1 ...6 7 8 10 11 12 ...17 »So haben wir die Sache noch gar nicht gesehen«, sagte Huyck. Er drehte sich zu Palant um und sah sie durchdringend an. »Wir haben uns von ihr lenken lassen, und jetzt gelten wir als Fahnenflüchtige. Und nun stecken wir im Bauch der verdammten Bestie fest und …«
»Sie waren derjenige, der Gerard Marshalls Abgesandten erstochen hat«, sagte Palant leise. Die Bilder seiner Ermordung waren ihr noch lebhaft und erschreckend in Erinnerung. Sie hatte McIlveen für einen Freund gehalten, doch er hatte sie alle bedroht und war bereit gewesen, die Kontrolle ihres Schiffes zu übernehmen und damit zurück zur Company zu fliegen.
Der übel zugerichtete Androide, den sie an Bord mit sich führten, war voller Wissen und Technologie, für das die Company gemordet hätte, und McIlveen hatte gedroht, genau das zu tun.
Stattdessen hatten sie ihn ermordet.
»Das ist eine Entscheidung, die wir alle getroffen haben«, sagte Halley. Ihre Truppen nannten sie SnowDog, weil sie oft kalt und unnahbar schien. In diesem Moment jedoch nicht. Jetzt wirkte sie aufgebracht und wütend. »Wir stecken hier alle gemeinsam drin, und Streitereien werden uns nicht helfen.« Sie starrte Palant an. »Ich vertraue darauf, dass uns Isa hier hindurch helfen wird. Wir alle müssen ihr vertrauen. Sie hat es schon einmal geschafft.«
Palant nickte.
Ein leichtes Rütteln ging durch das Schiff, als es andockte. Und als die künstliche Schwerkraft vollends einsetzte, legte sich auch das schlingernde Gefühl. Stille breitete sich aus.
Palant löste ihre Sicherheitsgurte und lief nach hinten in den Aufenthaltsraum. Dort bewahrten sie, sicher an der Wand festgezurrt, den Androiden auf. Keiner von ihnen wollte ihn auf der Brücke haben, wo er sie beobachten konnte, aber sie wollten ihn an einem Ort wissen, an dem sie ein Auge auf ihn haben konnten.
Wie so viele Male zuvor in den zwölf Tagen ihrer Reise sah sie auf jenes Ding hinunter. Der beschädigte und mitgenommene Körper des Androiden befand sich zusammengeschnürt und vakuumverpackt in einem durchsichtigen Plastiksack. Einer seiner Arme war beinahe abgerissen und gegen seine Brust gepresst, und an einer anderen Stelle sah man ein Bein, zerfetzt und bleich wie der halb zerfressene Kadaver eines Fisches. Weiße Flüssigkeit sickerte aus verschiedenen Wunden und stieg blubbernd gegen die straff gespannte Oberfläche des Sacks. Sein Haar war platt gedrückt und jede Strähne deutlich zu erkennen. Als sie ihn auf diese Art verschnürten, hatte es sein Auge von innen gegen den Sack gepresst, halb zerdrückt, welches sich aber trotzdem immer noch in seiner Höhle hin und her drehte – und sie alle mit einem feuchten und widerwärtig intelligenten Blick ansah.
Einen Tag nach McIlveens Tod hatte Halley ein Pflaster darüber geklebt und dem Glotzen ein Ende bereitet. Nun griff Palant nach dem Rand des Pflasters, zog daran, riss es von dem Plastiksack herunter und trat zurück.
Das Auge starrte sie direkt an und unter dem plötzlichen grellen Licht schrumpfte seine Pupille.
Sie starrte zurück.
»Es wird Zeit, herauszufinden, was du weißt«, sagte sie.
Mit dem Auge geschah etwas. So zerquetscht, wie es war, hätte es nicht imstande sein dürfen, eine Gefühlsregung auszudrücken. Und doch war sich Palant sicher, dass der beschädigte Android auf irgendeine Weise einen Weg gefunden hatte, zu lächeln.
Auf dem Felsvorsprung hinter der Andockvorrichtung erwarteten sie drei Yautja. Einen von ihnen erkannte Palant als jene Kreatur wieder, die ihnen auf dem zerstörten Wrack des Rage-Schiffes Cooper-Jordan den Androiden übergeben hatte. Er schien sie jedoch nicht zu erkennen, auch dann nicht, als Bestwick und Sprenkel den Androiden mithilfe eines Gravitationsfeldes nach draußen schoben.
Ein anderer Yautja war kleiner, aber stämmiger gebaut. Der Dritte war groß und schlank, schwer gepanzert, und hielt eine alte Puls-Rifle der Marines wie ein Spielzeug in seiner linken Hand. Alle drei trugen Helme, die von den Spuren früherer Kämpfe gezeichnet waren.
An ihren Gürteln und an Ketten trugen sie zudem Trophäen. Polierte Schädel, mumifizierte Hände, Zähne, Klauen und kaum zu identifizierende lederige Überreste.
Einer der Schädel gehörte einmal einem Menschen.
Halley und die anderen sahen Palant an, und sie spürte, wie der Erwartungsdruck auf ihr lastete. Ihre Gefährten verließen sich auf ihre Fähigkeit, mit den Yautja zu kommunizieren. Und auch die Yautja schienen darauf zu warten, dass sie zu ihnen sprach.
In ihrer linken Hand hielt sie das alte Daten-Pad, welches sie und McIlveen benutzt hatten, um ein Übersetzungsprogramm für die Sprache der Yautja zu entwickeln. Nun gehörte es ihr allein. Selbst nach allem, was er getan hatte, spürte sie das Loch, das McIlveen hinterließ.
»Stehen wir jetzt einfach nur dumm rum?«, fragte Bestwick.
Palant begann zu tippen. Sie benutzte einfache Worte und Ausdrücke, in der Hoffnung, dass die Übersetzung für die Yautja vor ihr Sinn ergeben würde.
»Wir sollten euch folgen«, übersetzte das Daten-Pad mit den typischen glucksenden und klackenden Lauten der Yautja-Sprache. »Was nun?«
Die drei Yautja bewegten sich ein wenig, neigten ihre Köpfe zur Seite. Der eine, den sie bereits auf der Cooper-Jordan getroffen haben, wandte sich halb um, dann sah er zu ihnen zurück.
»Ich schätze, er wartet darauf, dass wir ihm folgen«, sagte Palant.
Also folgten sie ihm. Die anderen beiden Yautja bildeten die Nachhut. Es fühlte sich seltsam an, die Pixie zurückzulassen. Das Schiff hatte sie viele Lichtjahre durch den Weltraum geflogen, und Palant hatte angefangen, sich an seine schützende Hülle um sie herum zu gewöhnen. Selbst der humorlose Schiffscomputer namens Billy hatte seinen Eindruck bei ihr hinterlassen.
Noch nie hatte sie sich so schutzlos gefühlt.
Sie folgten den Yautja durch Tunnelgänge, die in den soliden Felsen des Asteroiden gehauen worden waren. Lampen säumten die Gänge, die Wände und Böden waren grob, und es dauerte nicht lange, bis andere Tunnel nach links und rechts, oben und unten abzweigten.
»Bleibt ganz ruhig«, sagte Halley, die hinter Palant lief. »Sie haben uns unsere Waffen gelassen. Bis jetzt gibt es nichts zu befürchten.«
Palant war ganz ihrer Meinung. »Wir sind jetzt so weit gekommen, dass es an der Zeit ist, ihnen einfach Vertrauen zu schenken.«
Keiner der hinter ihr Laufenden antwortete, aber es widersprach auch niemand.
Sie betraten einen langen, gebogenen Tunnel, der tief in den Asteroiden hineinführte, und nach zehn Minuten blieb der vorausgehende Yautja in einer großen Halle stehen. Sie sah wie ein Kontrollzentrum aus, obwohl nur zwei Yautja anwesend waren. Beide drehten sich zu der eingetroffenen Gruppe um. Dann zogen es die Außerirdischen vor, sich untereinander zu unterhalten.
Während sie das taten, warf Palant einen Blick auf die Marines und das Ding zurück, dass sie zwischen sich voran schoben. Das Auge des Androiden zuckte unablässig hin und her, als würde er versuchen, alles in sich aufzunehmen, und sein Interesse bereitet Palant Unbe hagen . Seine Schäden waren enorm – als Mensch wäre er längst gestorben – aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass er noch immer für die Rage arbeitete.
Die Yautja wandten sich ihnen zu und deuteten auf ihr Daten-Pad. Palant schaltete es ein. Einer ergriff das Wort, und Palant sorgte dafür, dass die Audiofunktion eingeschaltet war, sodass auch der Rest der Crew die übersetzten Worte hören konnte.
»Ich werde euch in einen Raum bringen.« Die Stimme des Gerätes war tonlos, die Übersetzung aber perfekt. »Sagen Sie uns, welche Ausrüstung Sie brauchen, und wir werden sie Ihnen bringen.«
Ohne auf eine Antwort zu warten durchquerte er das Kontrollzentrum und betrat einen anderen Tunnel. Sie folgten ihm. Dieser Tunnel war nur kurz und endete an einer schweren Stahltür. Hinter der Tür befand sich ein Raum.
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