Kathrin Noreikat - Das Kombiticket

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An einem verregneten Sonntag kauft Tante Ruth ein Kombiticket für das paläontologische Museum und Planetarium. Ihr neunjähriger Neffe Conrad und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Theodor sind begeistert. Sie interessieren sich nämlich sehr für Dinosaurier und das Weltall.
Kaum hat die Vorführung «Gibt es Leben im All?» begonnen, klagen die Kinder über Durst. Auf der Suche nach dem Getränkestand öffnen sie eine Tür. Plötzlich befinden sie sich an einem anderen Ort. Sie sind auch keine Kinder mehr, sondern Erwachsene, die marineblaue Uniformen tragen. Nach und nach erfahren Conrad und Theodor, dass sie sich auf dem Raumschiff Invictus befinden und Teil einer internationalen Crew sind. Ihre Reise führt sie zu dem erdähnlichen Planeten namens Kepler-186f.
Mit an Bord sind 3.000 Kolonisten, die in Hyperschlafkammern, liegen sowie Fahrzeuge und Baumaterial für die Besiedelung des Exoplaneten.
Werden Conrad und Theodor einen Rückweg auf die Erde und zurück ins Planetarium finden?
Oder werden sie für immer auf dieser neuen Super-Erde leben müssen?

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Es gab keine Knöpfe in dem Lift, sondern nur eine Auflistung der Decks und einzelne Schlagwörter wie Kino, Krankenstation oder Frachtraum 1 bis 40.

Conrad entschied spontan und sagte laut: “Deck 7”.

Wenige Sekunden später erklärte die Stimme: “Deck 7. Türe öffnet sich.”

Die Brüder machten ein paar Schritte hinaus auf den Korridor. Er sah nicht wesentlich anders aus als der von Deck 9, von dem sie gerade kamen. “Fitnessraum” war an der Wand mit einem Pfeil nach links zu lesen.

Theodor und Conrad fuhren noch mehrmals mit dem Fahrstuhl hinauf und wieder hinab. Sie waren immer auf der Suche nach einer spannenden Entdeckung. Es begegneten ihnen weder Menschen noch weitere Roboter. Das Raumschiff wirkte wie ausgestorben. Auf den unterschiedlichen Decks versuchten die Brüder die Kabinentüren zu öffnen, allerdings verweigerte ihnen der jeweilige Bewegungsmelder den Zutritt. Das Vorhaben, später zurück zum Planetarium zu gelangen, bestand weiterhin, trotz der Begeisterung auf einem Raumschiff zu sein.

Wie viel Zeit mit dem Erkunden vergangen war, konnten die Brüder nicht sagen. Theodor war müde geworden. Er hatte keine Lust mehr und wollte nach Hause. Wenig später stellte er resigniert fest: “Wo ist die Tür? Wir sind in einem Labyrinth gefangen. Wir werden nie wieder rauskommen.”

“Ach, Quatsch!” Conrad legte seinen Arm um die Schulter seines Bruders.

“Natürlich werden wir einen Weg zurück zum Planetarium finden.”

Eine kleine Träne tropfte aus Theodors linkem Auge. Conrad nahm ihn in den Arm. So verharrten die Brüder eine Weile, bis sie erschrocken zusammenzuckten. Eine weibliche Computerstimme hallte durch das Raumschiff: ”Alle Crewmitglieder sofort in Raum A14-011.”

Conrad und Theodor lösten sich aus ihrer Umarmung, blickten sich fragend an. Theodor hob die Augenbrauen. “Crewmitglieder? Sind wir damit gemeint?”

Sein Bruder zuckte mit den Schultern, entschied spontan: “Wir gehen dorthin, Theo. Wenn es eine Crew gibt, gibt es auch einen Captain und der kann uns sicher den Weg zurück zum Planetarium zeigen.”

Lächelnd nickte Theodor.

Kapitel

Die Brüder fanden den Raum A14-011 dank der Wandbeschriftung auf dem obersten Deck.

Es war ein Besprechungsraum. In der Mitte stand ein großer ovaler Tisch. Um ihn herum saßen bereits sechs Personen. Der Mann am Kopfende des Tisches donnerte: “Sehr schön, da kommen die Jakoby Brüder. Lieber spät als nie!”

Woher er ihren Nachnamen kannte, konnten sich Theodor und Conrad nicht erklären. Sie murmelten ein “Hallo!” und setzten sich unverzüglich auf die noch zwei freien Plätze. Neugierig blickte Conrad in die aus Männern und Frauen bestehende Runde. Jeder trug die gleiche marineblaue Uniform wie er und sein Bruder. Sein Blick wanderte zur Zimmerdecke. Dort war eine Glaskuppel, allerdings drang kein Sonnenlicht hinein. Trotzdem war der Raum durch unzählige LED-Lampen hell erleuchtet.

“Jetzt, da wir vollzählig sind, können wir endlich anfangen”, ließ der Mann am Kopfende alle unüberhörbar wissen.

Der Mann war Ende 40 und war wie eine Naturgewalt. Er trug einen Schnauzbart und hatte dunkelblondes Haar, das leicht gewellt war. Mit lauter und tiefer Stimme begann er: “Willkommen auf der Invictus! Ich bin Baldur Óscar Albertsson, Captain und Steuermann. Normalerweise steuere ich das Raumschiff, doch momentan übernimmt dies der Autopilot bzw. der Bordcomputer.

Die neu gegründete internationale Weltraumbehörde Universo hat mich zu einem Teil dieser bedeutenden Mission gemacht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar und ich bin stolz, Teil dieser Crew zu sein. Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit!”

Er schaute in die Runde und erntete Zustimmung. Danach fuhr er fort: “Obligatorisch muss ich auf die Hausordnung hinweisen, die ihr auf euren Computern in den Kabinen abrufen könnt. Alkohol, Drogen und der Konsum von Tabak sind strengstens verboten. Jegliche Art von Glücksspiel mit oder ohne Geldeinsatz ist nicht erlaubt, offenes Feuer wie Kerzen anzünden ist in den Kabinen oder in sonstigen Räumen ebenfalls verboten. Liebesbeziehungen auf dem Raumschiff innerhalb der Crew oder mit Kolonisten ist nicht gestattet. Später auf dem Exoplaneten soll jeder sein Glück suchen.”

Der Captain hielt kurz inne. “Jetzt schlage ich vor, dass wir uns kurz gegenseitig vorstellen. Wir haben uns zwar vor der Abreise, die bereits eine ganze Weile her ist, kennengelernt. Trotzdem kann es nicht schaden. Außerdem sollten wir uns duzen, denn das ist bei uns Isländern so üblich.”

Es sollte wohl so ein Art Freundschaftsangebot von ihm sein und obwohl sich Albertssons Mund zu einem Lächeln verzog, blieben seine hellblauen Augen kalt. Einstimmiges Gemurmel der Crew.

“Sehr schön”, fuhr er fort. “Wie gesagt, mein Name ist Baldur Óscar Albertsson. Ursprünglich komme ich aus Akureyri. Das ist eine Stadt im Norden Islands. Wir sind auf der Invictus. Unsere Mission heißt Novum und wird uns uns zu Kepler-186f führen.”

Conrad spitzte die Ohren. Er erinnerte sich an das Buch “Das unendliche Weltall”, welches er kürzlich zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Aus diesem Buch wusste er, dass Johannes Kepler ein deutscher Astronom, Physiker, Mathematiker und Naturphilosoph gewesen war. Nach ihm war ein Weltraumteleskop benannt worden. Dieses hatte zahlreiche erdähnliche Planeten entdeckt.

Conrad widersprach dem Captain: “Soweit ich weiß, ist Kepler-186f unbewohnbar. Die Wissenschaft ist sich nicht sicher, ob er überhaupt eine Atmosphäre hat.”

Irritiert unterbrochen worden zu sein, starrte Albertsson ihn unfreundlich an und dröhnte: “Bitte? Was redest du da für einen Blödsinn! Du hast wohl zu lange in der Hyperschlafkammer gelegen. Natürlich hat dieser Exoplanet eine Atmosphäre, sonst würden wir erst gar nicht auf dieser Mission sein.”

Conrad schluckte schwer und beschloss, nach dieser Rüge vorerst seinen Mund zu halten. Captain Albertsson erhob sich von seinem Stuhl. Jetzt konnte man gut erkennen, wie groß er war, fast zwei Meter. Seine Hände waren Pranken und mit seinem fleischigen rechten Zeigefinger berührte er die Tischplatte, die sich als Touchscreen betätigen ließ.

Auf der Tischplatte erschien eine Darstellung des Weltalls mit seinen Planeten und Sternen.

“Wie cool ist das denn”, jubelte Theodor und erntete, wie sein Bruder, einen vernichtenden Blick vom Captain.

Albertsson erklärte: “Wir sind gestern von Adana geweckt worden. Die anderen sind noch im Hyperschlaf und werden zu einem späteren Zeitpunkt unter der Aufsicht unserer Bordärztin geweckt.”

Er zeigte auf einen rot blinkenden Punkt in der Tischmitte. “Wir befinden uns momentan hier und dort ist unser Ziel.”

Der Captain beugte sich etwas über den Tisch und wies auf einen blauen Punkt, der den Exoplaneten Kepler-186f abbildete.

“Gemeinsam werden wir die Landevorbereitungen treffen, damit diese erfolgreich sein wird. Wir müssen dafür eng zusammenarbeiten, daher erwarte ich von jedem Einzelnen Professionalität, Pünktlichkeit und eine korrekte Arbeitsweise. Wir müssen uns aufeinander verlassen können, ansonsten wird diese Mission kläglich scheitern. Was das bedeutet, muss ich euch nicht sagen.”

Die Gesichter der Crew waren ernst, sie nickten.

Der Isländer nahm wieder Platz. “Wenn du dich bitte vorstellen würdest”, bat er den Mann links von ihm. “Anschließend geht die Vorstellungsrunde im Uhrzeigersinn herum.”

“Ich bin Victor Alexej Lasarow und Astrophysiker”, begann der Mann. “Ich komme aus Russland, aus dem schönen St. Petersburg.”

Der Russe mit seinem Dreitagebart sah eher wie ein Model aus einem Werbespot für Zahnpasta oder Shampoo aus als wie ein Wissenschaftler. Sein schwarzes Haar war seitlich kürzer geschnitten als in der Mitte, wo es etwas länger und leicht wuschelig war. Die gerade Nase und die dunklen Augen verliehen ihm etwas Unnahbares.

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