Der dritte Teil des Evangeliums – Jesus, unser Vorläufer
Das Allerheiligste war der Ort, wo die Herrlichkeit Gottes in der Stiftshütte wohnte. Wie das neue Jerusalem (das die Gemeinde symbolisiert), war auch dieses ein exakter Würfel: „Die Länge und die Breite und die Höhe der Stadt sind gleich“ (Offenbarung 21,16).
Keiner Person – nicht einmal einem Priester – war es erlaubt, in das Allerheiligste zu gehen. Sogar der Hohepriester konnte nur einmal im Jahr hineingehen, um die Sünden des Volkes zu sühnen. Dies hob die Tatsache hervor, dass der Weg in die unmittelbare Gegenwart Gottes nach wie vor für keinen Menschen offen war (Hebräer 9,8).
Wir lernen daraus, dass sogar die besten alttestamentlichen Heiligen im Hinblick auf ihre geistliche Erfahrung nicht weiter als bis ins Heilige gehen konnten.
Johannes der Täufer war die größte von einer Frau geborene Person bis zur Geburt Jesu. Er war größer als Maria, wie Jesus in Matthäus 11,11 sagte. Doch Jesus fuhr mit den Worten fort, dass der Geringste, der ins Reich Gottes eingeht, größer als selbst Johannes der Täufer sein würde. Warum?
Alttestamentliche Heilige konnten von Gott eine Anzahl von Segnungen empfangen. Sie konnten Vergebung der Sünden empfangen (wie sie David empfing – siehe Psalm 103,3) und durch den Glauben gerechtfertigt werden (wie Abraham – siehe 1. Mose 15,6; Römer 4,2-3). Sie konnten auch zu einer äußerlichen Gerechtigkeit des Lebens kommen (wie Zacharias und Elisabeth – Lukas 1,6) und mit dem Geist für den Dienst gesalbt werden (wie Gideon und Elisa – Richter 6,34; 2. Korinther 2,9-15).
Mit anderen Worten, sie konnten in den Vorhof und sogar in das Heilige kommen. Aber als sie zum Vorhang kamen, der das Allerheiligste abtrennte, konnten sie nicht weitergehen. Sie konnten nicht an Gottes Natur teilhaben.
Unter dem neuen Bund wurde für uns jedoch der Weg geöffnet, direkt durch den Vorhang hindurch in das Allerheiligste zu gehen. Wir lesen in Hebräer 10,19-20 dass wir nun „durch das Blut Jesu die Freiheit haben zum Eintritt in das Heiligtum [Allerheiligste], den er uns aufgetan hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang, das ist: durch das Opfer seines Leibes“.
Der Tempel in Jerusalem (der nach dem Muster der Stiftshütte gebaut wurde) hatte ebenfalls einen Vorhang zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten. Dieser wurde von oben bis unten zerrissen, als Jesus am Kreuz von Golgatha starb (Matthäus 27,50-51). Dies kennzeichnete ein vollendetes Werk, das Jesus in seinem Fleisch vollbracht hat.
Das Geheimnis eines gottesfürchtigen Lebens (so wird uns in 1. Timotheus 3,16 gesagt) liegt in der Erkenntnis, dass Jesus in das Fleisch kam und seinen Geist rein und unbefleckt hielt. Auf diese Weise wurde für uns der Weg zum Eintritt in das Allerheiligste geöffnet.
Der Eigenwille des Menschen ist der dicke „Vorhang“ , der die Gegenwart Gottes vor ihm versperrt. Jesus verleugnete während seines irdischen Lebens die ganze Zeit seinen eigenen Willen. Auf diese Weise hielt er seinen Geist rein. Auch wir können in derselben Weise wandeln, wenn wir „das Fleisch (den eigenen Willen) samt seinen Leidenschaften und Begierden kreuzigen“ (Galater 5,24). Wir können dann allezeit im Allerheiligsten wohnen, so wie es Jesus tat.
Als der Apostel den Hebräern schrieb und Milch und feste Speise verglich (Hebräer 5,13-14), sagte er ihnen, dass die Wahrheit („feste Speise“) „schwer zu erklären“ war (Vers 11). Diese Wahrheit bezog sich auf Christus in den Tagen seines Fleisches (wie der Kontext in Hebräer 5,7-10 deutlich zeigt), als er mit lautem Schreien und Tränen betete, litt, gehorchte und vollkommen gemacht wurde.
Genauso wie es für viele Gläubige im ersten Jahrhundert schwer war, diese Wahrheit anzunehmen, ist es auch heute für die meisten Christen schwer, sie anzunehmen. Der Grund ist derselbe – weil sie „harthörig“ geworden sind (Hebräer 5,11). Sie sind harthörig geworden, weil sie mit ihrem minderwertigen, besiegten Zustand zufrieden sind.
Aber Gott schenkt jenen Menschen Offenbarung, die nach einem rechtschaffenen Leben hungern und dürsten. Das Geheimnis des Herrn wird in die Ohren derer geflüstert, die ihn fürchten (Psalm 25,14). Daher finden sie das Geheimnis der Vollkommenheit.
Im Allerheiligsten können wir die Erfüllung der von Gottes Gesetz geforderten Gerechtigkeit haben (Römer 8,3-4). Wir können an der göttlichen Natur teilhaben. Gott ist Liebe und die gerechte Forderung des Gesetzes kann in einem Wort zusammengefasst werden: LIEBE – d.h. dass wir den Herrn von ganzem Herzen lieben und unseren Nächsten lieben wie uns selbst.
„ Frömmigkeit“ [Gottseligkeit] oder Teilhaber der göttlichen Natur der LIEBE zu werden war für Menschen unter dem alten Bund unmöglich, weil damals der Heilige Geist nicht in den Herzen der Menschen wohnen konnte. Aber das ist jetzt möglich. Das ist die kostbare Perle, für die wir alle anderen Perlen aufgeben müssen, um sie zu besitzen.
Gott ist Liebe und „wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1. Johannes 4,16). Wer nicht in der Liebe lebt, kann nicht in Gottes Gegenwart leben. Die Bibel sagt, dass „Liebe so stark wie der Tod ist“ (Hohelied 8,6). Das bedeutet, dass, so wie der Tod niemanden verschont, sondern über alle Menschen kommt, so kommt auch Gottes Liebe über alle Menschen. Im neuen Bund könnten wir sagen, dass dort, wo der Tod von Jesus besiegt worden ist, „die göttliche Liebe stärker als der Tod ist“. Die Liebe Gottes, die durch Jesus manifestiert wurde, konnte durch all den Hass, die Bosheit und Bitterkeit (geistlicher Tod), die Jesus während seines irdischen Lebens entgegengeschleudert wurden, nicht überwunden werden. Das Licht der Liebe Gottes schien in der Finsternis und die Finsternis konnte es nicht bezwingen.
Nur wenn unser Eigenwille durch die Kraft des Heiligen Geistes gekreuzigt wird, können wir im Allerheiligsten wohnen und alle Menschen mit göttlicher Liebe lieben.
Bei den meisten Gläubigen (sogar bei vielen, die Heiligkeit predigen) ist ihre Liebe auf Personen in ihrer eigenen Gruppe beschränkt. Sie mögen niemals schlecht über jemanden in ihrer eigenen Gruppe reden, aber sie fühlen sich ziemlich frei , schlecht über andere Gläubige zu reden und Schlechtes über sie zu hören . Prüfe dich selbst, lieber Leser, und sieh, ob dies nicht auf dein eigenes Leben zutrifft. Solche „Liebe“ ist eine menschliche, keine göttliche Liebe. Wenn Gläubige mit einer solchen exklusiven „Ghetto-Mentalität“ zufrieden sind, kommen sie niemals weiter.
Jesus kam, um uns sowohl gut als auch liebevoll wie den Vater zu machen, der seine Sonne über alle Menschen aufgehen lässt – ohne Rücksicht darauf, wie ihre Einstellung zu ihm ist.
Jesus wurde in allem versucht wie wir (Hebräer 4,15). Mit anderen Worten, er wurde auf vielerlei Weise versucht, seinen eigenen Willen zu tun und sich selbst zu gefallen. Während der 33 ½ Jahre auf Erden nahm Gott seinen Sohn durch die ganze Bandbreite von Versuchungen, die menschenmöglich sind. Und Jesus hat jede einzelne von ihnen triumphierend bestanden. Kein einziges Mal gab er seinem Eigenwillen nach. Daher sündigte er kein einziges Mal in Gedanken, Worten, Taten, Einstellungen und Motiven. Der Eigenwille wird nur dann zur Sünde, wenn man ihm nachgibt.
Das ist die „Erziehung“, die Jesus während seines irdischen Lebens durchmachte: Er lernte Gehorsam, wenn Gehorsam Leiden bedeutete (Hebräer 5,8). Und das Leiden, auf das hier Bezug genommen wird, ist das Leiden, das aus der Verleugnung des eigenen Willens herrührte.
Das Gegenteil von Leiden ist Vergnügen. Es gibt zwei Optionen, die wir jedes Mal, wenn wir versucht werden, haben – entweder wir erfreuen uns an dem Vergnügen, das zu tun, was uns gefällt oder wir leiden , indem wir unseren Eigenwillen in den Tod geben. Jesus entschied sich, ständig zu leiden. „Er hatte nie an sich selbst Gefallen“ (Römer 15,3).
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