LICHT.
Wieso?
ADAM.
Ihr seid verlegen.
LICHT.
Was!
(Die erste Magd tritt auf.)
ADAM.
He! Liese!
Was hast du da?
ERSTE MAGD.
Braunschweiger Wurst, Herr Richter.
ADAM.
Das sind Pupillenakten.
LICHT.
Ich, verlegen!
ADAM.
Die kommen wieder zur Registratur.
ERSTE MAGD.
Die Würste?
ADAM.
Würste! Was! Der Einschlag hier.
LICHT.
Es war ein Missverständnis.
DIE ZWEITE MAGD (tritt auf).
Im Bücherschrank,
220Herr Richter, find ich die Perücke nicht.
[14]ADAM.
Warum nicht?
ZWEITE MAGD.
Hm! Weil Ihr –
ADAM.
Nun?
ZWEITE MAGD.
Gestern Abend –
Glock eilf –
ADAM.
Nun? Werd ich’s hören?
ZWEITE MAGD.
Ei, Ihr kamt ja,
Besinnt Euch, ohne die Perück ins Haus.
ADAM.
Ich, ohne die Perücke?
ZWEITE MAGD.
In der Tat.
Da ist die Liese, die’s bezeugen kann.
Und Eure andr’ ist beim Perückenmacher.
ADAM.
Ich wär –?
ERSTE MAGD.
Ja, meiner Treu, Herr Richter Adam!
Kahlköpfig wart Ihr, als Ihr wiederkamt;
Ihr spracht, Ihr wärt gefallen, wisst Ihr nicht?
230Das Blut musst ich Euch noch vom Kopfe waschen.
ADAM.
Die Unverschämte!
ERSTE MAGD.
Ich will nicht ehrlich sein.
ADAM.
Halt’s Maul, sag ich, es ist kein wahres Wort.
LICHT.
Habt Ihr die Wund seit gestern schon?
ADAM.
Nein, heut.
Die Wunde heut und gestern die Perücke.
Ich trug sie weiß gepudert auf dem Kopfe,
Und nahm sie mit dem Hut, auf Ehre, bloß,
Als ich ins Haus trat, aus Versehen ab.
Was die gewaschen hat, das weiß ich nicht.
– Scher dich zum Satan, wo du hingehörst!
In die Registratur! (Erste Magd ab.)
240 Geh, Margarete!
Gevatter Küster soll mir seine borgen;
In meine hätt die Katze heute morgen
Gejungt, das Schwein! Sie läge eingesäuet
Mir unterm Bette da, ich weiß nun schon.
LICHT.
Die Katze? Was? Seid Ihr –?
ADAM.
So wahr ich lebe.
[15]Fünf Junge, gelb und schwarz, und eins ist weiß.
Die schwarzen will ich in der Vecht ersäufen.
Was soll man machen? Wollt Ihr eine haben?
LICHT.
In die Perücke?
ADAM.
Der Teufel soll mich holen!
250Ich hatte die Perücke aufgehängt,
Auf einen Stuhl, da ich zu Bette ging,
Den Stuhl berühr ich in der Nacht, sie fällt –
LICHT.
Drauf nimmt die Katze sie ins Maul –
ADAM.
Mein Seel –
LICHT.
Und trägt sie unters Bett und jungt darin.
ADAM.
Ins Maul? Nein –
LICHT.
Nicht? Wie sonst?
ADAM.
Die Katz? Ach, was!
LICHT.
Nicht? Oder Ihr vielleicht?
ADAM.
Ins Maul! Ich glaube –!
Ich stieß sie mit dem Fuße heut hinunter,
Als ich es sah.
LICHT.
Gut, gut.
ADAM.
Kanaillen die!
Die balzen sich und jungen, wo ein Platz ist.
ZWEITE MAGD (kichernd).
So soll ich hingehn?
ADAM.
260 Ja, und meinen Gruß
An Muhme Schwarzgewand, die Küsterin.
Ich schickt ihr die Perücke unversehrt
Noch heut zurück – ihm brauchst du nichts zu sagen.
Verstehst du mich?
ZWEITE MAGD.
Ich werd es schon bestellen. (Ab.)
Adam und Licht.
ADAM.
Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.
LICHT.
Warum?
ADAM.
Es geht bunt alles überecke mir.
Ist nicht auch heut Gerichtstag?
LICHT.
Allerdings.
Die Kläger stehen vor der Türe schon.
ADAM.
– Mir träumt’, es hätt ein Kläger mich ergriffen,
270Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält und hunzt und schlingelte mich herunter,
Und judiziert den Hals ins Eisen mir.
LICHT.
Wie? Ihr Euch selbst?
ADAM.
So wahr ich ehrlich bin.
Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn,
Und mussten in den Fichten übernachten.
LICHT.
Nun? Und der Traum meint Ihr –?
ADAM.
Der Teufel hol’s.
Wenn’s auch der Traum nicht ist, ein Schabernack,
Sei’s, wie es woll, ist wider mich im Werk!
LICHT.
280Die läppsche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig,
Wenn der Gerichtsrat gegenwärtig ist,
Recht den Parteien auf dem Richterstuhle,
Damit der Traum vom ausgehunzten Richter
Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.
Der Gerichtsrat Walter tritt auf. Die Vorigen.
WALTER.
Gott grüß Euch, Richter Adam.
ADAM.
Ei, willkommen!
Willkommen, gnädger Herr, in unserm Huisum!
[17]Wer konnte, du gerechter Gott, wer konnte
So freudigen Besuches sich gewärtgen.
Kein Traum, der heute früh Glock achte noch
290Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.
WALTER.
Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muss
Auf dieser Reis, in unsrer Staaten Dienst,
Zufrieden sein, wenn meine Wirte mich
Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen.
Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft,
Ich mein’s von Herzen gut, schon wenn ich komme.
Das Obertribunal in Utrecht will
Die Rechtspfleg auf dem platten Land verbessern,
Die mangelhaft von mancher Seite scheint,
300Und strenge Weisung hat der Missbrauch zu erwarten.
Doch mein Geschäft auf dieser Reis ist noch
Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen,
Und find ich gleich nicht alles, wie es soll,
Ich freue mich, wenn es erträglich ist.
ADAM.
Fürwahr, so edle Denkart muss man loben.
Euer Gnaden werden hie und da, nicht zweifl’ ich,
Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen;
Und wenn er in den Niederlanden gleich
Seit Kaiser Karl dem fünften schon besteht:
310Was lässt sich in Gedanken nicht erfinden?
Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger,
Und alles liest, ich weiß, den Puffendorf;
Doch Huisum ist ein kleiner Teil der Welt,
Auf den nicht mehr, nicht minder, als sein Teil nur
Kann von der allgemeinen Klugheit kommen.
Klärt die Justiz in Huisum gütigst auf,
Und überzeugt Euch, gnädger Herr, Ihr habt
Ihr noch sobald den Rücken nicht gekehrt,
Als sie auch völlig Euch befriedgen wird;
320Doch fändet Ihr sie heut im Amte schon
Wie Ihr sie wünscht, mein Seel, so wär’s ein Wunder,
Da sie nur dunkel weiß noch, was Ihr wollt.
[18]WALTER.
Es fehlt an Vorschriften, ganz recht. Vielmehr
Es sind zu viel, man wird sie sichten müssen.
ADAM.
Ja, durch ein großes Sieb. Viel Spreu! Viel Spreu!
WALTER.
Das ist dort der Herr Schreiber?
LICHT.
Der Schreiber Licht,
Zu Eurer hohen Gnaden Diensten. Pfingsten
Neun Jahre, dass ich im Justizamt bin.
ADAM (bringt einen Stuhl).
Setzt Euch.
WALTER.
Lasst sein.
ADAM.
Ihr kommt von Holla schon.
WALTER.
330Zwei kleine Meilen – Woher wisst Ihr das?
ADAM.
Woher? Euer Gnaden Diener –
LICHT.
Ein Bauer sagt’ es,
Der eben jetzt von Holla eingetroffen.
WALTER.
Ein Bauer?
ADAM.
Aufzuwarten.
WALTER.
– Ja! Es trug sich
Dort ein unangenehmer Vorfall zu,
Der mir die heitre Laune störte,
Die in Geschäften uns begleiten soll. –
Ihr werdet davon unterrichtet sein?
ADAM.
Wär’s wahr, gestrenger Herr? Der Richter Pfaul,
Weil er Arrest in seinem Haus empfing,
340Verzweiflung hätt den Toren überrascht,
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