Konfus blickte der Jungschmied zu Silexa. Sie erkannte seine Verwirrung und übermittelte ihm des Königs begrüßende Worte.
„Im Königreich sprechen wir eine andere Sprache als in deinem Tal. Sie sind sich ähnlich, vieles daran ist aber anders. Du wirst sie bald lernen, genauso wie ich. Bis dahin werde ich dir helfen, dich verständlich zu machen.“
Der Jungschmied war erstaunt, verstand aber und nickte dazu.
Dann richtete Silexa einige Worte in Richtung des Königs in dessen Sprache. Auch er nickte und sprach zu ihr zurück. Vermutlich hat sie auch ihm die sprachliche Trennung erklärt, dachte er sich und beschloss nach dem Surraben zu fragen.
Wieder übersetzte ihm Silexa die Worte des Königs.
„Dir gebührt großer Dank. Deine Belohnung bin ich und du wirst des Königs Schutz in deiner Zeit bei uns genießen“, sagte sie. „Für den Surraben, dessen edle Substanz du dem König dargebracht hast, wirst du mit so viel Palastik belohnt, wie du es nie wirst ausgeben können.“
Der Jungschmied schloss daraus, dass der Surrabe tatsächlich tot war und keine Gefahr mehr darstellte.
Mit dem Ende von Silexas Übersetzung gab der König ein Zeichen.
Drei Dienerinnen traten hervor, nicht weniger schön und erhaben als Silexa es war. Sie stellten eine große Truhe vor die Füße des Jungschmieds, öffneten diese und hoben einige der bunten Stücke darin hervor.
Die Menge konnte sich vor Staunen kaum zurückhalten, so erlesen war deren Güte. Große Teller, Kannen und andere Genstände waren darunter. In allen Größen und Farben fanden sie sich in der Truhe, darunter sogar einige, durch die man hindurchblicken konnte.
Scheinbar Gebrauchsgegenstände waren es, stellte der Jungschmied fest, gemeinsam mit zahllosen kleinen Fragmenten, die kleinen Steinchen oder Scherben gleich die Truhe bis zum Rand oben befüllten.
Offenbar handelt es sich dabei um das ihm bislang unbekannte Palastik, schlussfolgerte er aus dem Anblick des vor ihm stehenden Schatzes.
In seiner Zeit mit Silexa erzählte sie ihm darüber, wie im Königreich Palastik als Währung und Schmuck hoch gehandelt wurde.
Zunächst verstand er nicht wirklich, was genau sie damit meinte. Im Tal war der Tauschhandel üblich und es war ihm nichts bekannt, das so so selten und wertvoll erschien, wie das eigene Talent und die Zeit für die Arbeit an sich.
So ganz konnte er kaum glauben, dass es etwas gibt, das noch wertvoller ist. An der Reaktion der anwesenden Menschen konnte der Jungschmied aber ablesen, wie wertvoll der Inhalt der Truhe sein musste.
Da fragte der König, ob er die Belohnung annehmen würde.
„Ja“, antwortete der Jungschmied spontan, was dieser auch ohne Silexa verstand.
Da klatschte der König zwei Mal fest in die Hände und die Menge begann mit dem rhythmischen Trommeln, das der Jungschmied bei seiner Ankunft schon hörte.
Erneut traten mehrere Dienerinnen hervor und entfachten ein Feuer im Raum. Dann sprach eine der Dienerinnen etwas in die große Runde, woraufhin mehrere der Zuschauer aufstanden und in die Mitte zum Feuer kamen. Menschen allen Alters waren darunter. Sie stellten sich in einen Kreis und sagten nacheinander etwas in der Sprache des Palastikreichs.
„Sie bitten um Gesundheit für ihr Kind, um Glück für die Ehe und um ein hohes Alter in guter Gesundheit“, übersetzte ihm Silexa.
Dann folgten weitere feierlich klingende Sätze durch eine der Dienerinnen, woraufhin das Trommeln an Lautstärke zunahm. Schließlich gab die Dienerin ein Kommando, auf das jeder im Kreis ein Stückchen Palastik in das Feuer gab, wo es zu brennen begann.
Der Jungschmied war fasziniert von der Szene und auch dem Geruch des Palastik, der neu für ihn war. Dann richtete sich die Runde an ihn. Silexa fragte, ob er ihnen die Ehre erweist und zu ihren Gunsten ebenfalls ein Stück Palastik in das ewige Feuer gibt.
„Ja, gerne“, und nahm sich das erste Stück aus der Truhe heraus.
Es war ein Teller, der den Jungschmied wählte, und der ihn sogleich faszinierte. Denn auch wenn er auf den ersten Blick so wirkte, so war er weder aus Ton gemacht und auch nicht aus einem Holz, das er kannte. Viel zu leicht war er dafür.
Eventuell gibt es hier nicht nur eine andere Sprache, sondern auch andere Bäume, dachte er sich dazu. Viel leichtere Bäume, Palastikbäume.
Er nahm den besagten Teller heraus und bekam von der Menge ein lautes Aufatmen als Reaktion. Etwas war falsch, wusste er da und bat mit einem Blick zu Silexa um Hilfe.
„Das ist ein sehr wertvolles Stück Palastik, musst du wissen“, erklärte sie ihm. „Wähle ein kleines und sie werden es dir ebenso danken.“
„Gerne“, sprach der Jungschmied zurück und nahm sich ein kleines Fragment, das sich nicht weniger leicht anfühlte.
Palastik ist wahrlich etwas besonderes, wusste er da, und gab die Scherbe zum Feuer hinzu.
Kapitel 7
Von alledem, was der Jungschmied fortan neu erleben durfte, war Palastik jenes, das für ihn am wunderlichsten war. Zu Silexas anfänglichen Erzählungen darüber, die er abstrakt kaum verstand, kam schnell die praktische Erfahrung damit.
Nein, es war kein Baum, das Palastik hervorbringen konnte. Auch die Erde ist es nicht, aus dem es kam, oder ein Strauch, der das Palastik ausblühte.
„Es war immer schon da“, erklärte ihm Silexa geduldig immer wieder so lange, bis er akzeptierte, dass dem so war.
„Das macht es so wertvoll“, erklärte sie dann, „gibt es doch nur endliche Mengen, die im Wert stetig steigen. Auch der Tausch läuft ganz einfach damit, ist es doch teilbar und leicht. Jedem dient es, das fanden des Königs Vorfahren heraus, die den Schatz seitdem beschützen und das Recht darüber sprechen.“
„Aber warum verbrennt ihr es dann“, wollte der Jungschmied wissen.
Auch auf diese Frage wusste Silexa eine Antwort zu geben: „Wenn ein Fragment aus Palastik im Feuer verbrennt, dann steigt der Wert des übrigen Palastiks an.“
“Wer also um seine Gesundheit bittet und ein Stückchen verbrennt, der wird sich schließlich mehr Pflege in der Lage zu leisten sein, auch wenn er zunächst ein Stückchen Palastik verliert. Auch dem Glück in der Ehe wird es zwar kaum förderlich sein. Doch es lässt den Wohlstand indirekt steigen, was den Menschen Zufriedenheit bringt.“
Für den Jungschmied kam es einer Offenbarung gleich. Nie hatte er an so etwas gedacht, gab es im gesamten Tal kein Palastik oder etwas ähnliches, das dessen Funktion hätte einnehmen können.
Dank des Palastiks und seiner rituellen Verbrennung war das Königreich ein guter Ort für die Menschen. Sie waren wohlgenährt und besaßen große Häuser.
Trotz der Unterschiede zum Leben im Tal war vieles auch gleich. So betrieben sie Gewerbe und Handwerk und weiter abseits standen die Höfe, wo die Bauern gerade in mühseliger Arbeit ihre Ernte einfuhren.
Der Jungschmied erkannte, dass auch die Menschen im Königreich seine Maschine gut gebrauchen könnten und beschloss, diese ein weiteres Mal zu bauen.
„Kannst du mir vielleicht die Eisenadern im Königreich zeigen“, fragte er Silexa.
„Das gibt es hier nicht“, antwortete sie.
„Wir haben Palastik als das höchste all unserer Güter. Stein, Holz, Flachs und Faden sind jenes, das wir zum arbeiten gebrauchen. Eisen gibt es nicht und wird nicht gekannt.“
Der Jungschmied zeigte sich erstaunt darüber, führten die Eisenadern doch direkt aus der Höhle heraus.
Möglicherweise heißt das Eisen hier einfach nur anders, dachte er sich dann, und fragte Silexa ein weiteres Mal. Doch erneut verneinte sie, dass es das im Königreich gibt.
„Ohne Eisen werde ich meiner Arbeit als Schmied hier kaum nachgehen können“, kam es enttäuscht aus ihm heraus.
Silexa beruhigte ihn: „Der König hat dich zu einem sehr wohlhabenden Mann gemacht. Du wirst dir im Königreich kaufen können, was dir beliebt.“
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