Tag 4: Beschreibungen Tag 4: Beschreibungen Nicht nur Schauplätze leben von starken Kontrasten. Beschreibungen allgemein profitieren ebenso davon, wie der Roman als Ganzes von starken Konflikten profitiert. Beschreibungen charakterisieren nicht nur das Beschriebene, sondern auch den, der es beschreibt. Machen Sie sich das zunutze, um ökonomisch zu erzählen: Eine Beschreibung, die auch Charakterisierung ist, erspart Ihnen eine Charakterisierung an anderer Stelle oder erlaubt Ihnen eine detailliertere Zeichnung des Charakters, ohne mehr Platz im Buch und Zeit Ihrer Leser zu verbrauchen. Picken Sie sich einige ausführliche Beschreibungen aus Ihrem Roman heraus, die Beschreibung eines Ortes, einer Person. Nähern Sie sich aus einem anderen Blickwinkel. Beschreiben Sie den Charakter mit Negationen: was er nicht hat, wie er nicht ist, wie er nicht aussieht und so weiter. Beschreiben Sie den Ort mit enttäuschten Erwartungen: Was hat sich der Erzähler unter diesem Ort vorgestellt und was ist anders? Beschreiben Sie eine Emotion, eine Stimmung, eine Atmosphäre ausschließlich über ihr Gegenteil: Wie fühlt es sich nicht an? Wie ist die Atmosphäre eben gerade nicht ? Wie reagiert der Beschreibende darauf? Ist er erleichtert, weil das Klima zwischen den Familienmitgliedern doch nicht so vergiftet ist, wie er befürchtete? Bricht eine Welt für die Beschreibende zusammen, weil sich der Kuss ihres Geliebten nicht warm anfühlt, nicht zärtlich, nicht leidenschaftlich? Manche Autoren fangen ihre Romane leider auch so an: Als wollten sie die Frage beantworten, wie man einen Roman eben nicht anfangen soll, wenn man seine Leser sofort hineinziehen will. Wie Sie Ihre Leser an den Haken kriegen, darüber morgen mehr.
Tag 5: Plot (1) Tag 5: Plot (1) Die meisten Romane von weniger erfahrenen Autoren verlieren ihre Leser auf der ersten Seite – genauer gesagt: ihre Leser in Agenturen und Lektoraten, die das Manuskript oder die Textprobe vom Anfang des Romans als Erste zu Gesicht bekommen. Das liegt entweder daran, dass zu wenig passiert. Oder das Falsche: etwas, das keinen Bezug zum Charakter herstellt. Ein Grund für beides: Dem Autor fehlt Vertrauen, Vertrauen in seine Fähigkeiten als Schreiber und Vertrauen in die Leser. Statt ein Rad beim Losrollen zu zeigen, glauben zu viele Autoren, ihren Lesern erst erklären zu müssen, was ein Rad ist und wie es funktioniert. Sicher, manche Geschichten brauchen einen langsameren Beginn. Aber das ist keine Entschuldigung dafür, dass Sie dem Leser auf den ersten Seiten nichts oder zu wenig von den Dingen geben, die ihn an einer Geschichte faszinieren, sei es ein besonderes Ereignis, sei es ein bemerkenswerter Charakter. Aber muss es immer eins davon sein? Nicht unbedingt. Dann und wann erliegen die Leser auch der Faszination eines einzigartigen Schauplatzes. Aber oft ist es einfacher, einen Charakter oder ein Ereignis faszinierend zu gestalten als ein Setting – vielleicht mit Ausnahme von Fantasy-Romanen und ihren neu erschaffenen Welten. Sehen Sie sich die Szene Ihres Romans an, in der es das erste Mal so richtig zur Sache geht: große Gefühle oder krachende Action, tiefe Verzweiflung und keine Chance auf Besserung. Klingt für mich wie eine gute erste Szene. Spielen Sie diese Möglichkeit durch. Ernsthaft und ohne die anderen Szenen zu verteidigen, die Sie dann streichen müssten. Wie würde sich der Roman dadurch verändern? Können Sie gestrichene, aber essenzielle Informationen nicht auch später in die Handlung einfließen lassen? Ihr Leser ist ein dicker Fisch. Nur mit einem der größeren Haken in Ihrer Anglerbox haben Sie Chancen, ihn in Ihren Roman zu ziehen. Dialoge kommen bei den Lesern mit am besten an. Wie Sie Ihren Roman mit gekonnten Dialogen besser machen, dazu morgen mehr.
Tag 6: Dialoge Tag 6: Dialoge Ein überzeugender Dialog zieht den Leser mitten in das Gespräch hinein. Er will sich darauf konzentrieren, was gesagt wird, will die verbalen Bälle hin und her fliegen sehen wie bei einem Tennismatch. Wenn er die Charaktere kennt, ihre Angewohnheiten, ihre Art zu sprechen, wenn er vor Augen hat, in welchem Umfeld sie die Unterhaltung führen, und wenn er verstanden hat, worum es in dem Dialog geht, braucht er nicht mehr die Einblendungen der Namen am unteren Bildschirmrand. Er weiß auch so, dass links Federer und rechts Nadal spielt. Wenn er richtig im Match drin ist, können Sie sogar auf die Einblendungen des Punktestands verzichten, den hat der Sportfan, der Leser längst verinnerlicht. Greifen Sie sich einen konfliktreichen, längeren Dialog aus Ihrem Manuskript heraus. Streichen Sie darin alle Sprecherzuordnungen (»sagte sie«, »erwiderte er«). Funktioniert der Dialog noch? Wieso nicht? Sprechen die Charaktere zu ähnlich? Sind ihre Ziele zu unklar? Stellen Sie um, überarbeiten Sie so lange, bis der Dialog auch ohne Sprecherzuordnungen funktioniert. Fügen Sie an den zwei oder drei kitzligsten Stellen kleinere, konkrete Handlungen ein (Beats), die erkennbar machen, wer spricht, und die darüber hinaus die Geschichte vorantreiben. Und vielleicht auch den Charakter vertiefen. Mehr über die richtige Besetzung der Rollen in Ihrem Roman lernen Sie morgen.
Tag 7: Charaktere (1) Tag 7: Charaktere (1) Stellen Sie sich vor, Sie sind der Direktor eines Musicals am Broadway. Und sie machen ein Casting für die zu vergebenden Rollen. Sie suchen nach mehr als oberflächlicher Tauglichkeit für die jeweilige Rolle. Sie wollen Schauspieler, die sich entwickeln, die Potenzial haben und die für Überraschungen gut sind. Sie haben während des Castings einige der Schauspieler zu schätzen gelernt, andere sind Ihnen zumindest sympathisch, ein paar kennen Sie persönlich oder aus anderen Stücken. So gern Sie manche Rollen drei- oder vierfach besetzen würden, Sie müssen sich für jeweils einen Darsteller als Erstbesetzung entscheiden. Das ist hart. Manch einer wird Sie für Ihre Entscheidung hassen. Aber was wäre die Alternative? Dass zwei Hamlets einen Dialog sprechen statt des berühmten Monologs? Dass die Liebesgeschichte nicht zwischen Romeo und Julia stattfindet, sondern zwischen Romeo und Julia und Annette und Mike? Es geht Ihnen nicht darum, einen Schauspieler zu finden, der Ihren Erwartungen entspricht. Das tun einige und in jedem Fall mehr, als Sie besetzen können. Sie wollen den Besten oder die Beste für jede der Rollen. Und Sie? Sie lieben die Charaktere Ihres Romans? Ach, Liebe wird überschätzt. Sie sind auch nicht der Anwalt Ihrer Charaktere. Sie sind ihr Strafgericht. Welche Figur in Ihrem Ensemble begeistert Sie nicht? Seien Sie ehrlich! Welche Figur löst weder starke Zu- noch starke Abneigung in Ihnen aus? Wer ist nicht so gut, dass er in seinem eigenen Roman der Held sein könnte? Schmeißen Sie die Figur raus. Sie soll sich in einem anderen Roman nach Arbeit umschauen. Falls sie Sie um eine zweite Chance anfleht, aber nur dann, geben Sie ihr eine. Doch dazu muss sie sich extrem wandeln. Oder eine Eigenschaft offenbaren, die Sie und Ihre Leser nie im Leben, wirklich nie, von ihr erwartet hätten. Hauptsache, sie entpuppt sich nicht als Literat. Warum Sie nicht wie ein Literat schreiben sollten, darüber morgen mehr.
Tag 8: Sprache Stephan Waldscheidt Schreibcamp Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
Tag 9: Überraschungen Stephan Waldscheidt Schreibcamp Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
Tag 10: Plot (2) Stephan Waldscheidt Schreibcamp Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
Tag 11: Form Stephan Waldscheidt Schreibcamp Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
Tag 12: Spannung Stephan Waldscheidt Schreibcamp Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
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