Glück ist: Ich fühle mich zugehörig zu der Welt, in der ich bin. Und Glück heißt für mich: Ich kann die Welt wahrnehmen, wie sie mich beschenkt, wie sie mich herausfordert, wie sie in Kommunikation mit mir ist, wie sie mich zum Wachsen bringt.
Ein anderer Aspekt des Glücks, den ich auch wichtig finde, ist, dass ich durch die Welt gehe und der Welt etwas schenken kann. Mich macht es ja nicht nur glücklich, wenn ich etwas erhalte, etwas bekomme, etwas mitbekomme, sondern dass ich auch etwas geben kann. „Vom Schenken ist noch keiner arm geworden“, hat meine Großmutter gesagt. Dahinter steckt die tiefe Erfahrung: Weil ich ein Empfänger bin, will ich gerne auch ein Geber, eine Geberin sein. Ich will auch etwas von mir loslassen. Es macht mich zum Beispiel glücklich, wenn ich mit Menschen im Gespräch bin und mir Menschen zuhören, die ich gar nicht kenne und die bereit sind, meine Meinung aufzunehmen. Oft haben diese Menschen eine Haltung wie: „Ich lasse mir jetzt einfach mal was sagen.“ Wenn ich mir für die Menschen Zeit nehme, macht es mich glücklich, weil ich in Kontakt mit ihnen bin. Und ich hoffe, die Menschen spüren, dass ich das tatsächlich mit Freude mache und mit Freude für sie da sein will.
Glück bedeutet für mich also nicht: „Das hab ich jetzt, und dann pack ich das ein, und dann lebe ich so weiter.“ Nein, das ist für mich wie eine Art Fluss, in dem ich gehe, stehe, bade. Ich schwimme da drin, ich gebe das Meinige, ich werde umspült von anderen. Wenn man mich fragt, könnte ich sagen: Ich bin tatsächlich ein glücklicher Mensch, weil ich aufgehört habe, mir zu überlegen, was mich glücklich machen könnte. Das wäre auch mein Rat an dich, wenn du glücklich werden willst. Glück kann man nicht anstreben. Du kannst nicht sagen: „Heute will ich mal überlegen, wie ich mich glücklich machen will.“ Das geht nicht. Ich will jetzt nicht gerade sagen: Bleib unglücklich! Aber ich wünsche dir eine Haltung, die sagt: „Ich packe das Leben jetzt an, wie es sich mir anbietet. Leider ist dies nichts geworden, leider ist das nichts geworden und hier ist auch etwas kaputt gegangen. Etwas funktioniert nicht. Aber ich kann über diese Dinge herrschen. Ich kann sie verwandeln, wenn ich sie als meinen Auftrag annehme, und ich kann jetzt und heute einen neuen Schritt anfangen.“ Das ist ein Vermögen, aus dem, was das Leben uns anbietet, etwas zu bauen, was uns weiterbringt. Auf einer Spruchkarte heißt es: „Die Steine, die uns in den Weg gelegt werden, können wir zum Fundament machen, auf dem wir unser Leben aufbauen können.“
Wenn du das so siehst, dann wirst du auch glücklich sein und Glück erfahren können. Noch einmal: Nimm bitte nicht die Haltung ein: Bin ich schon glücklich? So wird keiner glücklich! Glücklich wird, wer die Alltagsaufgaben, die ihm angeboten sind, die ihm aufgelastet sind, für die er herausgefordert ist, wenn er diese Aufgaben als Möglichkeit nimmt, zu wachsen an Kräften und an Ideen. Wenn er sie annimmt als eine Aufgabe der Liebe. Der Liebe nämlich zur Welt, der Liebe zu sich selber, der Liebe zu Gott – denn als gläubiger Mensch schreibe ich ja hier. Gebet ist für mich vor allen Dingen, dass ein Gott mit mir durchs Leben geht, der mir in allen Situationen meines Lebens einen Anlass gibt zur Auferstehung. Für mich ist das größte Glück, dass ich immer neu einen Grund habe, aufzustehen und die Situation zu beherrschen. Meine Ängste, meine Trauer, meine Freude, meine Möglichkeiten, meine Unmöglichkeiten – das alles gehört für mich zusammen und ich möchte alles zu dem weitertreiben, was der nächste Lebensschritt ist.
Ich weiß nicht, ob dich das jetzt gerade glücklich macht, wenn ich dir das so sage, aber dein Alltag, den du gerade lebst, das ist der Ort, an dem du glücklich werden kannst. Glaub mir!
Glück heißt für mich: Ich kann die Welt wahrnehmen, wie sie mich beschenkt, wie sie mich herausfordert, wie sie in Kommunikation mit mir ist, wie sie mich zum Wachsen bringt.
Wie definierst du Erfolg?
„Erfolg ist keiner der Namen Gottes.“ So hat der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber einmal gesagt. Und trotzdem sprechen heute alle Menschen davon, dass sie Erfolg haben wollen. Wenn ich dann nachfrage: „Was ist eigentlich ein Erfolg für dich?“, dann gibt es die Gruppe von Menschen, die antwortet: „Wenn ich viel Geld verdiene, wenn ich mir was leisten kann, wenn ich mir keine finanziellen Sorgen machen muss – dann ist mein Leben erfolgreich.“ Eine zweite Gruppe von Menschen sagt: „Erfolg ist für mich eigentlich, wenn ich in einem Beruf gelandet bin, der mir richtig Spaß macht, in dem ich aufgehe, in dem ich Erfüllung finde, in dem ich mit Menschen zusammen bin und der Menschheit dienen kann – wenn ich das geschafft habe, ist das für mich ein Erfolg in meinem Leben.“
Aber es gibt auch noch einen anderen Erfolg, von dem Leute reden: „Ich habe einen persönlichen Erfolg, weil ich die Partnerschaft gefunden habe, in der ich mich wohlfühle, in der ich mich hingeben kann, die sich auch so entwickelt, dass ich mitgehen kann. Außerdem habe ich Kinder. In meinem privaten Umfeld bin ich erfolgreich, denn es klappt gut im Gespräch mit meiner Frau, wir können Konflikte durchstehen, die Kinder kann ich gut begleiten, sie haben Vertrauen zu mir – das ist für mich Erfolg.“
Und es gibt auch noch Menschen, die sagen: „Erfolg habe ich dann, wenn ich mit meinen Freunden zusammen bin, wenn Kameraden da sind, wenn Menschen da sind, auf die ich mich verlassen kann. Wenn mir das gelungen ist, ist das für mich auch schon Erfolg.“
Es gibt bei dem Wort „Erfolg“ sehr unterschiedliche Kategorien: die berufliche, finanzielle, private, familiäre Kategorie und das Freundesumfeld – überall da kann ich erfolgreich sein. Menschen fragen dann: „Und wie werde ich so erfolgreich? Wie schaffe ich das dann?“ Hier erlebe ich, dass viele Menschen sich verrennen und sich daraus einen großen Stress ins Leben holen. Menschen verbinden mit dem Wort „erfolgreich“ meistens das Wort „Stress“ und oft auch noch den Satz: „Ich muss mir etwas antrainieren, was ich eigentlich gar nicht so kann und habe, damit ich endlich erfolgreich bin.“ Oder sie meinen, noch zu einem Seminar gehen oder irgendwas lesen oder beten oder anhören zu müssen. Sie haben den Eindruck, sie müssten in ihrem Leben etwas machen, was sie eigentlich vielleicht nicht täten. Es gibt Menschen, die dadurch unter einem regelrechten Erfolgsstress leiden, weil sie Leib und Seele nicht mehr zusammenbringen. Die tun dann Sachen, die gar nicht mehr zu ihnen passen. Ich sehe Leute in einem viel zu engen Jogginganzug durch den Park joggen – eine Karikatur ihrer selbst. Oder ich sehe Menschen, die in irgendwelchen Ausstellungen und Museen stehen, weil sie gehört haben, man muss ins Museum gehen, um mitreden zu können. Da stehen sie dann vor einem Bild wie der Ochs vorm Berg. Oder sie begeben sich auf Wanderschaft in Wanderklamotten, die sie sich im Katalog ausgesucht haben, aber irgendwie merken sie: Das passt gar nicht zu ihnen. Das gibt’s auch im Urlaub. Ich könnte mich totlachen, wenn Leute „ganz erfolgreich“ Urlaub machen wollen und dann einen Urlaubstag nach dem anderen abarbeiten und dabei ein Gesicht machen, als wäre sieben Tage Regenwetter.
Erfolg ist etwas, was den Menschen dann anfängt zu stressen, wenn es zu einer Außenbestimmung wird. Wenn mir Ziele vorgegeben werden, von denen ich denke, dass ich sie erreichen muss: Ich muss jetzt im Urlaub so glücklich werden wie das in den Prospekten steht! Oder: Ich muss jetzt so viel auf der hohen Kante haben wie das die Lebensplaner vorsehen! Oder: Ich muss die Zensuren haben, von denen sich Menschen ausgedacht haben, dass man sie haben muss! Ich muss so dick, so dünn, so klein, so groß, so ich-weiß-nicht-was-alles sein, um einer Norm zu entsprechen. Der Tod aller Lebendigkeit ist ein Erfolg, den man haben will, weil einem andere Menschen das vor Augen gestellt haben.
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