Francine F. Winter
Mehlsack und Champagnerküsse
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Inhaltsverzeichnis
Titel Francine F. Winter Mehlsack und Champagnerküsse Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
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Impressum neobooks
„Von der Schwarzwälder Kirschtorte nehme ich ein Stück.“
„Gerne.“ Elisa hob das Tortenstück auf ein kleines Papptablett. „Darf es sonst noch etwas sein?“
„Ach, ich würd ja gern, aber diese vielen Kalorien!“ Die Kundin betrachtete die verlockende Auslage im Kühltresen. „Ach, was soll´s, ein Stück Butterkuchen nehme ich auch noch. Ihr Kuchen ist wirklich der beste hier in der Gegend!“
„Vielen Dank!“ Elisa machte das Kuchenpaket fertig.
Nachdem die Kundin die Ladentür hinter sich geschlossen hatte, ging Elisa nach hinten in die enge Backstube und drehte das Radio lauter.
„Scha la la la la, lalala!“ Sie sang laut mit, klatschte einen Hefeteig auf die Arbeitsfläche und knetete ihn kräftig durch; teilte die Masse in drei Streifen und flocht daraus einen Zopf. Dann stellte sie das Teigstück beiseite, damit es noch ein wenig aufgehen konnte, und ging in den hinteren Teil der Backstube.
Jeder Naschkatze wäre beim Anblick des riesigen Marzipan-Blocks das Wasser im Mund zusammengelaufen, aber für Elisa war es einfach nur Arbeitsmaterial. Sie zählte die fertig aufgereihten Rosenblüten und Marzipanfiguren. Einige fehlten noch für die dreistöckige Torte, die für ein Jubiläum bestellt war.
Während sie das Marzipan knetete und formte, sang sie weiter vor sich hin. Heute war so ein guter Tag gewesen! Erstens war nach vielen grauen Regentagen endlich die Sonne wieder durch die Wolken gekommen und hatte die Hügel und Berge ringsum in strahlendes Licht getaucht, - und außerdem hatte sie einen richtig guten Umsatz gemacht. Fast der ganze Kuchen war ausverkauft und sie hatte eine fünfstöckige Hochzeitstorte ausgeliefert. Solche Aufträge waren super. Natürlich durfte man nicht zu genau die vielen Arbeitsstunden berechnen, die so eine aufwändige Hochzeitstorte brauchte. Dann hätten die Auftraggeber wohl dankend abgelehnt, wenn sie den Preis gehört hätten. Aber Elisa liebte es einfach, sich Motive für die Torten auszudenken und sie wunderschön zu dekorieren.
Das Telefon klingelte.
„Konditorei Burger.“
„Guten Abend, Frau Burger, Rittl hier.“
Elisas Lächeln löste sich auf. Herr Rittl war ein Angestellter ihrer Bank und sein Anruf hatte wahrscheinlich nichts Gutes zu bedeuten. „... Guten Abend“, sagte sie zögernd.
„Frau Burger, ihr Konto ist mit mehr als achttausend Euro im Minus. Das geht so nicht. Sie haben nun schon zum wiederholten Male den Dispo-Kredit, den wir Ihnen eingeräumt haben, überzogen.“
„Ja, Herr Rittl, das tut mir auch sehr leid. Wissen Sie, mein alter Backofen musste repariert werden. Die Ersatzteile waren schwer zu beschaffen und entsprechend teuer ist das Ganze geworden. Aber ...“, sie bemühte sich, ein Lächeln in ihre Stimme zu zaubern. „Sie können sich ja denken, dass ich auf meinen Backofen nicht verzichten kann.“
„Das verstehe ich durchaus, Frau Burger, aber Sie müssen auch uns verstehen. Es geht ja nicht, dass immer mehr Geld rausgeht als reinkommt. Sie schieben schon eine geraume Zeit ein Minus vor sich her, das immer größer wird.“
„Ach, Herr Rittl, Sie wissen doch, wie das ist. Jetzt im Sommer läuft das Geschäft halt ruhiger. Da gehen viele Leute lieber Eis essen. Und nun musste ich auch gerade meine Lieferanten bezahlen ...“
„Nun, die Lastschriften von Eier-Harms und von Ihrem Mehl-Händler haben wir abgewiesen“, erklärte Herr Rittl ungerührt.
„Was?!“ Elisa wurde blass. Es war so peinlich, dass die Lieferanten ihr Geld nicht bekamen.
„Ja, Frau Burger und vergessen Sie nicht, dass Ihre Kreditzinsen auch bald fällig sind.“
Elisas Magen zog sich unangenehm zusammen. Die Kredit-Zinsen waren allerdings fällig. Sie hatte es hinausgezögert, darüber nachzudenken. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, das alles zu bezahlen. Schließlich musste sie nicht nur die Zinsen, sondern auch den eigentlichen Kredit zurückzahlen.
Im letzten Jahr hatte sie eine neue Ladeneinrichtung anschaffen müssen. Es war alles sehr schön geworden, aber eben auch sehr teuer. Die kleine Konditorei warf einfach nicht so viel ab.
„Frau Burger, sind Sie noch da?“
„J ... ja“, sagte Elisa leise. „Herr Rittl, könnten Sie noch einmal ein Auge zudrücken? Ich verspreche Ihnen, ich werde mein Konto so schnell wie möglich ausgleichen.“
„Ach, Frau Burger, das haben Sie mir schon oft versprochen. Nur geändert hat sich nichts. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Sie müssen Ihre Schulden bezahlen, sonst ...“ Er ließ das Ende des Satzes bedeutungsschwer in der Luft hängen.
„Sonst?“, wiederholte Elisa zaghaft und biss sich auf die Lippen.
„Wir haben ja das Haus als Sicherheit ...“
Elisa schnappte nach Luft. „Das Haus! Nein, das geht doch nicht ... das ...“
Herr Rittl schnitt ihr das Wort ab. „Vielleicht kommen Sie morgen einmal bei mir in der Bank vorbei, dann können wir alles in Ruhe besprechen.“
Die Sonne stand noch immer recht hoch über dem Horizont, als Elisa die Konditorei zuschloss. Sie hatte ihre Arbeitskleidung gegen ein leichtes Sommerkleid getauscht und die langen blonden Locken durchgebürstet.
Der Himmel war strahlend blau, die Wiesen und Bäume leuchteten in sattem Grün, aber für Elisa sah es aus, als hätte sich ein grauer Schleier über alles gelegt.
Sie ging die vertrauten Wege aus dem Ort hinaus, durch den kleinen Wald, am Mühlbach entlang, der lustig plätscherte, aber sie hatte keinen Blick dafür. Die Worte des Bankers gingen ihr nicht aus dem Sinn. Die unausgesprochene Drohung, ihr das Haus wegzunehmen. Das Haus!
Elisa blieb atemlos stehen und strich sich geistesabwesend durch die Haare. Ihr Elternhaus! Ihre Eltern! Es würde sie umbringen! Und das, wo es Papa sowieso gerade so schlecht ging nach dem Schlaganfall!
Sie ging weiter, ohne nach links oder rechts zu schauen, lief einfach immer weiter, bis der Weg an der großen Schlucht endete. Da wo ihr Chalet stand. Es war nicht wirklich ihr Chalet, leider nicht. Es gehörte irgendwelchen reichen Leuten, die niemals herkamen, um es zu bewohnen. In der Gemeinde wusste man nicht viel über die Besitzer, was schon zu allerlei Gerüchten geführt hatte.
Elisa liebte diesen stillen Ort, die Schlucht, die steil unter ihr abfiel und das wunderschöne weiße Haus, das sich an den Berghang schmiegte. Sonnen-Chalet hatten sie und ihr Bruder Steffen es getauft. Früher hatten sie hier oft gespielt und einmal hatte Steffen sie überredet, über die Mauer zu klettern, die das Chalet umgab. Hinten in einer Ecke des parkähnlichen Gartens gab es eine Stelle, wo die Mauer etwas niedriger war und wo es Vorsprünge gab, auf denen kleine Kinderfüße Halt fanden. Sie waren hinübergesprungen, hatten sich neugierig durch den verwilderten Garten getastet, hatten versucht durch die Ritzen der Fensterläden zu spähen und hatten schließlich auf der großzügigen Terrasse gesessen und den Sonnenuntergang bewundert.
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