt sind die Materialkennwerte z. B. nach Abschnitt 3.2, Tabelle 2zu belegen. Gegebenenfalls werden Vorgaben für die Vorlage der Aufzeichnungen gemacht.
Im Falle der Forderung zur Fremdüberwachung wird eine zuständige Stelle benannt. Durch die Fremdüberwachung ist sicherzustellen, dass die nach dem Bescheid zur Anwendung kommenden Bauprodukte in allen wesentlichen Eigenschaften mit den diesem Bescheid zugrunde liegenden Eigenschaften übereinstimmen.
Die Kennzeichnung darf nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen der ZiE einschließlich der Fremdüberwachung erfüllt sind.
Bei einer ZiE für Mauersteine ist jede Liefereinheit (z. B. Steinpaket) auf der Verpackung oder mit einem mindestens A4 großen Beipackzettel und auf dem Lieferschein vom Hersteller mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) nach SächsBauPAVO zu kennzeichnen.
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